Ri­jks­mu­se­um - zu­rück und vor­wärts

Zehn Jahre dauerte der Umbau des Amsterdamer Rijksmuseums, das Mitte April 2013 wiedereröffnet wurde. Die spanischen Architekten Antonio Cruz und Antonio Ortiz haben das Hauptwerk von Pierre Cuypers erweitert und dem ursprünglichen Zustand von 1885 angenähert.

Publikationsdatum
20-06-2013
Revision
10-08-2017

Die beiden aus Sevilla stammenden Architekten Antonio Cruz und Antonio Ortiz haben das bestehende Gebäude nur geringfügig verändert. Aber unter anderem wegen Aus­einandersetzungen um den Fortbestand der öffentlichen Passage, die das Museums­gebäude in zwei Hälften teilt, dauerte die ­Renovierung länger als die Errichtung des Nationalmuseums, für die Pierre Cuypers, der aus dem katholischen Roermond stammte, nur neun Jahre benötigt hatte.

Doch nun ist es endlich so weit: Das Kunstwalhalla der Niederlande, Cuypers' Hauptwerk von 1885, ein Stilgemisch aus Elementen der niederländischen Gotik und der Renaissance, ist jetzt in einer Gestalt sichtbar, die dem von Cuypers vollendeten Gebäude sehr nah kommt. Mit der Devise ­«Vorwärts mit Cuypers» – mit der die Mu­seumsleitung in der Öffentlichkeit punkten wollte – orientierten sich Cruz und Ortiz, die auch an den ETH ­Zürich und Lausanne lehrten, am ursprünglichen Gebäudeentwurf.

Restauriert ist ebenso die öffentliche Passage, die bis in die 1930er-Jahre hinein einen beidseitigen Arkadengang besass, aus­ser­dem ein majestätisches Tonnengewölbe, dessen Last von mit korinthischen Kapitellen bekrönten Rundsäulen aufgefangen wurde. Und die gross­artige Seitenhalle, die einst mit Wandgemälden und farbigen Glasfenstern geschmückt, später leer geräumt und weiss übermalt ­worden war, ist in alter Pracht wiederhergestellt worden. Nur der Fussboden ist heute aus venezianischem Terrazzo.

Am deutlichsten wird die Devise der Spanier bei der ­Renovierung der zuvor ebenfalls weiss gestrichenen Galerieräume und besonders der Ehrenhalle, die jetzt, unter dem gross­zügigen Oberlicht, in leuchtendem Blau erstrahlt. Die Annäherung an den ursprüng­lichen Zustand zeigt sich auch an der grossartigen zweigeschossigen Bibliothek, die über insgesamt drei Galerien verfügt. Heute ist sie, originalgetreu restauriert, als wahrhaftes Kleinod innerhalb des riesigen Museums zu bewundern.

Der grösste Aufwand galt allerdings dem ­Atrium, um das herum die Räume der Gemäldegalerie gruppiert sind. Dieses Atrium bestand vormals aus zwei Innenhöfen, die durch die quer verlaufende öffentliche ­Passage voneinander getrennt worden sind. Cruz und Ortiz senkten die beiden Höfe unter der Geländeoberkante ab, sodass heute ein unterirdischer Gang die Patios miteinander verbindet. In diesem leicht verschatteten Bereich wurden die Serviceeinrichtungen untergebracht.

Doch die Blicke der Besucher richten sich zwangsläufig hinauf zum gewölbten Glasdach, von dem Kronleuchter herabhängen – luftige, quaderförmige Gebilde aus Holz- und Metallelementen, die Raumgefühl und Akustik verbessern helfen. Die andalusischen Architekten haben indes nicht nur renoviert, sie haben das Rijks­museum auch modernisiert und durch zwei Anbauten erweitert.

Besonders fällt der Asiatische Pavillon für die asiatische Sammlung auf. Der frei stehende, durch einen Tunnel mit dem Hauptgebäude verbundene Pavillon ist das vielleicht persönlichste Statement der beiden Spanier. Nur von dem zwei­geschossigen Anbau aus bietet sich ein ­unmittelbarer Blickkontakt nach draussen, wo die Mitarbeiter von Copijn Landschafts­architekten noch damit beschäftigt sind, ­einen grosszügigen Skulpturengarten anzulegen, der auf Cuypers' Entwurf von 1901 zurückgeht. Ausstehend ist nun noch der Philips-Flügel, in dem das Notprogramm mit den Meisterwerken des Rijksmuseum ausgestellt war. Ihn sollen die Architekten zu einem Ort für Wechselausstellungen gestalten.

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