Ein flies­sen­der Spei­cher

Wohnhaus Römer Freienbach

Wo früher ein Strandhaus am Zürichsee stand, wohnen nun drei Generationen derselben Familie unter dem Dach eines fossilfreien Würfels. Das nachhaltige Energiekonzept bildet einen sichtbaren Rahmen und ein kommunikatives Ausgleichssystem.

Data di pubblicazione
14-03-2023

Viel Platz ist nicht zwischen dem Seeufer und der Eisenbahnlinie. Und eng sind auch die seitlichen Grenzen der Bauparzelle, auf der seit Kurzem das Mehrgenerationenhaus der Familie Römer steht. Mit weniger als 240 m² Grundfläche begnügt sich der dreistöckige Kubus, der Wohnraum für drei Generationen in sich birgt. Ein äusseres Merkmal des Projekts von Lamoth Reimann Architekten ist der Rundlauf: Auf beiden Obergeschossen kragen grosszügige Balkone aus; sie sind mit einem Geländer aus Photovoltaikfeldern versehen und dienen auch dem Schallschutz. Nur die Nordseite ist transparent, für den freien Blick auf den Zürichsee.

Die PV-Brüstung wirkt ansonsten homogen und spie­gelungsfrei. Die äussere Abdeckung ist ein farbloses Riffelglas, um den Wirkungsgrad der Solarzellen nicht zu verändern. Letztere sind derweil in bruchsichere Gläser integriert. Die matte Balkonkante und die warme Holzfassade dahinter wirken gut zusammen als entspanntes Gestaltungsduo.

Aktive und passive Energieelemente

Der Baukörper selbst ist eine hybride Holzbaukon­struktion: Ein massiver Kern aus Recyclingbeton be­her­bergt das schmale Treppenhaus, das eine kaska­denartige Erschliessung der Wohngeschosse erlaubt. Dadurch ergibt sich eine architektonische Flexibilität: Die Wohneinheiten in Parterre, Obergeschoss und Attikabereich lassen sich räumlich einfach unterteilen und den weiteren Bedürfnissen anpassen. Die inneren Sichtbetonwände bilden zusammen mit den Holzbeton­verbunddecken die für das sparsame Energiekonzept erforderliche Speichermasse. Sie hilft auch mit, die Räume im Sommer kühl und behaglich zu halten.

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Das Wohnhaus verbindet passive und aktive Energiemassnahmen. Solarstrom wird ausschliesslich an den Balkonbrüstungen erzeugt; ein zusätzliches ­PV-Dach wäre zu kleinflächig und wartungsintensiv geworden. Stattdessen belegt eine Aussenluftwärmepumpe (Leistung: 11 kW) den nicht einsehbaren Platz. Die Eigenerträge werden – in definierter Reihenfolge – für den Konsum im Haushalt, die Brauchwassererwärmung und das Heizsystem zur Verfügung gestellt. Vier Heizwassertanks à 2000 l Volumen nehmen überschüssige Wärme auf. Der aufeinander abgestimmte Betrieb von PV-Anlage und Wärmepumpe soll dank der Zwischenspeicherung von Stromüberschüssen in den Übergangszeiten eine autarke Versorgung ermöglichen.

Autarker Betrieb in den Übergangszeiten

Ein fliessender Zusatzspeicher erhöht auch sonst die Eigenverbrauchsquote: Die Wohngeschosse und der Keller sind mit einer Bodenheizung versehen. Diese verteilt konventionell Niedertemperaturwärme (Vorlauftemperatur: 26  °C). Gleichzeitig dient sie der thermischen Bauteilaktivierung, was den Heizwärmebedarf zusätzlich verringert. Das erweiterte Speichermanagement erhöht den Eigenverbrauch: Etwa 50% des selbst erzeugten Solarstroms werde künftig vor Ort verbraucht, schätzt Solarfachplaner Christian Renken. Für die Jahresbilanz erwartet er einen Deckungsgrad von rund 70% und für den Gesamtenergiebedarf eine Plusenergiebilanz.

Mehr zum Thema in TEC21 7/2023 «Energiewende am Kipppunkt».

Wie Bausubstanz, Form und Konstruktion zusammen die Effizienz des Energiehaushalts steigern, lässt sich an den spezifischen Gebäudekennwerten ablesen: Die Hüllzahl unter 2 verrät, das auch kleine ­Häuser kompakt sein können. Und die 30 cm dick gedämmte Holzelementbauhülle erreicht einen U-Wert von 0.13 W/m²K, was Passivhausqualität entspricht. Energieplaner Ruedi Giezendanner prognostiziert daraus einen Heizwärmebedarf von weniger als 20 kWh/m².

Das Haus am See steht kurz vor Bezug. Inzwischen übliche Lieferschwierigkeiten verzögern vorerst die vollständige Inbetriebnahme der PV-Anlage. Der Hauseigentümer weiss die Zeit zu nutzen und lernt nun unter Anleitung der Fachplaner, wie das Energiemanagement optimal gesteuert wird. Damit das geplante Energiekonzept die erhofften Vorteile bringt, wird der Betrieb nun zwei Jahre genaustens überwacht. 

Ersatzneubau Wohnhaus Römer Freienbach SZ

 

Bauherrschaft
Familie Römer, Freienbach

 

Architektur, Gesamtleitung
Lamoth Reimann Archi­tekten, Wilen SZ / Zürich

 

Bauleitung
RD Bauleitung GmbH, Bubikon ZH

 

Massivbauingenieur
Schnetzer Puskas ­Ingenieure, Zürich

 

Holzbauingenieur
AG für Holzbauplanung, Rothenthurm SZ

 

Lieferant Massivholz­platten (Blockholz)
Pius Schuler, Rothenthurm

 

Energieplanung, Bau­physik
Enora AG, Jona SG

 

HLKS-Planung
Markus Rickenbach GmbH und Adrian Schuler, Bäch SZ

 

Solarplaner
CR Energie GmbH, Collombey VD

 

PV-Anlage
Anytech Solar, Huttwil LU

 

PV-Module
a2-solar Advanced and Automotive Solar Systems, Erfurt (D)

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