Tag­bau­tun­nel ge­gen den Lärm

Die A1 soll zwischen dem Autobahnkreuz Aubrugg und dem Schöneichtunnel umhüllt werden. Für die Autofahrer entsteht ein Tunnelbauwerk, für die Quartierbewohner ein Grün- und Freiraum auf dessen Dach.

Data di pubblicazione
04-06-2015
Revision
02-11-2015

Der Streckenabschnitt zwischen dem Autobahnkreuz Aubrugg und dem Schöneichtunnel zählt zu den meistbefahrenen Verkehrsachsen in Zürich. Mehr als 110 000 Fahrzeuge benutzen die A1 in diesem Bereich täglich. Sie gilt als die wichtigste nördliche Einfahrachse in der Agglomeration Zürich. Lärm- und Feinstaubbelastungen liegen hier regelmässig über den zulässigen Grenzwerten, teilweise über den Alarmwerten. 

1980 wurde erstmals in Lärmschutzmassnahmen wie Schallschutzglas und Schutzmauern investiert, doch der Lärmpegel sank nur punktuell. Als Eigen­tümer ist das Bundesamt für Strassen (Astra) jedoch gemäss Umweltschutzgesetz und der seit 1987 geltenden Lärmschutzverordnung verpflichtet, Stras­senabschnitte zu sanieren, die übermässigen Lärm verursachen. Seit einigen Jahren verfolgen der Bund, der Kanton und die Stadt Zürich deshalb die Idee, die Nationalstrasse mit einem Tagbautunnel zu umschliessen. Die Geneh­migung des Projekts durch das Eidgenössische Departement für Umwelt, Verkehr, Energie und Kommunika­tion (Uvek) steht bevor. 

Die Lage der Autobahn bleibt im Wesentlichen bestehen, die Fahrspuren werden weiterhin richtungsgetrennt geführt. Die Einhausung schliesst in Richtung Stadtzentrum direkt an den bestehenden Schöneichtunnel an. Gemäss den Richtlinien des Bundes ist diese Kombination als zusammenhängende Tunnelanlage zu betrachten. Dadurch wird der Schöneichtunnel erheblich länger und muss lüftungs- und sicherheitstechnisch besser ausgerüstet werden. Zudem werden die Rasterdecke Waldgarten geschlossen und beim Westportal Tierspital ein neues Lüftungsbauwerk mit Abluftkamin erstellt.

Die Einhausung und das Lüftungsbauwerk sollen die Luftqualität auf der Strecke zwischen den Portalen Aubrugg und Tierspital verbessern. Auf der Überdeckung entsteht ein Hochpark. Durch Treppen, Lifte, Rampen sowie die Auf­weitung und Neugestaltung der Unterführung ­Saat­lenstrasse soll die innere Verbindung des von der Natio­nalstrasse durchschnittenen Wohnquartiers gestärkt werden.

Statt Lärmschutzwand 

Bis sich die Idee der Einhausung etablierte, hat es 20 Jahre gedauert. Noch 1995 entschied sich der Kanton für eine konventionelle Sanierung.1 Vorgesehen waren 3 m hohe Lärmschutzwände, eine Geschwindigkeitsreduktion und Fenstersanierungen. 1999 kam die kantonale Volksinitative «Einhausung der Autobahn Schwamendingen» zustande. Der Regierungsrat lehnte den Vorschlag der Bevölkerung ab und legte dem Kantonsrat am 9. Juli 2001 eine Motion mit einem möglichen Finanzierungsschlüssel zwischen Bund, Kanton und Stadt vor.

Um die städtebauliche Einordnung eines ­weitergehenden Lärmschutzes (z. B. bezüglich Materia­lisierung und Kon­struktion) beurteilen zu können, ­prüften die Architekturbüros Hotz, Diener & Diener und agps.architecture, unterstützt von weiteren Fachleuten, im Rahmen eines Studienauftrags 2003/2004 drei ­Varianten: eine Einhausung, eine Brücke und einen Tunnel. Ein Tunnel wurde aus finanziellen und technischen Gründen nicht weiterverfolgt, die beiden ande­ren Varianten vertieft. Schliesslich gaben finanzielle und städtebauliche Überlegungen den Ausschlag dafür, aufgrund des Vorschlags von agps.architecture eine Einhausung zur Kreditvorlage auszuarbeiten. Sie wurde am 24. September 2006 vom Stimmvolk angenommen. 

