Ele­ganz auf dem Land, neu­er Glanz in der Stadt

Neu- und Umbauten von Schulhäusern sind häufige Bauaufgaben. Hier zwei Beispiele, die unterschiedlicher kaum sein könnten. In der Sorgfalt und Liebe zum handwerklichen Detail zeigen sich durchaus Parallelen – inspirierend und schön zum Anschauen.

Publikationsdatum
12-03-2015
Revision
06-10-2015

Neubau Primarschule, Mülligen

Mülligen ist ein typisches Dorf im Aargauer Hinterland. Knapp 1000 Einwohner, das Zentrum bildet die Kreuzung der beiden wichtigsten Verkehrsadern – der Kantonsstrasse von Brugg nach Mellingen mit der Strasse nach Birmenstorf. Auf dem Gemeindegebiet treffen die A1 und die A3 aufeinander. Zwischen Baden und Brugg gelegen, befindet sich der Ort auf einem Plateau, das zur Reuss hin steil abfällt.

Seit den 1980er-Jahren hat sich die Bevölkerung von Mülligen mehr als verdoppelt, und mit dem Wachstum kam das Bedürfnis nach einem neuen Primarschulhaus – zudem hat der Kanton die Primarschule von fünf auf sechs Jahre ausgedehnt. In einem Wettbewerb konnten sich 2013 die Architekten Christian Bühlmann und Franco Pajarola mit ihrem Projekt durchsetzen.

Das neue Schulhaus ergänzt das kleine Ensemble aus Gemeindehaus, Mehrzwecksaal und der alten Schule aus den 1960er-Jahren und trennt es vom Sportplatz ab. Das lang gestreckte Gebäude teilt sich in einen flacheren Teil, der dem neuen Platz zugewandt ist und die Eingänge mit den Garderoben beherbergt, und in einen höheren Teil, in dem sich vier Klassen- und drei Gruppenräume befinden.

Das Schulhaus fügt sich unaufdringlich in die Umgebung ein und stellt handwerkliche Qualitäten in den Vordergrund. Einerseits das Handwerk des Architekten, das im Grundriss geschickt den Rhythmus der vier Klassenzimmer mit dem Dreischritt der Gruppenräume und Eingänge verschränkt. Im Schnitt werden die unterschiedlichen Höhen der Gebäudeteile genutzt. Besonders reizvoll zeigt sich deren Zusammenspiel im Raum vor den drei Gruppenräumen, wo der Korridor sich weitet und in die Höhe wächst.

Andererseits stehen die Arbeit der Handwerker und die Wirkung der Materialien im Fokus: die dunklen Klinkerwände, die im Innern auf Sichtbetonwände und einen Boden aus Rheinquarzit treffen. In den Klassenzimmern ergänzen Holzbalkendecke und Parkett die mineralische Anmutung des Korridors, eine stehende Brettschalung schmückt die Sichtbetonwände ab Höhe des Türsturzes.

Auch der Ausbau zeigt sich in sorgfältigem Handwerk: Die Schränke sind vom Schreiner auf Mass gebaut, die Leuchten als Einzelanfertigung aus Messing gedrückt. Die Griffe der Eingangstüren bilden von Hand geschmiedete Stäbe mit aufgefädelten Messingscheiben. Ein kleines Kabinettstück, das durch seine Sorgfalt und räumliche Vielfalt brilliert.

Instandsetzung Grosses Länggassschulhaus, Bern

Pestalozzi, Beethoven, Rousseau, Zwingli – die Namen grosser Männer prangen mit neuer Leuchtkraft unter dem Dach des von Juli 2013 bis ­August 2014 instand gesetzten Gros­sen Länggassschulhauses in Bern. 

Eugen Stettler, als ehema­liger Stadtbauinspektor und Münsterbaumeister für eine Vielzahl ­repräsentativer Berner Gebäude verantwortlich, hatte den spätklassizistischen Bau 1892 auf einer Aufschüttung entlang der Neufeldstrasse geplant und errichtet. Zeitgleich entstand auf der anderen Aareseite das identische Kirchenfeldschulhaus – Copy & Paste avant la lettre. Zwischen dem denkmalgeschützten Schulhaus und der 1912 erbauten, nordwestlich gelegenen Turnhalle spannt sich heute ein baumbestandener Pausenplatz, der ausserhalb der Unterrichtszeiten auch von den Quartierbewohnern genutzt wird. 

