Bö­se Über­ra­schung

Instandsetzung Tiefgarage Kantonsspital Frauenfeld; Tragkonstruktion: Schlaginhaufen Consulting; Generalunternehmung: Stutz AG

2008 begann die Renovation der Tiefgarage des Kantonsspitals Frauenfeld. Zuvor war die Anlage aus den 1970er-Jahren einer eingehenden Zustandsanalyse unterzogen worden. Während der Bauarbeiten zeigte sich dann aber, dass die Tragfähigkeit noch weit stärker gelitten hatte als angenommen. Schuld war Korrosion durch Salzwasser im Bereich des Gehwegs, der über den Deckel führte. Die Halle musste sofort abgestützt werden, und ein völlig neues Instandsetzungsprojekt wurde nötig.

Data di pubblicazione
27-01-2012
Revision
01-09-2015

Mit dem Neubau des Kantonsspitals Frauenfeld zu Beginn der 1970er-Jahre wurde für das Spitalpersonal eine eingeschossige Unterterraingarage erstellt. Sie erstreckt sich über eine Fläche von rund 3500 m2 und bietet 160 Fahrzeugen Platz. Die Garage dient in Teilbereichen auch als Zugang zu Schutzanlagen und zum Notspital. Der Fussweg von der Bushaltestelle zum Spitaleingang führt über die Tiefgarage. Der übrige Teil ist erdüberdeckt und begrünt. Die Tiefgarage ist gegenüber allen angrenzenden Bauten dilatiert, und die Wände und die Decke weisen vier Dilatationsfugen auf. Die Decke ruht auf 33 Stützen, die oberhalb der Decke verstärkt sind. Im Jahr 2006 beauftragte das Hochbauamt Thurgau das Ingenieurbüro Schlaginhaufen Consulting, die Tiefgarage einer Zustandsanalyse zu unterziehen.

Zustandsanalyse und vorläufiges Instandsetzungskonzept

Die statische Analyse zeigte, dass insbesondere die Durchstanzsicherheit der Stützen nicht gewährleistet war. Die materialtechnologische Analyse deckte ausserdem auf, dass die Dilatationsfugen undicht waren und eingedrungenes chloridhaltiges Wasser zu Bewehrungskorrosion im Fugenbereich geführt hatte. Weitere korrodierte Bereiche stellte man an Stützenfüssen fest. Die flächigen Potenzialmessungen konnten wegen der Erdüberdeckung nur von unten durchgeführt werden. Die Oberseite wurde über einzelne lokale Sondageöffnungen vermessen und analysiert.
Aufgrund der Feststellungen und unter Berücksichtigung dessen, dass die Tiefgarage nach dem Wissensstand von 2006 in etwa 10 bis 20 Jahren den Umbauarbeiten und den Erweiterungen des Kantonsspitals weichen würde, entschied man sich für eine sanfte Instandsetzung. Es sollten nur die Deckenbelastung reduziert und die Dilatationsfugen abgedichtet werden. Zudem galt es, die Stellen mit fortgeschrittener Korrosion von geschädigtem Beton zu befreien, die Bewehrung zu entrosten und wenn möglich zu ergänzen sowie besonders stark geschädigte Stellen zusätzlich zu stützen.

Unerwartete neue Erkenntnisse während der Ausführung

Im Jahr 2008 begannen diese Arbeiten. Man wollte zuerst die Dilatationen der Deckenoberseite abdichten und mindestens 20 cm Erdüberdeckung abtragen, um eine Entlastung um etwa 4 kN/m2 zu erreichen. Als die Dilatationen auf der Oberseite freigelegt waren, stiess man jedoch auf ein Problem, das bei den Sondagen im Rahmen der Zustandsanalyse nicht zutage getreten war: Die Verstärkungen waren ohne Abschalung erstellt worden, wodurch der Beton nur ungenügend verdichtet werden konnte. Der zerklüftete Beton war durch eine Mörtelschicht von 10 bis 20 mm zugedeckt und mit einem Schwarzanstrich versehen. Oberflächenwasser konnte bis zur Bewehrung in den Beton eindringen. Im Bereich des Gehweges führte dies wegen Tausalzen zu Chlorideintrag und zu Lochfrass bei der Bewehrung. Dickere Stäbe waren teilweise bis auf 60 % des Querschnittes reduziert und dünnere gar ganz durchgerostet. Man stand kurz nach Beginn der Arbeiten vor einer völlig neuen Situation. Aus Sicherheitsgründen wurde unverzüglich das gesamte Erdreich abgetragen und die Decke unterspriesst.

