Im Einsatz für den SIA
Drei neue Mitglieder bereichern den SIA-Vorstand – Matthias Gmür, Harry Gugger und Michael Roth. Was ihre Motivation für dieses Amt ist und welche Ziele die drei für den Verein haben, erläutern sie in Kurzinterviews.
Nachdem Chris Luebkeman, Urs Rieder und Simone Tocchetti aus dem Vorstand zurückgetreten sind, hat der SIA auf die Delegiertenversammlung 2025 gleich drei neue Vorstandsmitglieder gesucht: eines aus der Berufsgruppe Technik und zwei aus der Berufsgruppe Architektur. Die Delegierten sind den Anträgen der Findungskommission nachgekommen und haben Matthias Gmür, Harry Gugger und Michael Roth Anfang Mai in den Vorstand gewählt.
Der 37-jährige Matthias Gmür ist Umweltingenieur sowie Mitbegründer und Geschäftsführer der s3 GmbH. Sein Engagement für den SIA ist gross: Rund ein Jahr nach seinem Vereinsbeitritt hat er bereits das Präsidium der Berufsgruppe Technik (BGT) übernommen. Ein Amt, das er mit dem Wechsel in den Vorstand wieder abgibt.
Inwiefern ist das Amt im Vorstand die logische Fortsetzung Ihres BGT-Präsidiums?
Matthias Gmür: Für mich war das Präsidium der BGT eine bereichernde Erfahrung, bei der ich die Anliegen und Herausforderungen der Technikberufe im
SIA und darüber hinaus vertreten durfte. Der Wechsel in den Vorstand ist für mich die logische Fortsetzung, weil ich die Möglichkeit sehe, die Perspektiven und Bedürfnisse der BGT auf Verbandsebene noch stärker einzubringen und aktiv an der strategischen Weiterentwicklung des SIA mitzuwirken. Es ist mir ein Anliegen, die Brücke zwischen den verschiedenen Berufsgruppen zu schlagen und die interdisziplinäre Zusammenarbeit zu fördern.
Was muss sich Ihrer Meinung nach im SIA ändern – oder muss sich überhaupt etwas ändern?
Gmür: Der SIA ist eine starke und traditionsreiche Organisation, die sich aber auch immer wieder neu erfinden muss, um
relevant zu bleiben. Ich wünsche mir, dass wir noch offener werden für neue Themen und innovative Ansätze, insbesondere im Bereich Digitalisierung und Nachhaltigkeit. Gleichzeitig sollten wir die Mitglieder stärker einbinden und den Dialog fördern. Veränderung ist kein Selbstzweck, aber sie ist notwendig, um auf die Herausforderungen der Zukunft vorbereitet zu sein.
Wo sehen Sie die Bau- und Planungsbranche in zehn Jahren?
Gmür: Ich bin überzeugt, dass die Branche in zehn Jahren deutlich nachhaltiger, digitaler und vernetzter sein wird. Themen wie Kreislaufwirtschaft, erneuerbare Energien und smarte Gebäude werden noch stärker in den Fokus rücken. Gleichzeitig wird die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Disziplinen immer wichtiger, um ganzheitliche Lösungen zu entwickeln. Die Anforderungen an uns Planende werden komplexer, aber auch spannender.
Mit Harry Gugger hat der SIA eine Koryphäe in den Vorstand gewählt. Der 68-jährige Architekt war fast zwei Jahrzehnte Partner bei Herzog & de Meuron, bevor er sein eigenes Architekturbüro, Studio Gugger, gründete. Zudem war er während 16 Jahren ordentlicher Professor an der École Polytechnique Fédérale de Lausanne (EPFL) und Gewinner des Prix Meret Oppenheim im Jahr 2004.
Herr Gugger, Sie wären eigentlich im Pensionsalter, könnten sich zurücklehnen und geniessen. Wieso engagieren Sie sich für
den SIA?
Harry Gugger: Ich bin noch in meinem Büro tätig, habe dort jedoch die Nachfolge geregelt und auch keine operative Verantwortung mehr. Ich lehne mich also nicht gerade zurück, geniesse aber den Fokus auf meine fortwährende Projektarbeit. Als Professor bin ich emeritiert, so sind Freiheiten entstanden, die mein Engagement für den SIA erlauben. Dieser hat mich in meiner beruflichen Tätigkeit entscheidend unterstützt. Grund genug, nun etwas zurückzugeben.
Sie waren lange in der Ausbildung tätig und sind selbst klassisch ausgebildeter Architekt. Die Masterarbeiten von jungen Architekturabsolvierenden belegen, dass die aktuelle Generation von Architekturschaffenden neue Schwerpunkte setzt. Sie beschäftigen sich beispielsweise stärker mit gesellschaftlichen Fragen und der Rolle der Architekten an sich. Wie sollte sich der SIA entwickeln, um diese jungen Architektinnen und Architekten für sich zu begeistern?
