Li­na Bo Bar­di zum Zwei­ten

Seit Juni zeigt das Zürcher Johann Jacobs Museum eine Ausstellung zur italienisch-brasilianischen Architektin Lina Bo Bardi. Jetzt wurde der zweite Teil der Reihe eröffnet.

Publikationsdatum
02-10-2014
Revision
01-09-2015

Im ersten Teil, der von Anfang Juni bis Ende September zu sehen war, beschäftigte sich das Museum unter dem Titel «Lina Bo Bardi, 1914 in Rom geboren» mit einer Ausstellung im Volkskunstmuseum in Salvador, die die Architektin, Journalistin und Designerin 1963 kuratierte. 1946 war Bardi, die in Mailand auch im Büro von Giò Ponti tätig gewesen war, mit ihrem Ehemann Pietro Maria Bardi nach Brasilien ausgewandert. Sie konnte sich ein Leben im postfaschistischen Nachkriegsitalien nicht vorstellen.

Die aktuelle Schau widmet sich unter dem Titel «3 Orte» drei ihrer räumlichen Interventionen: dem Kunstmuseum São Paulo MASP (1957–1968), dem nur ein halbes Jahr nach seiner Eröffnung 1963 von der Militärjunta geschlossenen Volkskunstmuseum in Salvador und dem Kultur- und Sportzentrum SESC Pompeía (1977–1986), wohl ihrem bekanntesten Projekt.

Wer nun aber eine Flut an Modellen, Plänen oder ähnlich Handfestem erwartete, wird enttäuscht. Die Orte werden – getreu dem Prinzip der Wunderkammer – in aus Alltagsgegenständen arrangierten Tableaus thematisiert, Informationen nur sehr spärlich verteilt. Der Zugang soll intuitiv erfolgen, die Exponate sind nicht angeschrieben, die Arrangements nicht erklärt. Am Boden aufgestellte Videoscreens zeigen Szenen aus den genutzten Gebäuden.

Das ist ungewohnt, und ohne Hintergrundwissen zu Biografie und Haltung der Architektin kaum zu verstehen. Allerdings spiegelt sich darin der Geist wider, den Bardi in ihren eigenen Sammlungen und Ausstellungen pflegte: Sich ohne Vorverständnis auf ein Objekt oder eine Installation einzulassen – unabhängig davon, ob es sich dabei um ein Kunstwerk oder um einen Alltagsgegenstand handelt. Die Anordnung lässt Raum für Reflexionen, wer möchte, findet Inspirierendes – und entdeckt die Neugier auf das Œuvre von Lina Bo Bardi.

PS: Ein architektonisches Highlight findet sich aber doch: Die Villa selbst, die das Museum beherbergt. 1913 von Otto Honegger erbaut und 2010 bis 2013 von Miller & Maranta instandgesetzt, empfängt sie die Besucher mit wunderschönem Entrée und sehenswerter öffentlichen Bibliothek.

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