Statt einer sanften nun eine radikale Instandsetzung

Ende 2008 bis Mitte 2009 arbeiteten die Ingenieure ein neues Instandsetzungsprojekt aus. Dabei überprüften sie verschiedene Varianten – bis hin zum Abbruch. Aufgrund eines Kosten-Nutzen-Vergleiches liess man schliesslich die Tiefgarage vollständig instand setzen und eine neue Gartenanlage auf der verstärkten Decke gestalten. In diese Ausarbeitungen floss der aktuelle Stand des Bauprojekts für den Spitalumbau und die -erweiterung ein, wodurch ein Grossteil der Tiefgarage nicht mehr Neubauten zu weichen hätte. 
Das neue Instandsetzungskonzept sah vor, die geschädigten und unzureichend verdichteten Betonstellen zu entfernen, die freigelegten Bewehrungen zu entrosten und wo nötig zu ergänzen. Ferner wurden die Tragsicherheit und speziell die Sicherheit gegen Durchstanzen durch gezielte Bewehrungs- und Durchstanzverstärkungen sowie durch die Reduktion der Auflasten und Definition der zulässigen Nutzlasten auf das normgerechte Niveau angehoben. Die Stützenquerschnitte, das heisst die Aufstandsfläche wurden zudem vergrössert. Ebenso die Stützenköpfe, die, wo nötig und möglich, erhöht und mit zusätzlicher oberer Bewehrung verstärkt wurden – wo die Verstärkung von oben nicht möglich war, erfolgte sie nur von unten. Schliesslich wurde die ganze Garagendecke neu abgedichtet, und zur besseren Deckenentwässerung wurden 15 zusätzliche Dachwasserabläufe platziert.
Der neue Deckenaufbau besteht aus einem Leichtaufbau und einer nur 20 cm starken Humusschicht mit einer maximalen Auflast von 8 kN/m2. Für die Umgebungsgestaltung hinderlich waren vor allem die vielen Deckenverstärkungen und die Forderung nach möglichst wenig Auflast. Dank sorgfältiger Planung gelang den Landschaftsarchitekten Appert & Zwahlen eine Gestaltung, welche die baulichen Hindernisse abbildet und die sich nahtlos in das gesamte Umgebungskonzept des Kantonsspitals Frauenfeld einfügt.

Bausorgfalt und Anzahl der Sondierungen

Bei der Zustandsanalyse darf man nicht davon ausgehen, dass damals eine Ausführungsqualität angewendet wurde, wie sie heute Standard ist. Zwar gehörte schon in den 1970er-Jahren das sorgfältige Verdichten des Betons zu den Regeln der Baukunde, doch war man sich damals offensichtlich der Bedeutung für die Bewehrungskorrosion zu wenig bewusst. Insbesondere war in der Zeit vor Ende der 1970er-Jahre das Phänomen des Verlusts des passiven Korrosionsschutzes infolge Karbonatisierung und Chlorideintrag unzureichend bekannt. Bei der Begutachtung und Instandsetzung erdüberdeckter Bauten ist deshalb diesem Umstand besonders Rechnung zu tragen.
Die Erhaltung oder Instandsetzung von bestehenden Bauten bringt generell oft unerwartete Gegebenheiten ans Licht. Sondierungen sind deshalb unerlässlich, um die Verhältnisse richtig beurteilen zu können. Dies bedeutet aber noch lange nicht, dass mit mehr Sondierungen weniger Überraschendes passiert. Die Verhältnismässigkeit unterbindet einen übermässigen Sondagenaufwand. Unerwartetes kann zwar Mehrkosten verursachen – wie in diesem Fall –, doch können die Verhältnisse durchaus auch besser sein als prognostiziert.

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