Drei Fassaden, drei Strategien
Das alte Felix Platter-Spital ist in der Stadt Basel besonders wegen seiner einprägsamen und sehr unterschiedlich gestalteten Fassaden bekannt. Bei der Umnutzung vom Spital zum Wohnhaus mussten dann auch ganz unterschiedliche Sanierungskonzepte angewendet werden.
Mit Baubeginn der Umnutzung des alten Felix Platter-Spitals zum Wohnbau zeigte sich, dass die Instandsetzung der Betonfassade nicht sehr aufwendig werden würde. Die gut erhaltenen Elemente wurden gereinigt und wo nötig instand gesetzt. Die hinter der Betonfertigteilfassade montierten Holzfensterrahmen und die Gläser wurden ersetzt.
Ein Teilbereich der Betonfertigteilfassade wurde ursprünglich als «Risalitfassade» erstellt. Die bestehende thermische Hülle wurde vollständig ersetzt und die alten Metallfenster durch Holzmetallfenster ausgetauscht. Um diese Fassade optisch zu erhalten und trotzdem wirtschaftlich zu bleiben, suchten die Planenden nach einer standardisierten Gesamtlösung, die den Bestand möglichst originalgetreu nachbilden konnte. Mit der Denkmalpflege wurden bestimmte Parameter, wie Rahmenansichtsbreiten, definiert, von denen die Produzierenden nur geringfügig abweichen durften. Die Unternehmen legten der Offerte Musterbeispiele bei, die von der Denkmalpflege geprüft wurden.
Identität statt Abriss
Im ehemaligen Felix Platter-Spital in Basel aus den 1960er-Jahren wird ab Ende 2022 gewohnt. Der ursprünglich geplante Abriss konnte durch eine Umnutzung für die Genossenschaft wohnen & mehr abgewendet werden. Im Konzept des «Miteinanderhauses» der ARGE Müller Sigrist / Rapp Architekten bringt ein vielfältiger Wohnungsmix die unterschiedlichsten Gruppen unter einem Dach zusammen.
Sowohl Sonnen- als auch Brandschutz waren bei den Arbeiten besonders herausfordernd, da die Aufdopplung der Rahmen, die für die energetische Sanierung notwendig war, nicht sichtbar sein durfte. Da das ehemalige Felix Platter-Spital zu den Hochhäusern zählt, galten erhöhte Anforderungen im Brandschutz. Zur Verhinderung des geschossweisen Brandüberschlags mussten zum Beispiel die neuen Holzfenster bei der Betonrippenfassade mit EI30-Fenstern ausgeführt werden. Die Ausführung bedingt erheblich teurere Eichenrahmen (anstatt Fichte) und Brandschutzverglasungen. Auch hier mussten die neu gestalteten Bereiche bemustert und von der Denkmalpflege abgenommen werden.
Keine leichte Aufgabe für das Planerteam war der Erhalt der Aluminiumrahmenfassade auf der Südseite des Gebäudes. Die ursprünglichen Elemente – die Fenster, die feststehenden Elemente der Fassade oder die Seitenteile – halten die heutigen Dämmvorschriften nicht mehr ein. Alles ist mit nur 8 cm Dicke aufgebaut. Bei einer energetischen Sanierung dieser Fassade hätte man sie komplett erneuern müssen – was eine Einzelanfertigung nahezu jedes Elements der Aluminiumrahmenfassade bedeutet hätte.
Ganz abgesehen davon, dass kaum ein Betrieb heutzutage noch über Maschinen verfügt, die die Rahmenteile in solch feinen Massen produzieren können, läge eine Neuanfertigung preislich weit ausserhalb des für eine Genossenschaft leistbaren Bereichs. Um ein maximal zurückhaltendes Ergebnis zu erzielen, mit einem minimalen Eingriff in die Originalfassade, entschieden sich die Planenden für eine innere Hülle – eine vollverglaste Fassadenschicht hinter der Ursprungsfassade.
Die Faltung der innen liegenden Fassade ist gegenläufig zur Aussenfassade ausgeführt, wodurch spannende Raumfiguren im Zwischenraum entstehen. Diese Räume bilden Klimapuffer und Loggien für die neuen Bewohnerinnen und Bewohner. Mit diesem Vorgehen konnten die Planenden die thermische Hülle im Innern gewährleisten, während sich die äussere Fassade kaum veränderte. Neuerungen wurden nur in einigen Feldern vorgenommen, in denen die Festverglasung gegen Schiebeelemente ausgetauscht wurden. Zudem mussten die Absturzsicherungen auf dem heute vorgeschriebenen Höhenniveau ergänzt und ein neuer Sonnenschutz auf den Kippflügeln montiert werden, der den heutigen Hochhausnormen entspricht.
Die Südfassade wurde dann im Bestands- bzw. Substanzerhalt saniert. Das bedeutet, es werden nicht Nachbauten der Originalteile eingebaut, sondern Bauteile wie Scharniere oder Fenstergriffe werden ausgebaut, repariert, gereinigt und wieder eingebaut. Dieses Wiederaufbereiten ist zeitintensiv und verursacht Mehrkosten. Glücklicherweise stellte der Kanton Basel-Stadt für die Mehrkosten beim Bestandserhalt Subventionsgelder zur Verfügung. Der Aufwand musste zwar von der Genossenschaft wohnen & mehr nachgewiesen und vom Kanton bewilligt werden – es entstanden keine automatischen Zahlungen –, trotzdem konnte wohnen & mehr somit einige der für die Sanierung des Baus entstehenden Kosten decken.