­Ein Kli­ma-Stres­ste­st für die Im­mo­bi­lie­n­wir­ts­chaft

Swissbau-Event «Klima und Energie: Strategien für Investoren»

Die Energiewende trifft auf das grosse Geld. Der Bund adressiert seine jüngsten CO2-Sparappelle an die Immobilien- und Finanzbranche. 

Data di pubblicazione
22-01-2020

Pensionskassen, Versicherungen und Banken besiedeln die Schweiz; in ihren Anlageportfolios lagern über 40% des inländischen Immobilienbestands. Und weil auch diese spätestens in 30 Jahren klimaneutral betrieben werden müssen, macht Daniel Büchel, Vizedirektor beim Bundesamt für Energie (BFE), institutionelle Investoren auf nötige Anpassungen aufmerksam: «Es kann nicht bleiben, wie es ist, wenn wir den Klimaschutz verbessern wollen.» So begrüsste der BFE-Vertreter das Publikum am Swissbau-Workshop «Klima und Energie: Strategien für Investoren». Zugleich wolle er die Branche auf unsichere Zeiten vorbereiten. Selbst die Politik erkenne den CO2-Absenkpfad erst in groben Zügen. Umso mehr hofft der Leiter des Programms «EnergieSchweiz» auf eine partnerschaftliche Zusammenarbeit zwischen Verwaltung und Privatwirtschaft.

Wo der gemeinsame Weg hinführen soll, ist wissenschaftlich geklärt und politisch breit anerkannt. «Um das 2-°C-Klimaziel zu erreichen, ist der Saldo in der CO2-Bilanz möglichst schnell auf null zu setzen», erklärt Reto Knutti, Klimaforscher an der ETH Zürich. Zwar kann der Wissenschaftler nachvollziehen, wie verwirrend die Informationsflut in der laufenden Klimadebatte wirkt. Doch nichts gegen den Klimawandel zu unternehmen sei keine Alternative. «Das wird sich äusserst negativ auf viele Lebens- und Wirtschaftsbereiche auswirken», warnt Knutti das Swissbau-Publikum. Der Gebäudebereich sei technisch jedenfalls prädestiniert, eine Pionierrolle für die Dekarbonisierung einzunehmen. «Es braucht aber bessere politische Rahmenbedingungen, die heutigen reichen nicht», so der ETH-Klimaphysiker.

Wer ist bereit, ans Klima zu denken?

Nicht nur der Gesetzgeber hat Nachholbedarf; auch von der professionellen Immobilienbranche ist mehr verlangt. So hat das Beratungsunternehmen WüestPartner in einer Umfrage erfahren, dass erst jeder zweite Portfolioinhaber den CO2-Ausstoss seiner Liegenschaften kennt. Immerhin seien aber «zwei Drittel der Befragten gewillt, dies zu ändern und die eigene Klimabilanz in die Bewirtschaftungsstrategie zu integrieren», führt WP-Partner Ivan Anton weiter aus. Um den Einstieg in das interne Studium der CO2-Performance zu erleichtern, präsentiert die Beratungsfirma in Zusammenarbeit mit der Bundesverwaltung nun einen Schnellcheck: den «Klimaverträglichkeitstest für Immobilien in der Schweiz».

Silvia Ruprecht-Martignoli, Projektleiterin im Bundesamt für Umwelt (Bafu), hofft, dass dieser Test kleine und grosse Immobilienanleger «wie Pensionskassen, Versicherungen, Banken und Vermögensverwaltungen» ansprechen kann. Gemäss der Bafu-Mitarbeiterin soll das Onlinetool zum repräsentativen Immobilienmonitor ausgebaut werden: Sämtliche Daten werden anonym gesammelt und derart aggregiert, dass ein möglichst repräsentativer Klimafussabdruck zu den institutionell verwalteten Immobilien skizziert werden kann. «Der Branche können solche Auswertungen ihrerseits dienen, sich gegenseitig und anhand der geltenden Vorschriften besser orientieren zu können», so Ruprecht-Martignoli.

Tut der Finanzmarkt schon genug?

Wie Urs Fäs, Investmentbanker bei UBS Schweiz, am Swissbau-Workshop berichtete, sei das Interesse am Klimaschutz bei Investoren und Anlegern erwacht und «Leitplanken durchaus hilfreich». Klimaforscher Knutti begrüsst dies, weil «der Finanzmarkt eine grosse Hebelwirkung auf den CO2-Ausstoss ausübt». BFE-Vizedirektor Büchel hofft sogar, dass Branche möglichst schnell konkrete Entscheide fällen kann: «Denn die Gebäude, die das Klima ab 2050 schonen sollen, werden heute gebaut.» Allerdings gab UBS-Banker Fäs zu bedenken, seine Branche könne sich derzeit schlecht orientieren. Angesichts der steigenden Anforderungen und des wuchernden Labeldschungels fühle sich die Branche doch etwas verloren. 

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