Zunächst war eine mit Erdreich überdeckte ­Betoneinhausung mit einem Park auf dem Dach und begrünten Böschungen angedacht. Im aktuellen Projekt sind die Böschungen aus Platzgründen und wegen der mangelnden Tragfähigkeit des Untergrunds nicht enthalten: Aufgrund der bestehenden Querstrassen hätte man die Hügelzüge immer wieder unterbrechen und viele Gebäude entlang der Autobahn rückbauen müssen. Zudem hätten Anschüttungen dieser Dimension zu grossräumigen Setzungen geführt. Stattdessen sind nun sieben Meter hohe Betonwände vorgesehen. 

Die Einhausung soll das Quartier sowohl von Abgasen als auch von Lärm entlasten. Die Messungen auf der Überlandstrasse zeigen heute eine Lärmbelastung von 72 dB(A).2 Das Astra schätzt, dass der verbleibende Grundlärm nach dem Bau der Einhausung bei 42 dB(A) liegen wird. Das Lärmproblem ist damit zwar weitgehend gelöst, es stellt sich aber die Frage, wie das neue Bauwerk städtebaulich sinnvoll ins Quartier eingebunden werden kann.

Innen Tunnel, oben Park

Die Einhausung und ihre Sicherheitsinfrastruktur werden vom Astra unterhalten. Sie wird innen behandelt wie ein Tunnel, d. h., die Anforderungen an Lüftung, Entrauchung oder Signalisation unterscheiden sich nicht von anderen Nationalstrassentunnels. Da sich der Baugrund als setzungsempfindlich herausgestellt hat, wurde als Fundament eine aufgelöste Pfahlwand gewählt.

Im Bereich des unter der Autobahn verlaufenden Tramtunnels bis zur Station Schörlistrasse wird die Decke des Tagbautunnels mit Fertigteilträgern ausgebildet, der Bereich von der Tramstation Schörlistrasse bis zum Portal Aubrugg mit einer Ortbetondecke. Grös­se und Komplexität des Projekts bedingen eine aufwendige Logistik. Der Bedarf an Installations-, Bewegungs-, Logistik- und Rettungsflächen mitten im Wohnquartier ist zeitlich und örtlich gross. Zahlreiche freie Flächen im Quartier werden temporär genutzt.

Die Bauarbeiten sind so projektiert, dass die Autobahn unter Wahrung der Verkehrs- und Arbeitssicherheit vierspurig befahrbar bleibt. Auch der Tramtunnel mit seinen Stationen und Zugängen bleibt immer in Betrieb. Umleitungen über die Quartierstrassen sind nicht vorgesehen. Für bestimmte Arbeiten wird die Autobahn nachts gesperrt. Hierfür wurden im Zusammenarbeit mit der Dienst­abteilung Verkehr der Polizei grossräumige Umleitungskonzepte entwickelt. Zudem orientiert das Astra die Auto­fahrer mit einer begleitenden Informationskam­pagne frühzeitig über Alternativen.

Anmerkungen

  1. Vor der Neugestaltung des Finanzausgleichs und der Aufgabenteilung zwischen Bund und Kantonen (NFA) waren für die Nationalstrassen noch die Kantone verantwortlich.
  2. Das Gebiet entlang der Autobahn ist punkto Lärm­empfindichkeit vor allem in die Empfindlichkeits­stufen ES II und vereinzelt ES III klassiert. In diesen gelten tagsüber ein Immissionsgrenzwert (IGW) von 60 bzw. 65 dB(A) und ein Alarmwert (AW) von 70 dB(A).

Daten und Fakten

 

Länge der Einhausung (Neubauteil)
940 m


Länge des Gesamtprojekts «N01/40 Einhausung Schwamen­dingen + Lüftung Schöneichtunnel
1.7 km Höhe des Bauwerks: 7 m


Breite des Bauwerks
30 m Geschätzte Kosten (+/– 10 %)


Gesamtprojekt
551 Mio. Fr.


Einhausung
298 Mio. Fr.


Die Einhausung unterliegt der Kostenteilung zwischen Astra (56 %), Kanton Zürich (24.6 %) und Stadt Zürich (19.4 %).

Projektbeteiligte
 

Bauherrschaft
Astra, Kanton Zürich, Stadt Zürich


Bauherrenunterstützung
Ernst Basler + Partner, Zürich


Projektverfasser
INGE K12plus: Locher Ingenieure AG, Zürich, Emch + Berger, Zürich, Bänziger Partner, Buchs


Betriebssicherheitsausrüstung
Pöyry Infra, Zürich


Lüftungsplanung
HBI Haerter, Zürich


Verkehrstechnik
Erb + Partner, Winterthur


Architektur
agps.architecture, Zürich


Landschaftsarchitektur
Rotzler Krebs Partner, Winterthur


Mehr zum Thema in TEC21 23/2015

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