Gugger: Selbst auf Hochschulstufe hat sich die Architekturausbildung in der Schweiz immer durch einen grossen
Praxisbezug ausgezeichnet. Wir haben unsere Studierenden zu Baukünstlerinnen, aber auch zu Konstrukteuren ausgebildet. Dies hat entscheidend zur hohen Baukultur in der Schweiz beigetragen. Es muss uns gelingen aufzuzeigen, dass das verantwortungsvolle Bauen nicht das Problem darstellt, sondern zur Lösung der anstehenden Probleme beitragen kann.
Wie müsste sich der SIA generell für die junge Generation von Planenden stark machen?
Gugger: Über das vom SIA strukturierte Wettbewerbswesen hat sich unser Verein traditionell für die Nachwuchsförderung engagiert. Die zunehmende Komplexität der Wettbewerbe muss gestoppt werden. Die Anforderungen müssen so vereinfacht werden, dass die Wettbewerbe auch jungen, unerfahrenen Architektinnen und Architekten eine faire Chance bieten. Und natürlich müssen wir rasch eine Ordnung für Leistungen und Honorare etablieren, welche den jungen Planenden eine einfache Handlungsanweisung bietet und ihnen ein angemessenes Auskommen garantiert.
Michael Roth ist ebenfalls Architekt und 54 Jahre alt. Er ist Partner und Mitinhaber von Diener & Diener Architekten sowie Vorstandsmitglied des BSA Basel. Ihm liegen grosse Themen am Herzen wie die Sicherung einer hohen Baukultur, ein ressourcenschonender Umgang mit unserer gebauten Umwelt, die Dekarbonisierung von Bauprozessen oder die Schaffung fairer Beauftragungs- und Arbeitsbedingungen.
Herr Roth, Mitte Juni fand die erste Vorstandsklausur statt. Was ist ihr Eindruck und wie sehen Sie ihre Rolle innerhalb des Vorstands?
Michael Roth: Die Stimmung im Vorstand ist von grosser Motivation und einer gemeinsamen Ausrichtung nach vorne geprägt. Gemeinsam mit Susanne Zenker, die ihr Amt als Präsidentin vor einem Jahr mit viel Elan übernommen hat, und dank der Erfahrung der langjährigen Mitglieder sowie der frischen Perspektive der drei Neugewählten sind wir gut gerüstet für die anstehenden Aufgaben. Als neues Vorstandsmitglied ohne bisherige Funktion im SIA sehe ich meine Rolle in der ersten Phase vor allem darin, eine Aussensicht einzubringen – einen frischen Blick, der bestehende Perspektiven sinnvoll ergänzen und zur Weiterentwicklung beitragen kann.
Wenn Sie in die Zukunft des SIA schauen, welche strategischen Handlungsfelder zeichnen sich für Sie ab und wo wollen Sie ansetzen?
Roth: Mir erscheint insbesondere eine stärkere Sichtbarkeit unserer Positionen gegenüber Gesellschaft und Politik als wichtig. Beides – eine sichtbare Präsenz nach aussen und eine agile, zukunftsorientierte Vereinsstruktur – ist entscheidend, um die Wirkung des SIA nach innen und aussen zu stärken und insbesondere auch junge Berufsleute für eine aktive Mitwirkung im Verband zu gewinnen.
Sie sind ein klassisch ausgebildeter Architekt. Aktuell wandelt sich aber das Berufsbild stark. Ist der Verein als Gesamtes und insbesondere der Vorstand auf diesen
Wandel vorbereitet?
Roth: Architektinnen sind grundsätzlich Generalistinnen. Der SIA leistet mit seiner fachlich fundierten Arbeit einen wichtigen Beitrag zur Professionalisierung unserer Disziplinen und stellt zentrale Werkzeuge bereit, um Herausforderungen wie dem Klimawandel wirksam zu begegnen. Gleichzeitig besteht die Gefahr, dass diese starke fachliche Ausdifferenzierung zu einer zunehmenden Spezialisierung führt. Dadurch gerät der generalistische Blick in den Hintergrund. Bei aller Wertschätzung für das hohe fachliche Niveau, das die Mitglieder in die Normen- und Ordnungsarbeit einbringen, halte ich es für ebenso zentral, den Blick aufs Ganze zu bewahren. Gerade darin sehe ich eine der wesentlichen Aufgaben unseres Berufs: komplexe Zusammenhänge zu erfassen, zu gestalten und verantwortungsvoll weiterzuentwickeln.