Leh­re und For­schung kar­to­gra­fiert

Die Jahresausstellung 2013 des Departements Architektur der ETH Zürich dokumentiert die Arbeiten der Studierenden sowie Lehre und Forschung der Hochschule ebenso übersichtlich wie sorgfältig – in Plänen, Modellen und Fotografien.

Data di pubblicazione
17-10-2013
Revision
30-10-2015

«Der Raum als Haus in der Stadt», «Von der Stadt zum Haus», «Architektur als Infrastruktur», «The City + Energy», «Grenchen verdichten», «Visualize ComplexCity», «Orte schaffen», «Informal Vertical Communities», «Urban Stories», «Hidden Zurich»: Bereits eine kleine Auswahl der Themen, die während der vergangenen zwei Semester in Lehre und Forschung am D-ARCH behandelt wurden, zeigt die Bedeutung, die im weitesten Sinn dem Gemeinwesen beigemessen wurde. Dies illustriert die Jahresausstellung 2013 an der ETH auf dem Hönggerberg. 

Präsentiert werden einerseits Arbeiten von Studierenden aus dem Entwurfs-, Konstruktions- und Gestaltungsunterricht vom ersten Semester bis zum Masterdiplom. Andererseits dokumentiert die Ausstellung ausgewählte Studien aus Lehre und Forschung der Institute für Geschichte und Theorie der Architektur (gta), für Technologie in der Architektur (ITA), für Denkmalpflege und Bauforschung (IDB), für Städtebau (ISB) und für Landschaftsarchitektur (ILA) sowie des Netzwerks Stadt und Landschaft (NSL) und des ETH Studio Basel/Institut Stadt der Gegenwart. Anschaulich zeigt sie so, wie die Forschung mit dem Entwurf verknüpft ist. 

Vielfältige nutzbare Räume waren etwa die Bande zwischen der «roh, rau und robust» entworfenen Architektur und der Untersuchung der Entwicklung von Cidade de Deus in Rio de Janeiro am Lehrstuhl Marc Angélil am ISB. Die Vertikalität bildete gewissermassen die Klammer zwischen dem Architektur- und Städtebauwettbewerb in Hanoi und der informellen Gemeinschaft in der Torre David in Caracas. Für deren ebenfalls am ISB entdeckte Qualitäten wurden Alfredo Brillembourg und Hubert Klumpner an der Architekturbiennale in Venedig 2012 mit dem Goldenen Löwen ausgezeichnet (vgl. «Goldener Löwe für zwei ETH-Professoren»). Den Kiosk, den Günther Vogt mit seinen am ILA Studierenden in der Lagunenstadt aufbaute, möchte man fast als urbanes Pendant zur Einsiedelei sehen, um die sich eines der in seinem Entwurfsstudium entstandenen Projekte drehte.

Davon, dass am ITA-Lehrstuhl von Joseph Schwartz gelehrt wird, welche formgebende Wirkung die im Tragwerk wirkenden inneren Kräfte haben, zeugt spektakulär etwa das Modell eines Sonnendachs. Um die grafische Statik als zentrales Unterrichtselement dreht sich auch die Tragwerkslehre bei Philippe Block. An dessen computerunterstützte Entwicklung von unbewehrten Steingewölben wiederum dockt die digitale Fabrikation bei Fabio Gramazio und Matthias Kohler an. Durchlässigkeit herrschte auch departementsübergreifend: Am ILA-Lehrstuhl von Christophe Girot etwa wurde das KTI-Projekt «4D Sites» mit den Mitteln des bei den Ingenieurwissenschaften angesiedelten Visual Computing auf die Beine gestellt.

Wes Geistes Kind 

Naturgemäss spiegelt sich auch in diesem Jahrgang die jeweilige Professur. Extreme markieren die Studien, die aus der Gastprofessur von Winy Maas, und jene, die bei Peter Märkli und Markus Peter entstanden. Erstere spekulierten im «Transformer City»-Projekt über intelligente Räume, die sie sich als wie Barbapapa-Figuren knetmassenähnlich veränderbare Objekte vorstellten. Die Studierenden bei Märkli/Peter hingegen, die sich ebenfalls mit der Wand bzw. der Fassade befassten, waren zuerst einmal gefordert, «die verlorenen sprachlichen Mittel wieder zurück(zu)gewinnen» und anschliessend die Grammatik, sprich: die Konstruktion einer Fassade, minutiös zu modellieren.

Zwischen Stadt und Oase

Bei Andrea Deplazes wurde ein «idealtypisches Wohnhaus» zunächst ohne Rücksicht auf den Kontext entwickelt, um danach das städtebauliche Umfeld einfliessen zu lassen. Umgekehrt galt es bei Dietmar Eberle, drei konkrete Bauplätze in Zürich, umgeben mit Bauten aus verschiedenen Epochen – Mittelalter, Gründerzeit, Moderne – zu analysieren, um die Stadt in den architektonischen Entwurf eines Hauses zu integrieren. Den Fokus auf die Beziehung zwischen Haus und Stadt legte Christian Kerez.

Hier sollten sich die Studierenden nicht mit der äusseren volumetrischen Einfügung begnügen, sondern auch die Zugänglichkeit und die unterschiedlichen Perspektiven berücksichtigen: den Blick von aussen auf das Objekt und denjenigen von innen auf die Umgebung. Urbanen Einrichtungen galt der Fokus von Annette Gigon und Mike Guyer (drei Schulen und ein Kongresshaus), Miroslav Šik (Kulturhalle Irchel), Manuel Herz (Institutionen in der Stadt). Unwirtlichen Gegenden widmeten sich Kees Christiaanse (der Rückseite des Amsterdamer Flughafens Schiphol) und Roger Diener, Jacques Herzog, Marcel Meili, Pierre de Meuron und Christian Schmid (Maskat und Oman – Neuordnung einer Wüstenstadt).

Komplementär

Bei flüchtigem Hinschauen muten die Themenstellungen von Christ/Gantenbein und Adam Caruso verwandt an, entpuppen sich  dann aber als inkompatibel. Erstere versuchten unter dem Motto «Learning from Paris» einen «Typologie-Transfer» nach Basel. Historisch war indes vor allem das Darstellungsmittel, die Vedute. Und während bei Christ/Gantenbein die vorgefundene Qualität radikal zu transformieren war, drang man bei Caruso zum Wesen der Substanz vor, um den Bestand im Sinne Ruskins zu erweitern.

Die Ruine wurde von Tom Emerson als Fundus für Wiederverwertung ausgeschöpft. Mit dessen «Nachbildung» von Sir John Soanes Picture Room im Kopf, die bis vor Kurzem auf dem ETH-Campus zu besichtigen war, begibt man sich in der Ausstellung zu Uta Hasslers opulenter Dokumentation der IDB-Forschung. Die Nähe zum Entwurf bzw. zur Ausbildung wird auch am gta praktiziert: In Philippe Ursprungs Lerncanapé wurden die beruflichen Perspektiven der Architekten ausgelotet.

Der Deutung der künstlichen Umwelt hat sich Ákos Moravánsky verschrieben, der Stadt im 20. Jahrhundert Vittorio Magnago Lampugnani, den Gebäuden als Maschinen Laurent Stalder und dem Kulturtransfer und interdisziplinärer Forschung Andreas Tönnesmann. Eine ihrer Fundstätten ist das gta-Archiv (Bruno Maurer); reflektiert werden sie in den gta-Ausstellungen (Philippe Carrard) und im gta-Verlag (Veronika Darius), der auch Katalog und Ausstellung konzipiert hat (Ulrike Steiner).

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