Nach einer Sanierung der Gebäudehülle 1990 stand nun die Erneuerung des Innenausbaus und der Ersatz der Gebäudetechnik an. Den dafür ausgeschriebenen Wettbewerb konnten 2010 die Bieler ­spaceshop Architekten für sich entscheiden. Sie hatten bereits in der Vergangenheit mit umsichtigen Instandsetzungen auf sich aufmerksam gemacht, etwa bei der Gesamt­sanierung des Baspo-Hauptgebäudes von Max Schlup in Magglingen oder der Sanierung einer Doppelturnhalle der Bieler Moderne.

Die ursprünglich ebenfalls geplante Aula fiel während der Planung Protesten der Bevölkerung zum Opfer. Von aussen zeugt heute daher nur der neue Unterstand auf dem Pausenhof von der Bautätigkeit. Wie ein abstrahierter Blätterwald bietet das Betondach Schülern und Velos an der Geländestufe zum Hof Schutz vor Niederschlag. 

Im Innern waren die In­ter­ventionen radikaler: Die Installatio­nen wurden von der Primärstruktur getrennt und leicht zugänglich in Einbauschränken untergebracht. Daneben schufen die Architekten drei zusätzliche Schulzimmer sowie einige Werk­räume im UG. Um den Anforderungen des Lehrplans 21 gerecht zu werden (den Klassenzimmern muss eine Anzahl Gruppenräume zugeordnet sein), hoben sie die bestehenden Garderoben zwischen den Klassen auf und funktionierten sie zu Gruppenarbeitsräumen um. Die Jacken und Schuhe der rund 250 Schülerinnen und Schüler sind nun im Gang untergebracht. 

Auffällig sind die Luftigkeit, mit der sich das erneuerte Innere präsentiert, und die Farbigkeit. Letzere wurde in Zusammenarbeit mit dem Restaurator, der Denkmalpflege sowie Bauherrschaft und Nutzern neu entwickelt; vorausgegangen war eine denkmalpflegerische Untersuchung. So erstrahlen die ­Flure nun in einem Dreiklang aus Cremeweiss, Grasgrün und petrol­blauen Bordüren, dazu kommen schokoladenbraun gestrichene Türrahmen und Bodenleisten. Die Kombination wirkt etwas ungewohnt, passt aber gut zu dem Bau. 

Der grösste Eingriff erfolgte ganz oben: Die Planer öffneten den jahrzehntelang als Lagerraum genutzten Dachstock für einen Handarbeitsraum und die Bibliothek. Dachfenster bringen Tageslicht ins Innere, eine raumlange Sitztreppe ermöglicht den Ausblick aus den Lukarnen. Hier ist man den grossen Namen ganz nah – so oder so. 

Am Bau Beteiligte
 

Primarschule Mülligen
 

Geologie
Dr. Heinrich Jäckli AG

Fachplanung Leuchten
Neue Werkstatt GmbH
 


Länggassschulhaus Bern
 

Generalplanung, Architektur und Bauleitung
spaceshop architekten gmbh


HL-Planung
Ingenieurbüro Züllig, Riederer & Partner GmbH

Sanitärplanung
Grünig + Partner AG

Elekroplanung
CSP Meier AG

Denkmalpflege
Amt für Kultur, Denkmalpflege,
Markus Waber

Gebäudekennwerte
 

Primarschule Mülligen (nach SIA 416)
Gebäudekosten (BKP 2) 880.– Fr./m3
Gebäudekosten (BKP 2) 4400.– Fr./m2
Umgebung (BKP 4) 190.– Fr./m2
Gesamtkosten (BKP 1–9): 3.9 Mio. Fr.
 

Länggassschulhaus Bern (nach SIA 416)
Gebäudekosten (BKP 2) 630.– Fr./m3
Gebäudekosten (BKP 2) 2200.– Fr./m2
Gesamtkosten (BKP 1–9): 14.98 Mio. Fr.
Label: Minergie-Standard für Umbauten

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