Fuss ge­fasst und ab­ge­ho­ben

Elbphilharmonie Hamburg – Architektur

Die im Januar 2017 eröffnete Elbphilharmonie von Herzog & de Meuron hat eine wechselvolle Entstehungsgeschichte. Das ikonische Werk vereint diverse Bauaufgaben und Nutzungen und aufsehenerregende ­Ingenieurarbeiten – und dies alles mit hanseatischer Eleganz.

Publikationsdatum
23-03-2017
Revision
24-03-2017

Soweit es die öffentliche Wahrnehmung betrifft, begann die Planungsgeschichte der Elbphilharmonie im Juni 2003. Damals erschien in den Hamburger Tageszeitungen eine Visualisierung: ein zeltartig-kristalliner Konzertsaal auf dem Backsteinsockel des vormaligen Kaispeichers A (1963, Architektur Werner Kallmorgen), an einer der prominentesten Stellen im Hafen, der Kehrwieder­spitze, benachbart und in Sichtweite der Hamburger Innenstadt. Bilder können suggestiv sein, und dieses Bild war dermassen suggestiv, dass es in Hamburg eine Welle der Begeisterung auslöste – nicht nur in musik­interessierten Kreisen, die sich seit Langem eine weiteren Konzertsaal neben der ehrwürdigen Laeiszhalle gewünscht hatten.

Selten hat ein einziges Bild binnen kürzester Zeit in solcher Weise Fakten geschaffen, auch wenn es fast 15 Jahre dauern sollte, bis aus der Vision Wirklichkeit wurde. Der Mann, ohne den es die Elb­philharmonie nicht gäbe, heisst Alexander Gérard. Und alles begann eigentlich in Zürich, genauer an der ETH. Dort studierte Gérard zwischen 1968 und 1973 Architektur, fast zeitgleich mit Jacques Herzog und Pierre de Meuron. Nach dem Studium war er für den Baukonzern Philipp Holzmann tätig, ehe er sich als Projektentwickler etablierte. Aus der Ferne beobachtete er den Aufstieg von Herzog & de Meuron zu Weltstars, während in Hamburg die Planung der HafenCity voranschritt.

Weil die HafenCity, deren Bau 2001 startete, zwecks Finanzierung des Containerterminals Altenwerder maximalen Profit abwerfen musste1, plante die Stadt, anstelle des denkmalwerten Kaispeichers A einen sogenannten Media City Port errichten zu lassen, also ein Bürohaus für Medienunternehmen. Diese investorenfreundliche Lösung an einem der markantesten Orte der HafenCity empörte Alexander Gérard und seine Frau, die Kunsthistorikerin Jana Marko, und sie beauftragten in privater Initiative Herzog & de Meuron mit einer Studie für einen Konzertsaal im Kaispeicher: Ort der Kultur und Öffentlichkeit statt Bürogetto. Doch die Architekten votierten für mehr Sichtbarkeit, und so entstand die Idee, das mächtige Backsteinvolumen mit einem gläsernen Aufsatz zu bekrönen.

Die ungewöhnliche Euphorie der als reserviert geltenden Hamburger wird auch vor dem Hintergrund erklärbar, dass das Projekt in einer politisch reaktionären Zeit lanciert wurde. Die Vision Elbphilharmonie torpedierte die Idee eines Aquadome, einer kruden Mischung aus Grossaquarium, Konzertsaal und Beatles-­Museum inmitten der HafenCity, und sie stempelte die Pläne des Media City Port zur Makulatur.

Kostensteigerung: fast 300 %

Die Annahme, die Elbphilharmonie liesse sich – von der Überlassung des Grundstücks abgesehen – ohne Mittel aus öffentlichen Haushalten finanzieren, also allein durch Spenden sowie die Rendite der Mantelbebauung, mag rückblickend naiv anmuten. Erst recht angesichts der Schlussbilanz: Gesamtkosten 865.65 Millionen Euro, davon 57.5 Millionen an Spenden und 789 Millionen von der öffentlichen Hand. 2004 kaufte die Stadt das Projekt für geschätzte 3.5 Millionen Euro von Spiritus Rector Alexander Gérard, der damit in die weitere Planung nicht mehr involviert war, und übernahm die Regie. Hätten die finalen Zahlen schon anfangs vorgelegen, wäre die Elbphilharmonie wohl niemals gebaut worden.

