Me­cha­ni­sche Lüf­tun­gen ha­ben Op­ti­mie­rungs­be­darf

Ein erheblicher Teil der installierten Lüftungs- und Klimaanlagen hält Effizienzgrenzwerte nicht ein. Das ernüchternde Resultat einer Studie an der Hochschule Luzern soll zur Anpassung der SIA-Norm 382/1 führen. Eine bessere Anlagensteuerung, so die Forscher, kann den Energieverbrauch um 20 % und mehr senken.

Publikationsdatum
08-03-2017
Revision
08-03-2017

Lüftungs- und Klimaanlagen sind für den modernen Gebäudepark eminent wichtig. Doch ein knappes Achtel des inländischen Gesamtenergieverbrauchs wird als elektrische Energie für die Luftförderung konsumiert. Damit liegt es auf der Hand, diese Anlagen so energiesparend zu betreiben, wie es der neueste Stand der Technik erlaubt.

SIA-Vorgaben haben zentrale Bedeutung für einen energieeffizienten Gebäudebetrieb. So enthält die SIA-Norm 382/1 die massgeblichen Bestimmungen für Lüftungs- und Klimaanlagen. In den letzten Jahren haben Planer und Vertreter der Lüftungsbranche jedoch beanstandet, die Anforderungen der Norm seien sehr streng und könnten nur bedingt umgesetzt werden. Forscher des Zentrums für Integrale Gebäudetechnik (ZIG) an der Hochschule Luzern (HSLU) haben nun in einem zweijährigen Projekt («Effiluft») untersucht, wie die Norm bei der Planung von Lüftungs- und Klimaanlagen umgesetzt wird und ob die darin enthaltenen Grenzwerte im Betrieb eingehalten werden.

Untersucht worden sind mittlere und grosse Anlagen (Volumenstrom: 2500 bis 46 000 m3/h) mit Baujahr 2005 und jünger, dabei wurde das Augenmerk auf die spezifische Ventilatorleistung (SFP) gerichtet. Die SFP setzt den Stromverbrauch des Ventilators ins Verhältnis zum erzeugten Volumenstrom (W/m3 h) und dient als Kennzahl für die energetische Effizienz von Lüftungs- und Klimaanlagen. Das Forschungsprojekt wurde vom Bundesamt für Energie finanziell unterstützt.

Viele Anlagen verletzen die SIA-Norm

Die erstaunliche Erkenntnis der Gebäudetechnikforscher: Zwischen Realität und Normenwelt klafft ein beträchtlicher Graben. Die Planungsvorgaben werden nicht nur im Betrieb vielfach nicht eingehalten, sondern bereits auf dem Planertisch verpasst. 19 von 46 untersuchten Lüftungs- und Klimaanlagen verpassten die SIA-Norm bereits in der Planung, wie die Durchsicht der Datenblätter ergab.

Ähnlich ernüchternd war der Befund bei SFP-Feldmessungen an 14 zufällig ausgewählten Anlagen: Die Hälfte hielt den Grenzwert der SIA-Norm nicht ein. Christoph Dahinden, Leiter des Forschungsprojekts, meint daher, die SIA-Norm stelle unrealistisch hohe Anforderungen. Sinnvoll wäre eine Überarbeitung und «die Grenzwerte weniger restriktiv anzusetzen». Zudem regt der HSLU-Forscher eine Verbesserung der SFP-Deklaration an. Hersteller sollten verpflichtet werden, die Leistungswerte und deren Herleitung jeweils auf dem Monoblock anzugeben, in dem Lüftungs- und Klimamodule mit Ventilator, Wärmerückgewinnung und Heizregister integriert sind.

Lüftungsingenieure ziehen ihre Lehren

Zwar stammt die aktuelle Version der Norm 382/1 aus dem Jahr 2014. Doch es stehen Änderungen im europäischen Recht an, die auch für die Schweiz zu übernehmen sind. Daher soll die SIA-Norm überarbeitet werden; ein neuer Entwurf soll bereits in diesem Jahr präsentiert werden. Die zuständige SIA-Normenkommission werde auch die jüngsten Forschungsergebnisse mit einbeziehen, sagt Heinrich Huber, selbst Kommissionsmitglied und HSLU-Dozent für Gebäudetechnik. «Wir werden darüber diskutieren, ob die Norm in der vorliegenden, strengen Form ihren Zweck erfüllt.» Offenkundig sei, dass Einzelanforderungen wie der maximale Förderdruck mit den Systemanforderungen (SFP) nicht übereinstimmen. Aber nicht nur die SIA-Normen gilt es anzupassen, sondern es muss auch ein Blick auf die praktische Umsetzung geworfen werden. «Es ist darüber zu diskutieren, wie Planer und allenfalls auch Hersteller stärker auf die Energieeffizienz aufmerksam gemacht werden könnten», ergänzt Rolf Moser, Leiter des BFE-Forschungsprogramms «Gebäude und Städte».

Einsparungen durch optimierte Anlagensteuerung

Anspruchsvolle Normen, das versteht sich von selbst, sind ein wichtiges Instrument, um der Energieeffizienz zum Durchbruch zu verhelfen. Genau das ist auch die Idee der SIA-Norm 382/1 für Lüftungs- und Klimaanlagen. Würde der SFP von allen Lüftungs- und Klimaanlagen eingehalten, liessen sich nach einer Schätzung der Luzerner Forscher jährlich gut 4 TWh Strom einsparen. Das entspricht rund 6 % des aktuellen Schweizer Stromverbrauchs. Solange die SIA-Norm aber von vielen Anlagen in der Wirklichkeit nicht eingehalten wird, kann dieses beeindruckende Einsparpotenzial nicht realisiert werden, betonen die Wissenschaftler der HSLU im Abschlussbericht: «Da die Anforderungen der Norm als zu anspruchsvoll eingeschätzt werden, muss das theoretische Potenzial relativiert werden.»

So weit die schlechte Nachricht. Doch die Luzerner Gebäudetechnikexperten haben auch eine Alternative parat: Wird die Steuerung von mittleren und grossen Anlagen optimiert, wird ebenfalls viel Energie eingespart (vgl. Textbox). Im Effiluft-Projekt wurde ein exemplarischer Vergleich zwischen einem Ventilatorersatz und einer druckoptimierten Regelung durchgeführt. Das Anpassen der Anlagensteuerung erzielt dreimal höhere Effizienzgewinne, so der Befund. Die untersuchte Anlage dürfte typisch für bestehende Lüftungs- und Klimaanlagen in mittleren und grösseren Verwaltungsgebäuden, Schulhäusern, Gewerbebauten, Verkaufsläden und Industriebetrieben sein. Daher wird im HSLU-Abschlussbericht nicht nur eine Überarbeitung der Norm empfohlen, sondern auch das Fördern von druckoptimierten Regelungen.

Quelle

Effiluft; Elektroeffizienz von mittleren und grossen Lüftungsanlagen, Bundesamt für Energie BFE 2016 (hier der Link zum Download).

Hinweis

Der vorliegende Artikel wurde im Auftrag des Bundesamts für Energie verfasst. Weitere Fachbeiträge über Forschungs-, Pilot-, Demonstrations- und Leuchtturmprojekte im Bereich Gebäude und Städte unter www.bfe.admin.ch

 

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