Ar­chi­tek­tur am Gän­gel­band der Tech­nik?

Wie viel Hightech braucht nachhaltiges Bauen?

Ist das ökologische und energieeffiziente Gebäude ein Hightech-Produkt oder ebenso sparsam in der Ausstattung wie in der Energieperformance.

Data di pubblicazione
21-03-2016
Revision
22-03-2016

An Symposien zum Bauen ist der unscharfe Blick in die Zukunft derzeit unverzichtbar geworden. Häufig dürfen jeweils Psychologen, Philosophen oder Ökonomen ihre Sicht der Dinge vortragen, wie sich die digitalisierte Welt in 20 oder 30 Jahren darstellen soll. An der Jahrestagung der beiden Vereine «Netzwerk Nachhaltiges Bauen Schweiz» und «Eco-Bau» war Karin Frick vom Gottlieb-Duttweiler-Institut (GDI) an der Orakel-Reihe; aus aktuellem Anlass stellte sie eine GDI-Studie über das Smarthome vor. Sie liess die vielfach übliche Aufzählung möglicher Gadgets und smarter Spielereien aus dem Lifestylebereich löblicherweise aus und griff im Gegenzug relevantere Aspekte für die Planungs- und Baubranche auf: «Der Hauptantrieb für die Digitalisierung der Haustechnik ist weniger das Nutzerbedürfnis als die Vernetzung der Wertschöpfungskette», fasste Frick die Tendenz «der unaufhaltsamen Entwicklung» zusammen.

Damit verbunden sei die Möglichkeit, umfangreiche Daten zu sammeln, was wiederum neuartige Geschäfts- und Servicemodelle schaffen könne. Allerdings stelle sie noch beträchtliche Vorbehalte und ein gewisses Unverständnis fest: «Die Kundschaft hält sich zurück und auch unter Architekten herrscht Skepsis, welche Vorteile die smarte Gebäudetechnik dereinst mit sich bringen wird.» In der Gegenwart stellt sich dagegen immer häufiger die Frage, auf wie viel Technik ein nachhaltiges Gebäude überhaupt angewiesen ist.

«Nutzer als Gradmesser»

Gemäss Volker Ritter, Architekturdozent aus Darmstadt, soll der Nutzer den Gradmesser für das Ausstattungsoptimum spielen, «weil er direkt mit der Technik zurecht kommen muss.» Weniger sei grundsätzlich mehr; doch das Normenwerk und steigende Komfortansprüche sind oft nur noch im Hightech-Standard zu bewältigen. Seinerseits plädiert Ritter dafür, sich in der Technisierung etwas zu bescheiden, das Gebäude dagegen mit robusten Systemen auszurüsten und die Technik vor allem nicht dazu zu benutzen, um ein Haus vollständig von der Umgebung (Raum, Klima, Nutzung) abkapseln zu wollen. Neuste Umweltanalysen ergeben sogar, dass die beste Betriebsperformance mit «reduziertem technischem Aufwand» erreichbar sei. Und aus erster Hand zu erfahren war, dass das Büro- und Galeriehaus «2226» ohne Heiz- und Kühlanlage beanstandungslos funktioniert: Das Raumklima bewege sich zu 95 % innerhalb des anvisierten Komfortbereichs. Andreas Hofer, Baugenossenschaft Mehr als Wohnen, ergänzte, dass sich die Architektur nicht an die Gebäudetechnik ausliefern darf, sondern der Architekt auch bei den technischen Gewerken die konzeptionellen Fäden in der Hand behalten soll.

Luftwechsel über das Gebäudeatrium

Ein Beispiel für eine gleichberechtigte Zusammenarbeit unter den Fachdisziplinen wurde an der Fachtagung ebenfalls präsentiert: der Businesspark in Ittigen BE, der ausserdem veranschaulicht, wie ein Lowtech-Konzept umgesetzt werden kann. Das fünfgeschossige Verwaltungsgebäude mit zusätzlichen IT-Labors ist Arbeitsstätte für fast 2000 Swisscom-Angestellte und wird mit überdurchschnittlich geringem Energieaufwand betrieben. Für die Wärme- und Kälteversorgung werden ein Erdsondenfeld gekoppelt an Wärmepumpen respektive Rückkühltürme auf dem Dach genutzt. Zudem ist das Besondere daran, dass die Kühlung ohne Kältemaschine auskommt und der Luftwechsel fast ohne Ventilatoren über das Gebäudeatrium organisiert wird.

GDI-Studie: Smart Home 2030; Wie die Digitalisierung das Bauen und Wohnen verändert. Gottlieb Duttweiler Institut 2015.

Fachtagung Eco-Bau und NNBS 2016: Referate zum Download

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