Die legendär gewordenen Kostensteigerungen lassen sich nicht monokausal erklären. Zunächst vergrösserte sich das Bauprogramm gegenüber den ersten Plänen markant: Ein zusätzlicher Veranstaltungsaal im Sockel, das «Kaistudio», kam hinzu, auch die Anzahl der für die Querfinanzierung wichtigen Hotelzimmer und Apartments stieg auf 250 bzw. 45 (vgl. «Kafka oder Wagner»). Damit verbunden war die gravierendste und kostentreibendste Veränderung: Hiess es zunächst, man wolle das Tragwerk des Kaispeichers A (das einen integralen Faktor für dessen Denkmalwert darstellte) erhalten, erwies sich das schliesslich als nicht durchführbar. Zwar war es tragfähig genug, doch für die Bauherrschaft war die Raum­struktur ungenügend, da sie ihre Anforderungen nicht erfüllte. In der Konsequenz musste eine völlig neue Beton­struktur in die Mauerwerkshülle des Kallmorgen-Baus eingepasst werden. Dabei liess sich neben den Fassaden lediglich das durch Halbverdränger verstärkte Fundament in den Bereichen der Kerne weiternutzen.

Aber auch in den Bereichen Akustik, Gebäudetechnik und Fassadenplanung wurden gravierende Veränderungen vorgenommen, die die Kosten in die Höhe trieben. Dass mehr Kubikmeter, Ausstattung und Technik zu Preissteigerungen führen, ist nachvollziehbar. Problematischer bleiben die übrigen Faktoren, die typisch sind für die Umsetzung von derlei Grossprojekten: So werden im Kontext politischen Handelns Kosten oft wider besseres Wissen zu niedrig angesetzt, um möglicher Kritik auszuweichen und das Projekt ins Rollen zu bringen. Ebenfalls politischer Wille war es, entgegen der Warnung der Architekten mit dem Bau zu einem Zeitpunkt zu beginnen, da die Planung nicht abgeschlossen war.

Zugänglich und doch entrückt

Der Grundriss der Elbphilharmonie bildet ein Trapez, das sich einem Dreieck annähert. Die Spitze, über der sich der gläserne Aufsatz bis zu einer Höhe von 110 m auftürmt, ist zu den St. Pauli-Landungsbrücken hin ausgerichtet. Der Besuchereingang befindet sich der HafenCity zugewandt auf der Ostseite des Kaispeichers. Die Elbphilharmonie liegt zwar exponiert, ist aber nicht einfach zu erreichen. Auf drei Seiten von Wasser umgeben, steht das Bauwerk am westlichsten Ende der HafenCity. Die U-Bahnhöfe sind einige hundert Meter entfernt, Fussgänger und Autos teilen sich den Vorplatz.

Herzog & de Meuron haben auf Strassenniveau einen Schlitz in die Backsteinhülle geschnitten, in dem nebeneinander die Einfahrt in das Parkhaus im Sockel, der Zugang zum Hotel und der Eingang zur Elbphilharmonie Platz gefunden haben. Die Portale liegen in einer Reihe, jegliche repräsentative Überhöhung unterblieb. Die Architekten referieren hier eher auf die Logik des Lagerhauses als auf die Konventionen einer bürgerlichen Konzertkultur; selbst auf ein Vordach wurde verzichtet. Eine 82 m lange Roll­treppe – konvex geführt, sodass das Ende von unten nicht einsehbar ist (vgl. Abb.) – befördert die Besucher durch den Speicher hinauf ins sechste Geschoss. Ist man oben angekommen, bietet ein Panoramafenster den ersten Ausblick über Stadt und Hafen.

