A1: In­stand­se­tzung der Meist­be­fah­re­nen

«Zürich-Ost, Brüttiseller Kreuz, Effretikon» sind wohl einige der meistgehörten Ortsnamen im Verkehrsradio. Der 12 km lange Abschnitt der Autobahn A1 ist die meistfrequentierte Strecke der Schweiz mit Stau an 355 Tagen im Jahr. Das derzeitige Instandsetzungsprojekt verschärft dies noch, soll aber ab dem kommenden Jahr für eine gewisse Entspannung sorgen.

Data di pubblicazione
07-12-2020

Strasseninstandsetzung wird gern als «Einbau eines neuen Deckbelags» angesehen, oder salopp gesagt: «Da wird asphaltiert.» Man kennt den Anblick vom Vorbeifahren: In Sig­nalfarbe mehr oder weniger bekleidete Arbeiter mühen sich oft bei hochsommerlichen Temperaturen mit grossen Maschinen an der prallen Sonne ab und verpassen einer abgefrästen Strasse einen neuen Belag. Der Bitumengeruch kriecht auch in das klimatisierte Auto. Krebserzeugender Teer mit seinem Gestank ist zum Glück schon lange Zeit tabu, der Blick auf die sonnengebräunten Hautpartien lässt heute dafür an Hautkrebs denken.

Es ist ein hartes Geschäft, so eine Fahrbahn­erneuerung: Hitze, Kälte, Abgase und Gestank, Zeitdruck, Nachtarbeit, Lärm und unendliche vorbeizie­hende Blechlawinen mit genervten Insassen, die sich fragen, was an diesem bisschen Belagsauftrag so lang dauert. Und doch ist dies nur ein Ausschnitt einer modernen Strasseninstandsetzung, ein Hauptakt zwar, aber beileibe nicht das ganze Szenario.

Dass die Wiederherstellung einer Strasse, ­besonders einer Autobahn, etwas mehr ist als nur deren Neuasphaltierung, kann man sich schon anhand der Kosten vor Augen führen: 210 Millionen Schweizer Franken sind veranschlagt, um den Abschnitt zwischen der Verzweigung Zürich-Ost und dem Anschluss Effretikon instandzusetzen und teilweise für eine spätere Pannenstreifen­umnutzung (PUN) vorzubereiten – diese sollen zur Verkehrs­entlastung ebenfalls lokal als Fahrstreifen benutzt werden können.

153 Millionen Franken braucht es für die Realisierung, der Rest ist Projektierung, Land­erwerb, Reserve und Mehrwertsteuer. Von diesem Betrag entfallen 104 Millionen Franken auf das Trassee, 12 Millionen fliessen in die Ertüchtigung der Kunstbauten, 15 Millionen braucht es für die Entwässerung und den Umweltschutz, und die Betriebs- und Sicherheitsanlagen schlagen mit 23 Millionen Franken zu Buche.

Man erkauft sich dadurch mindestens 15 Jahre ohne weitere grössere Instandsetzungsarbeiten. Es ist eine immense Summe und auch ein enormer Aufwand – immerhin beträgt die Streckenlänge nur knapp 12 km. Allerdings muss erwähnt werden: Es handelt sich hierbei um den meistbefahrenen Streckenabschnitt der gesamten Schweiz; 156 000 Fahrzeuge pro Tag rollen auf dem Teilstück Zürich-Ost–Wallisellen über diese Hauptverkehrsader, die meisten selbstverständlich zu den Stosszeiten morgens und abends.

Lesen Sie auch: «Das Geld liegt in der Strasse»

Dass diese Belastung an einer Strasse aus den 1970er-Jahren nicht spurlos vorübergeht, liegt auf der Hand. Trotz regelmässigem Unterhalt ist sie in die Jahre gekommen. Die Verkehrsprognosen zu ihrer Bauzeit sind mittlerweile ebenfalls weit überholt. Letzteres ein Grund, den Abschnitt auch verkehrstechnisch möglichst auszureizen, was man an den neuen Beschilderungen erkennen kann.

Harmonisch ans Ziel

42 neue Signalportale – das längste ist 53 m lang – überspannen den Streckenabschnitt und sollen mittels  Geschwindigkeitsharmonisierung für einen besseren Verkehrsfluss sorgen. Kameras und Sensoren auf den Portalen überwachen Fluss und Dichte des Verkehrs und übermitteln diese an die nationale Verkehrmanagementzentrale Emmen. Bei erhöhtem Verkehrsaufkommen wird die zulässige Geschwindigkeit herabgeregelt.

