Stadtplanung als Gebietsmanagement
Planung Hochschulgebiet Zürich Zentrum (HGZZ)
Das Stadtraumkonzept für die umstrittene Weiterentwicklung des Hochschulgebiets Zürich Zentrum soll die Planungsqualität in dem sensiblen Areal sicherstellen. Das nun vorliegende Weissbuch legt die entsprechenden Grundsätze fest. Ziel ist es, die Teilgebiete zu einem Quartier zu verbinden.
Der im August 2017 abgeschlossene Studienauftrag für das Stadtraumkonzept Hochschulgebiet Zürich Zentrum (HGZZ) suchte nach einem übergeordneten Prinzip für den Stadtraum. Es ging um die Klärung und Definition der verschiedenen Freiräume und speziell um die Ausformulierung der Zwischenräume. Das Siegerprojekt von KCAP Architects & Planners mit Studio Vulkan wurde zusammen mit Kanton und Stadt Zürich, dem Universitätsspital Zürich, der Universität Zürich und der ETH Zürich weiter ausgearbeitet und in ein verbindliches Regelwerk überführt.
Das resultierende Weissbuch verabschiedeten alle Beteiligten als Absichtserklärung im Sinn einer Selbstbindung. Die Umsetzung erfolgt mit den ordentlichen Planungsinstrumenten und Bewilligungsverfahren sowie in Abstimmung mit der Umsetzungsagenda des Masterplans Hochschulgebiet Zürich Zentrum.
Vom Stadtraum bis zum Zeithorizont
Das Weissbuch hält die verbindlichen Grundsätze und Prinzipien für das zukünftige lebendige Hochschulgebiet fest. Kernstück der integralen Betrachtung ist das Stadtraumkonzept, das sich in sieben Kapitel gliedert: Im ersten Kapitel werden die Prinzipien für den Stadtraum geklärt. Diese über das gesamte Gebiet gültigen Grundsätze geben Aufschluss über Freiraumgerüst, Solitärbäume, Quartiervernetzung, Porosität und Körnung, den inneren Städtebau, den Verkehrsraum als Stadtraum und die Choreografie der Nutzung. Mit den Regeln für Stadtraum und Baufelder werden im Kapitel zwei kurz die Grundlagen für die Freiraumtypen gelegt.
Das anschliessende Kapitel «Freiraumtypen» legt die charakteristischen Merkmale und Regeln für die einzelnen Gebiete ausführlich fest. Für den Gloriapark, die Parkschale, die Gloriakaskade, die Kulturmeile, die Sternwartkaskade, die Sternwartstrasse, die Stadtbalkone und die Gartensequenz (vgl. Plan oben) definiert es die relevanten Punkte zu Identität, Qualität, Atmosphäre, Gestalt, Verkehr, Weiterentwicklung und allgemeinen Risiken. Prinzipschnitte und Referenzbilder illustrieren die geplanten Absichten.
Im vierten Kapitel «Nutzungsstrategie» wird über das gesamte Hochschulgebiet ein vielfältiges Nutzungsszenario gelegt. Je nach Saison, Wochentag und Uhrzeit soll das Gebiet auf unterschiedliche Weise öffentlich genutzt werden. Das fünfte Kapitel befasst sich mit Verkehr und Mobilität, wobei es um die Konkretisierungen zum vorgegebenen Gesamtverkehrskonzept HGZZ und um die Formulierung der wichtigsten Anforderungen und Stossrichtungen geht.
Das Kapitel «Entwicklungsachsen / Zeithorizonte» klärt die künftige Realisierung. Für den langfristigen Planungszeitraum werden von der Umsetzung in Teilschritten über Entwicklungsachsen und Zeithorizonte bis hin zu temporären Freiräumen, Zwischennutzungen und Baulogistik die massgebenden Punkte festgehalten. Das siebte Kapitel definiert die Begleitung durch das Gebietsmanagement, von der Organisation über die Qualitätssicherung bis zur Nachführung.