Die markante Öffnung in der Spitze des Sockels ist keine neue Intervention von Herzog & de Meuron, sie fand sich schon im Bau von Werner Kallmorgen. Ursprünglich war hier für die Arbeiter im Speicher A eine Kantine geplant, deren Ausführung indes aus technischen Gründen unterblieb. In gegenläufiger Richtung schliesst sich eine weitere, kürzere Rolltreppe an, es folgt eine weitläufige Treppenrampe, die zur «Plaza» auf 37 m Höhe führt. Sie wirkt als Verteiler: Wie durch einen Gehörgang gelangt man bei Konzerten direkt, also ohne Türen zu öffnen, in den Grossen Saal. Erst bei Konzertbeginn werden die in den Wänden verborgenen und von innen her unsichtbaren Türen geschlossen.

Die Plaza ist aber auch die Attraktion für all jene, die nicht in den Genuss eines Konzerts kommen. Sie befindet sich an der Schnittstelle zwischen der ­Backsteinhülle des früheren Kaispeichers und dem ­kristallinen Aufbau. Nach oben geht der Blick in die Foyerlandschaft des Grossen Saals, trichterförmig sich weitende Wölbungen in der Decke fokussieren die Blicke nach Norden Richtung Stadt und nach Süden Richtung Hafen. Ondulierende Glasscheiben begrenzen den Innenraum – ihre Verformung ist nicht ästhetischer Selbstzweck, sondern reagiert auch auf den extremen Winddruck (vgl. Abb. oben). Kreisförmige Einschnitte in Boden und ­Decke erlauben es an verschiedenen Stellen, einzelne Glas­elemente zu drehen und damit die Plaza bei gutem Wetter zur umlaufenden Terrasse hin zu öffnen.

An der Aussenfassade ist eine Reihe der Glasscheiben durch Aus- oder Einbuchtungen blasenartig verformt und zum Teil mit grossen Öffnungen ver­sehen. Die kleineren Ausbuchtungen bieten Platz für ­Lüftungsöffnungen, hinter den grossen Öffnungen verbergen sich Freiluftloggien. Die grösseren Scheiben­formate finden sich in den Foyers der Elbphilharmonie, die kleineren in den Bereichen der Apartments und des Hotels. Aufgedruckte Siebdruckpunkte dienen ­einerseits dem Sonnenschutz, andererseits geben sie dem Auge optisch Halt und sollen Schwindel­gefühle angesichts des Abgrunds hinter den Scheiben vermeiden. Die ­sphärisch gebogenen Dachflächen werden aus ­grossen Metalltellern gebildet und sind aus nächster Nähe von einer kleinen, als VIP-­Foyer genutzten Dach­terrassse aus zu erleben.

Hexenkessel für die Musik

Die Stadt hat mit der Elbphilharmonie aber nicht nur ein ikonisches Bauwerk erhalten, das längst zu einem, vielleicht sogar zu dem Wahrzeichen der Stadt geworden ist, sondern auch einen der spektakulärsten Musiksäle der Welt. Schon nach den ersten Testkonzerten im vergangenen Herbst waren Musiker begeistert von dessen Gestalt und Akustik (vgl. «Von Welle und Klang»). Leicht ist der Grosse Saal allerdings nicht zu bespielen, wie sich am Eröffnungskonzert zeigte. Der für das akustische Konzept verantwortliche japanische Spezialist Yasuhisa Toyota setzt auf ein analytisches Klangbild mit einer extremen Transparenz. Das führt dazu, dass man selbst bei komplexen Orchesterwerken die einzelnen Instrumente gut heraushören kann. Aber der Saal verzeiht auch nichts: weder das Falschspiel einzelner Instrumente noch das Räuspern des Publikums.

Beim Grossen Saal der Elbphilharmonie setzte Toyota auf das Prinzip der «Weinbergterrassen», das durch Hans Scharouns Berliner Philharmonie 1963 ­eingeführt wurde: Die Musiker sitzen im Zentrum, das Publikum in ansteigenden Blöcken, die sich rings um das Podium gruppieren. Diese Anordnung ist die Alternative zur rechteckigen «Schuhschachtel», wie sie die klassischen bürgerlichen Konzertsäle des 19. Jahrhunderts verkörpern. Die akustische Optimierung in Hamburg erprobte man anhand eines 1:10-Modells (vgl. TEC21 27-28/2010).

