«Quo va­dis Ba­si­lea?»

Der Beitrag «Von der Verantwortung der Mächtigen» über die Planungen für das Roche-Areal in Basel in TEC21 11/2020 hat einige Reaktionen ausgelöst. Der Verfasser dieses Leserbriefs teilt die Zweifel des Autors.

Data di pubblicazione
06-05-2020

Mit grossem Interesse habe ich den Beitrag von Prof. Dr. Bernhard Furrer gelesen. Der Verfasser zeigt eindrücklich auf, was an baukulturellem Erbe bei der Umsetzung des Masterplans von H&deM auf dem Spiel steht. Der Verfasser appelliert an die Verantwortung der Akteure gegenüber dem bauhistorischen Erbe.

Als Architekturstudent kam ich mit den damaligen Bauverantwortlichen der Firma in Kontakt und damit natürlich auch mit der Architektur, die selbst in den Laborbauten jene vornehme Zurückhaltung und Ausstrahlung hat(te), deren einzigartige Qualität im Beitrag sehr treffend beschrieben wird. Ich war immer wieder sehr beeindruckt vom Respekt, den die Planer der Firma den Bauten von Salvisberg und Rohn entgegenbrachten. Die Architektur war der Ausdruck der Haltung der Firmeneigner.

Der Masterplan von H&deM ist demgegenüber ein grosses Fragezeichen. Geradezu grotesk im Gesamtkörper der Stadt wirkt die Ansammlung der verschieden hohen Hochhäuser. Es ist nicht erkennbar, wie dieser Masterplan Bezug nimmt auf die künftige Entwicklung der näheren und weiteren Umgebung des Firmenareals. Bei der neuen Situation entlang der Rheinfront stellt sich unwillkürlich die Frage, woher das Direktions- und Verwaltungsgebäude von Salvisberg noch seine Legitimation nehmen will, weiter zu bestehen. Ist seine Funktion die des architekturhistorischen Feigenblatts, mit dem die heutige Geschäftsleitung der ganzen Welt zeigen kann, wie sehr sie sich dem Standort Basel verbunden fühlt?

«Als Architekt bewege ich mich so durch die Welt, dass eigentlich jeder Ort denkmalwürdig ist. Diese Haltung zeichnet das Werk von H&deM aus. Eine grundlegende Methodik unserer Arbeit ist die der Appropriation, der Aneignung eines Orts» (Zitat Nr. 8 im Beitrag, Harry Gugger, Partner von H&deM). Wahrlich, dieser Ort wird angeeignet! Das Zitat spricht für sich.

Dass die Haltung der heutigen Firmenleitung  «globalisiert» ist, kommt im Zitat von Severin Schwan zum Ausdruck: «Die Verbundenheit mit Basel und der Schweiz ist TEIL (!) unserer Identität.» Und das neue Erscheinungsbild der Firma ist demzufolge «globalisiert».

Die Stadt Basel zeichnet sich aus durch ein sehr prägnantes, unverwechselbares und identitätsstiftendes Stadtbild. Die Identität ergibt sich aus der Geschichte der Stadt. Dieses Stadtbild wurde lange Zeit durch die beteiligten Akteure sorgfältig gepflegt.

Der Roche-Masterplan zeigt demgegenüber eindrücklich, dass heute das Gut Baukultur dem Gut Steuersubstrat untergeordnet wird, unterzuordnen ist. Und es ist zu vermuten, dass sich die Verantwortlichen der Stadt nicht bewusst sind, welches die Konsequenzen dieser Haltung sind.

Die Fussnote am Ende des Artikels verweist auf eine Stellungnahme des SIA zu den aktuellen Planungen. Allerdings ist diese «Stellungnahme» eher eine Erklärung, weshalb der SIA nicht Stellung nimmt. Der SIA hält sich nach eigenem Bekunden aus jeder Diskussion, die ja durchaus auch grundsätzlicher Natur sein könnte, heraus. Ist Sprachlosigkeit der Grund ist für diese Haltung? Immerhin ist es verdankenswert, dass jetzt dieser kritische Beitrag von Prof. Dr. Furrer abgedruckt wird. Es ist allerdings zu befürchten, dass er zu spät kommt. Die im Fall Roche handelnden Akteure haben ihre Figuren auf dem Schachbrett gesetzt.

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