Summa summarum handelt es sich hier um ein 70-seitiges Schlüsselwerk des Gebietsmanagements. Mit der Verabschiedung bekennen sich Institutionen und Behörden zur gemeinsamen Planung sowie zu einer qualitätsvollen Weiterentwicklung des Hochschulgebiets im Zentrum von Zürich. Die Messlatte liegt dabei hoch.
Trotz Marschhalt weiter
Momentan bremst das Baurekursgericht des Kantons Zürich aufgrund von Einsprachen die Pläne für das Hochschulquartier. Es hält im Entscheid vom 23. März 2018 fest, dass die kantonalen Gestaltungspläne für den umfassenden Umbau des Quartiers aufzuheben sind. Die kantonale Baudirektion reagierte umgehend und kündigte an, den Entscheid an das Verwaltungsgericht des Kantons Zürich weiterzuziehen. Die Baudirektion hält an der Auffassung fest, dass sie ihre planungsrechtlichen Instrumente korrekt angewendet hat, und beruft sich auf die Festsetzung im kantonalen Richtplan.
Endlich Bilder
Trotz diesen juristischen Zwischenschritten werden die beiden aktuell laufenden Architekturwettbewerbe weitergeführt. Der Ende 2017 ausgeschriebene Wettbewerb «Forum UZH» auf dem Areal Wässerwies läuft als internationaler, einstufiger Projektwettbewerb im selektiven Verfahren nach SIA 142. An der Ecke Rämistrasse / Gloriastrasse soll ein Bildungs- und Forschungszentrum für die Universität Zürich entstehen. Elf Generalplanerteams mit renommierten Architekturbüros werden Ende Jahr ihre Projekte einreichen.1
Beim mehrstufigen Studienauftrag «USZ Kernareal» für ein neues Spital auf dem Gebiet Kernareal-Ost wurden nach der Präqualifikation im vergangenen Sommer sieben Teams ausgewählt.2 Mit den Resultaten Ende 2018 / Anfang 2019 sollen aus den abstrakten Vorgaben und Mantelvolumen des Masterplans endlich konkrete Projekte werden.
Die Erwartungen an die Wettbewerbsresultate sind hoch. Zum einen werden die Projekte und Bilder den meisten helfen, sich die Bauvorhaben konkret vorzustellen. Zum anderen wird erstmals sichtbar, ob die Ziele der stadträumlichen Qualitätsansprüche eingehalten werden können. Mit anderen Worten: Das Weissbuch als Qualitätsinstrument wird zum ersten Mal auf die Probe gestellt.
Anmerkungen
1 Aus dem Bereich Städtebau/Architektur mit dabei sind: ARGE Adrian Streich / Schneider Studer Primas; ARGE Sou Fujimoto / Harry Gugger Studio; ARGE Baukunst / Bruther; ARGE Lacaton & Vassal / Schneider Eigensatz; ARGE Kuehn Malvezzi / Office Kersten Geers David Van Severen; ARGE Sauerbruch Hutton / Gmür & Geschwentner / López Rivera; Neutelings Riedijk; Herzog & de Meuron; Buchner Bründler; pool Architekten; EM2N.
2 Caruso St John Architects; Staufer & Hasler Architekten; Christ & Gantenbein; ARGE Gigon / Guyer-Dietsche; Nickl & Partner Architekten mit BS + EMI Architektenpartner; Max Dudler Architekten; Schneider & Schneider Architekten.
Planung HGZZ in TEC21
Das neue Hochschulquartier in Zürichs Zentrum war bei TEC21 bereits mehrfach Thema der Berichterstattung. Die entsprechenden Beiträge finden Sie in:
TEC21 42/2016: «Gewalttätiges Konzept»
TEC21 48/2016: «‹Der Studienauftrag lässt nichts Gutes erwarten›»
TEC21 1–2–3/2018: «‹Täuschende Virtual Reality im Universitätsquartier›»
TEC21 12–13/2018: «Die Suche nach dem Dazwischen»