Im Gegensatz zur Berliner Philharmonie, die mit 2250 Plätzen 150 mehr als der Grosse Saal der Elbphilharmonie besitzt, fällt in Hamburg die Steilheit der Sitzanordnung ins Auge. Praktisch begründet ist diese Disposition durch den kristallinen Aufbau des Gebäudes, das nicht nur die Konzertsäle umfasst, sondern auch das Hotel im Osten und die Apartments im Westen. Daraus ergeben sich Proportionen, die den ­Gros­sen Saal und auch die schluchtartig sich über­lagernden Foyerbereiche bestimmen. Es war aber auch Ziel der Architekten, die Intensität des Konzerterlebnisses durch die räumliche Komprimierung zu steigern. Nicht zu­fällig fühlt man sich hier an ihre Stadionprojekte er­innert, die mit dem Prinzip eines «Hexenkessels» auf die maximale Intensivierung der Atmosphäre und die Minimierung der Distanz zwischen Akteuren und Publikum zielen.

Es ist erstaunlich, wie intim der Konzert­saal trotz seiner mehr als 2000 Sitzplätze wirkt. Die Besucher rücken nicht nur näher an das Orchester heran, sondern auch an die anderen Zuhörer im Saal. Denn ein Konzert ist ein Gemeinschaftserlebnis: Von einem «Krater durch Kunst, so einfach als nur möglich, damit dessen Zierrat das Volk selbst werde» sprach Goethe angesichts der Arena von Verona. Eine Gliederung in unterscheidbare Ränge haben die Architekten in Hamburg stärker vermieden als etwa Jean Nouvel bei der Philharmonie in Paris; alle Sitzbereiche im Saal sind miteinander verbunden, sodass man von einem beliebigen Platz zu jedem anderen gelangen kann, ohne den Umweg über das ­Foyer nehmen zu müssen.

Prägend für den Raumeindruck sind die weiss-­grauen Akustikpaneele, mit denen Brüstungen, Wände und Deckenuntersichten verkleidet wurden. Es handelt sich um Verbundelemente aus Gips und 10 % recycelter Wellpappe, die je nach Position im Saal entsprechend Toyotas Forderungen unterschiedlich stark ausgebildet und unterschiedlich tief ausgefräst wurden. Dabei ­blieben die Frässchichten innerhalb der einzelnen Waben sichtbar, wie ein Binnenornament – die Architekten sprechen vom «Microshaping».

Zusammen mit dem grau melierten Wollbezug der ebenfalls von Herzog & de Meuron entworfenen ­ Sitze, dem hellen Eichenparkett des Bodens und der Grundbeleuchtung in Form von mit LED ausgestatteten Schusterkugeln entsteht ein festlicher Raumeindruck, der aber nicht klassisch-opulent ausfällt. Eine gewisse Neutralität war gewünscht, weil der Saal nicht allein auf klassische Musik zugeschnitten ist. Für experimentellere Musikformate ist der Kleine Saal vorgesehen, der mit seinen rund 550 Plätzen dem traditionellen Schuhschachtel-Prinzip folgt. Die Sitzanordung lässt sich durch verschiebbare Podien dem jeweiligen Konzert anpassen. Hier wählten die Architekten eine Holz­verkleidung; eine erneut durch Fräsung erzielte ­Wellen­struktur bildet ein vertikales Muster an allen Wänden. Weil man hier auf die Optimierung anhand eines physischen Modells verzichtete, mussten die Längswände nach ersten Tests durch Aufsägen in einzelne Elemente differenziert und akustisch nachgebessert werden.

Vielseitig auf allen Ebenen

Herzog & de Meuron sprechen angesichts der Funktions­mischung der Elbphilharmonie von einer Stadt im ­Kleinen, und tatsächlich ist die mit Backsteinen ge­pflasterte Plaza zu einem öffentlichen Ort geworden. Dieser ermöglicht nicht nur nie dagewesene Blicke über Stadt und Hafen, er ist auch eine Feier der Architektur: An der Schnittstelle zwischen Alt und Neu, ­zwischen Sockel und Aufsatz, Backstein und Glas lässt er das Konzept der Architekten zum eindrucksvollen Erlebnis werden.