Die Dimensionen eines solchen Portals und der Aufwand, der dahinter steckt, werden vom Fahrzeug aus gesehen gern unterschätzt. Allein 160 km verlegte Kabel, teilweise in Kabelrohrblöcken, sind nötig, um die 42 Signalportale, die insgesamt 900 t auf die Waage bringen, zu betreiben. Ein Richtungsschild ist bis zu 5 m hoch und hängt mindestens 4.90 m über der Fahrbahn.

Die Installation der horizontalen Portale geschah jeweils während 15-minütigen Vollsperrungen der Autobahn in den Nachtstunden. Mit einem Autokran wurden sie in ihre Position auf die vertikalen Stützen eingehoben, die bereits während laufendem Verkehr eingebaut worden waren.

Sensoren für Salz und Statistik

Auch über ein Glatteis-Frühwarnsystem verfügt die Strecke. In der Fahrbahn eingebaute Sensoren und Wetterstationen in der Nähe der Autobahn übermitteln Daten an die zuständige Gebietseinheit, die das Räumen und Salzen der Autobahn übernimmt. Und die Statistik wird ebenfalls bedient. Zehn verschiedene Fahrzeugtypen können in den Signalportalen angeordnete Sensoren erkennen, kategorisieren und zählen.

Wasser abführen und abschotten

Nicht nur Tausalz belastet das ablaufende Strassenwasser, auch Abrieb, Staub und chemische Substanzen ­müssen gefasst und sicher abgeführt werden. Vor der Instandsetzung erfolgte die Abwasserfassung über Schächte, von denen das Wasser über Rohrleitungen zu den SABA (Strassenabwasserbehandlungsanlagen) geleitet wurde. Neu verbessern nun Schlitzrinnen die Abwasserableitung. Zwei neue SABA werden zu einem späteren Zeitpunkt in einem eigenen Projekt den Abschnitt ergänzen.

Lesen Sie auch: «Einhausung Schwamendingen: Tagbautunnel gegen den Lärm»

Im Bereich östlich des Brüttiseller Kreuzes war nicht nur Abwasser ein grosses Thema, Grundwasser stand zuoberst auf der Agenda. Nicht anstehendes Grundwasser war das Problem, sondern der unbedingte Schutz desselben. Hier quert die Autobahn zwei Schutzzonen von überregionaler Bedeutung, die Grundwasserreservoire Girhalden (südlich) und Büel (nördlich der A1). Sie gehören zur Gruppenwasserversorgung Lattenbuck, ein Zweckverband, der die politischen Gemeinden Bassersdorf, Wangen-Brüttisellen, Dietlikon, Illnau-Effretikon/Lindau, Nürensdorf und Wallisellen mit Wasser versorgt. Ein Einsickern verschmutzter Flüssigkeiten, etwa aus der Leckage eines Fahrzeugs nach einem Unfall, hätte im Gebiet der Grundwasserreservoire schwerwiegende Folgen.

Die ausführliche Version dieses Artikels ist erschienen in TEC21 37/2020.

Gesamtprojektleitung
Bundesamt für Strassen Astra, Infrastrukturfiliale Winterthur


Bauherrenunterstützung
INGE «Züff»: c/o Techdata, Zürich


Projektverfasser / Bauleitung Trassee / Kunstbauten
IG ZOE: c/o B + S, Zürich


Projektverfasseung BSA
AFRY, Zürich


Baumeisterei Hauptarbeiten
ARGE ZOE-IC: c/o Implenia Schweiz, Zürich


Stahlbau
Senn, Oftringen


Geologie
Dr. Heinrich Jäckli, Zürich


Verkehr
Yaver Infrastructure &  Services, Zürich


Bauherrenvermessung
Gossweiler Ingenieure, Dübendorf


Umweltbaubegleitung 
IG E + B – SC + P: c/o Emch + Berger, Bern


Information und Kommunikation
Leuzinger & Benz, Rapperswil-Jona


Bauzeit
2017–2021


Inbetriebnahme
Sommer 2021


Kosten
210 Millionen Franken (gesamt)
153 Millionen Franken (Realisierung)

Magazine

Articoli correlati