Stand­or­te für Erd­wär­me­son­den

Die Nutzung der untiefen Geothermie durch Erdwärmesonden birgt teilweise kostspielige Risiken. Damit potenzielle Nutzer sie einschätzen können, entwickelte die Uni Basel ein Informationssystem.

Publikationsdatum
03-09-2014
Revision
18-10-2015
Peter Huggenberger
Abteilung Angewandte und Umweltgeologie (AUG), Departement ­Umweltwissenschaften, Universität Basel

Seit 2012 gibt es im Kanton Basel-Landschaft ein Erdwärmenutzungskonzept1, das sich auf die oberflächennahe geothermische Energienutzung durch Erdwärmesonden (EWS, bis ca. 400m), Erdregister, Wärmekörbe, Energiepfähle und Grundwasserwärmepumpen bezieht. Mit einem von der Angewandten und Umweltgeologie der Universität Basel entwickelten Informationssystem soll der potenzielle EWS-Nutzer in einer frühen Planungsphase den Einsatz an einem gegebenen Standort evaluieren können. Es zeigt für das gesamte Siedlungsgebiet im Baselbiet die mögliche Nutzung von Erdwärmesonden. Berücksichtigt wurden besonders raumplanerische Aspekte und ortsspezifische Auflagen hinsichtlich Grundwasserschutz und geologischer Risiken. Für die geologische Bearbeitung und Prozessierung konnte für ein grosses Gebiet auf das geologische 3-D-Modell der Region Basel zurückgegriffen werden, das im Rahmen des Projekts «GeORG»2 entstanden ist. 

Die Erdwärmesondenkarte lässt sich in mehreren Ebenen darstellen. Die Übersichtskarte für das ganze Gebiet bietet eine quantitative Aussage, ob eine Erdwärmesonde erlaubt, teilweise erlaubt oder nicht erlaubt ist. Bei einer Ansicht ab Massstab 1:1000 lassen sich genauere Informationen zum jeweiligen Ort abfragen. Dies sind die bereits um die Bohrtoleranz bereinigte, maximale Bohrtiefe sowie Angaben zur obersten geologischen Schicht und dem dazugehörigen Schichtverzeichnis. Beim Schichtverzeichnis sind zwei Arten zu unterscheiden: ein prognostiziertes Profil, das aufgrund einer nicht ausreichenden Datenlage nur für die nähere Region bestimmt wird, und im Gebiet des geologischen 3-D-Modells ein auf diesen Punkt eindeutiges Profil. Aus diesen Daten wird bei einer Informationsabfrage im WebGIS ein PDF-Bericht erstellt, der spezifisch alle Einschränkungen, Auflagen und wichtigen Daten zusammenfasst und als Entscheidungshilfe dient. 

Für die Vergabe einer Bewilligung spielen die raumplanerischen Daten eine erhebliche Rolle. So kommen Flächen in Rutschgebieten, Grundwasserschutzzonen oder belastete Standorte für Erdwärmesonden nicht infrage. Eine Fläche im Grundwasserschutzbereich kann nur mit speziellen Auflagen genutzt werden – unabhängig von der Geologie. Da EWS laut Erdwärmenutzungskonzept nur im Siedlungsgebiet erlaubt sind, beschränkte sich die Bearbeitungsfläche auf einen kleinen Teil des Kantonsgebiets. Unter Berücksichtigung einer wachsenden Siedlungsfläche wurden die Siedlungsgebiete erweitert und für die geologische Beurteilung herangezogen. 

Der Kern des EWS-Informationssystems ist die Modellierung der maximalen Bohrtiefe. Dazu wird die Tiefe der ersten kritischen Schicht, die nicht angebohrt werden darf, modelliert. Dies geschieht auf Basis dafür ausgewiesener, sich zumeist mit der Oberflächengeologie deckender Polygonflächen. Die Polygonflächen der 3-D-Modellregion sind dagegen in einem hochaufgelösten, regulären Gitternetz 25x25m angeordnet. Für die Berechnung der Grenzschicht (erste Schicht in der Schichtabfolge mit Fall A) werden definierte Berechnungsparameter den Attributen des jeweiligen Polygons zugewiesen.

Basierend auf der berechneten maximalen Bohrtiefe erfolgen die Unsicherheitskategorisierung (Bohrtoleranz) und die Abschätzung der Mächtigkeit der obersten Schicht unter Einbezug des geologischen Schichtverzeichnisses. Dazu wird die Mächtigkeit der obersten Schicht, die u. a. auch von der Topografie abhängt, mit der geschätzten Mächtigkeit der quartären Bedeckung zusammengefasst und in einem separaten Rasterlayer «Mächtigkeit oberste geologische Schicht» berechnet. 

Im WebGIS sind die Detailabfrage und Darstellung der Einheiten erst ab einem Massstab 1:1000 verfügbar. Zum einen wird dadurch eine Mehrfachauswahl oder ungenaue Auswahl eines Punkts vermieden, zum anderen ist es sinnvoll, nur ab einem Mindestdetailgrad der Kartenansicht die Abfrage zu erstellen, da sonst zu viele Abfragen generiert würden. Weil Bruchsysteme infolge schwierig prognostizierbarer Wasserwegsamkeiten ebenfalls potenzielle Risiken darstellen, wurden die bekannten geologischen Bruchsysteme im EWS-Informationssystem integriert. Ausserhalb des 3-D-Modellgebiets war dies nur an der Oberfläche möglich, im Modellgebiet konnte neben der Lage an der Oberfläche auch die Tiefenlage einbezogen werden. Aus den Linienelementen der Brüche wurden Polygonflächen mit konstanter Breite erstellt, die in die geologische Bewertung einfliessen.

Im Erdwärmenutzungskonzept BL gelten für Subrosions- und Karstgebiete spezielle Auflagen und Nutzungsbeschränkungen. Da diese Phänomene sowohl an der Erdoberfläche als auch im Untergrund auftreten können und um sie in der Erdwärmesondenkarte korrekt abzubilden, werden Daten zur Subrosion und Karst an zwei Stellen in das Datenkonzept aufgenommen. Zum einen ist eine direkte Markierung im Layer «Einheiten» vorhanden, zum anderen sind diese Gefährdungen in jeder einzelnen Schicht des Schichtverzeichnisses gekennzeichnet. Erdwärmesonden, die im Grundwasserschutzbereich, aber ausserhalb der Grundwasserschutzzone liegen, werden gesondert behandelt. Um das Risiko des Kurzschliessens von Grundwasserleitern durch EWS-Bohrungen zu berücksichtigen, wurden bei der geologischen Bearbeitung zusätzlich Flächen der potenziellen Grundwasserleiter hinzugefügt. 

Das aktuelle Release der EWS-Karte im WebGIS des Kantonswurde Mitte 2013 online geschaltet. Seitdem wurden Verbesserungen durch Rückmeldungen aussenstehender Geologen und Bürger oder durch neue Erkenntnisse aus neuen Bohrungen in die Karte eingebaut sowie der Workflow und das Processing robuster gestaltet. Die Karte ist mittlerweile für fast alle Gebiete des Kantons verfügbar.

Anmerkungen

  1. Kanton Basel-Landschaft, Amt für Umweltschutz und Energie: Erdwärmenutzungskonzept BL
  2. INTERREG-IV-Projekt «GeORG», Geopotenziale des tieferen Untergrundes im Oberrheingraben
  3. www.geoview.bl.ch

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