Der Bau spielt mit einer Reihe von maritimen Assoziationen, ohne diese jedoch platt im Sinn einer vordergründigen «architecture parlante» auszuspielen. Von der Wandverkleidung im Innern bis zur Grossform, die an Wellen, an Gischt, an Segel erinnern mag, lässt die Elbphilharmonie vielfältige Interpretationen zu. Werner Kallmorgens Kaispeicher ist zum Sockel eines himmelsstürmenden Bauwerks geworden, das ziemlich genau das versinnbildlicht, was Bruno Taut einmal als Ziel zukünftiger Gemeinschaftsarchitektur gefordert hatte: «reine Festesdinge» zu sein.

Anmerkung
1 Gert Kähler hat die hart am Rand der Legalität operierende Vorplanung für die HafenCity in einer Studie dokumentiert, die sich wie ein Krimi liest: «Geheim­projekt HafenCity oder: Wie erfindet man einen neuen Stadtteil», hrsg. v. Volkwin Marg, München/Hamburg: Dölling und Galitz Verlag 2016.


Hinter den Kulissen – die politische Seite der Planung für die Elbphilharmonie

Die Elbphilharmonie wurde nach 15 Jahren Bau- und Planungszeit im Januar 2017 offiziell eröffnet. Ihrer Geschichte gingen aber bereits etliche Planungen voraus: Die HafenCity, die Konversion von mehr als 150 Hektaren an Hafen- und Lagerarealen in unmittelbarer Innenstadtnähe war im Mai 1997 vom Ersten Bürgermeister Henning Voscherau (SPD) vor dem renommierten Übersee-Club publik gemacht worden. Der Wandel von der Stückgut- zur Containerlogistik führte zu einem grundlegenden Wandel der Hafeninfrastruktur, und im Januar 1992 waren der Chef der Hafen- und Lagerhaus-Aktiengesellschaft HHLA und Voscherau übereingekommen, den Bau eines gigantischen, nahezu vollautomatischen Containerterminals in Altenwerder durch den Verkauf der elbaufwärts befindlichen und für Containerschiffe neuen Typs nicht zu erreichenden Hafenareale querzufinanzieren.

Da man explodierende Ablöseforderungen seitens der dort mit langjährigen Verträgen eingemieteten Firmen fürchtete, wurde das Geheimprojekt unter vollkommenem Ausschluss der Öffentlichkeit und auch des Hamburger Senats vorangetrieben; selbst der Oberbaudirektor Egbert Kossack, dem gute Kontakte zur Presse nachgesagt wurden und dem eigentlich die städtebauliche Steuerung für die Transformation der Hafenränder oblag, war in den Deal nicht eingeweiht. Volkwin Maag von gmp entwickelte mit seinen Studierenden im fernen Aachen als fiktiv deklarierte Studien; eine eigens gegründete Gesellschaft für Hafen- und Standortentwicklung begann sukzessive, die alteingessenen Firmen zur Absiedlung zu bewegen oder durch Übernahme von Mehrheiten zu eliminieren, um Tabula rasa für die neue HafenCity zu schaffen.1

Dann kam das Projekt der Elbphilharmonie ins Rollen (vgl. Hauptartikel). Zur Finanzierung waren neben Spenden Einnahmen aus einer Mantelbebauung vorgesehen, für die zunächst ein separater, im Wasser stehender Turm vorgesehen war, bis Herzog & de Meuron sich dazu entschieden, sämtliche Nutzungen im und auf dem Kaispeicher zu konzentrieren. Der Initiator der Elbphilharmonie Alexander Gérard hatte mit Ole van Beust (CDU), dem seit Oktober 2001 regierenden Ersten Bürgermeister, Kontakt aufgenommen, aber wenig Gehör für seine Idee des Konzerthauses gefunden, denn die Stadt wollte das Grundstück profitabler verwerten. Das änderte sich erst nach Publikation des besagten Bilds Mitte 2003 – wobei die Tatsache mithalf, dass der «Media City Port», für den ein Entwurf von Benthem Crouwel vorlag, rezessionsbedingt wirtschaftlich keine Fahrt aufnahm.

Es folgte eine ruppige Planung mit Kostenexplosion, Streit der Beteiligten, Baustopp: Desaströser konnte sich das Projekt nicht entwickeln.

Unter dem seit 2011 amtierenden Ersten Bürgermeister Olaf Scholz von der SPD wurde schliesslich im März 2013 eine Einigung erzielt: Die Firma Hochtief, die zuvor den Weiterbau über eineinhalb Jahre verweigert und damit das Bauvorhaben in die ultimative Krise gestürzt hatte, erhielt eine weitere und nunmehr finale Zahlung von 195 Millionen Euro, war dafür aber an den Terminfahrplan und eine Umsetzung entsprechend den Vorgaben der Architekten gebunden. Die Gesamtkosten addierten sich dadurch auf jene 865.65 Millionen Euro, wovon 789 Millionen von der öffentlichen Hand getragen werden mussten.
(Hubertus Adam)

Anmerkung
1 Gert Kähler, Geheim­projekt HafenCity oder: Wie erfindet man einen neuen Stadtteil. Hrsg. v. Volkwin Marg, München/Hamburg: Dölling und Galitz Verlag 2016.

Am Bau Beteiligte
 

Bauherrschaft
Freie und Hansestadt Hamburg
 

Generalplanung
ARGE Generalplaner Elbphilharmonie (Herzog & de Meuron, Basel; Höhler + Partner Architekten und Ingenieure, Aachen)
 

Architektur
ARGE Planung Elbphilharmonie (Herzog & de Meuron, Hamburg; H + P Planungsgesellschaft, Aachen; Hochtief Solutions, Essen)
 

Tragwerkskonzept
Heinrich Schnetzer, Schnetzer Puskas International, Basel
 

Genehmigungsplanung Tragwerk
Schnetzer Puskas International, Basel; Subplaner: Rohwer Ingenieure, Handewitt (D)
 

Ausführungsplanung Tragwerk
Hochtief Solutions, Essen; Subplaner: Spannverbund, Berlin (Unternehmervorschlag Gebäudedach, Ausführungsplanung Stahlbau Saaldach, Stahlbau Innensaal und Reflektor)
 

Tragwerk Prüfingenieur
Dr.-Ing. Rainer Grzeschkowitz, WK Consult, Hamburg
 

Tragwerksplanung Backsteinfassade
Jäger Ingenieure, Radebeul (D)
 

Elektroplanung
Hochtief Solutions, Essen; ARGE Generalplaner Elbphilharmonie (Winter Ingenieure, Hamburg; General Contractor Adamanta – Hochtief Solutions)
 

HLKKS-Planung
Hochtief Solutions, Essen; Knott & Partner Ingenieure, Berlin; Müller + Partner, Braunschweig; C.A.T.S. Computer and Technology Service, Darmstadt; ARGE Generalplaner Elbphilharmonie (Winter Ingenieure, Hamburg; General Contractor Adamanta – Hochtief Solutions)
 

Signaletik
Herzog & de Meuron, Basel, mit Integral Ruedi Baur, Zürich; Hochtief Solutions, Essen
 

Bauphysik
MF Dr. Flohrer Beratende Ingenieure, Berlin; Hochtief Solutions, Essen; Taubert und Ruhe, Halstenbek (D); Jäger Ingenieure, Radebeul (D); TU Dresden, Dresden; GWT, Dresden; ARGE Generalplaner Elbphilharmonie, Hamburg; General Contractor ­Adamanta – Hochtief Consult, Essen
 

Akustik
Nagata Acoustics, Yasuhisa Toyota, Los Angeles und Tokio
 

Akustikpaneele, Fertigung
Peuckert, Mehring (D)
 

Akustikpaneele, Umsetzung der Planung für die Fertigung
One to One, Benjamin S. Koren, Frankfurt und New York

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