Noch Luft nach oben

BWA Jahresbericht 2019

Das Wettbewerbswesen in der Schweiz ist ein wertvolles kulturelles Gut. Wie jede Errungenschaft muss es aber auch gepflegt und weiterentwickelt werden. Gleichzeitig gilt es, Qualität und Anspruch an den Architekturwettbewerb aufrechtzuerhalten, und wo nötig, mit Engagement zu verteidigen. Beide Anliegen haben den unabhängigen Beobachter für Wettbewerbe und Ausschreibungen BWA 2019 bewegt und gefordert.

 

Data di pubblicazione
19-07-2020

2019 hat der BWA 29 Verfahren der öffentlichen Hand bewertet, so viele wie noch in keinem Jahr davor (2018 waren es 16 Verfahren). Private Verfahren und Wettbewerbe mit dem SIA-Gütesiegel, aber auch reine Leistungswettbewerbe nach SIA 144 werden hingegen aus Kapazitätsgründen nicht genauer angeschaut.

Die Fokussierung auf Ausschreibungen der öffentlichen Hand liegt aber auch daran, dass diese eine gewisse Vorbildfunktion ausüben und mit gutem Beispiel vorangehen sollten, wenn es um faire, transparente, unabhängige und ausgewogene Beschaffungsformen geht. Die Betonung auf «sollte» ist durchaus Absicht, denn es ist mitnichten Realität, dass öffentliche Bauherren in der Regel bessere Verfahren durchführen als andere. Von den 29 geprüften Verfahren waren nämlich nur deren fünf im grünen Bereich, die anderen wiesen teilweise eklatante Mängel auf: 11 orange und 13 rote Smileys zeigen ein deutliches Verbesserungspotenzial auf.

Weshalb so viel im Argen liegt, können wir nicht abschliessend beurteilen. Es kommen bestimmt verschiedene Faktoren in Betracht, die im Zusammenspiel zu schlechten Resultaten führen. Es braucht umsichtige Akteure aufseiten der Bauherrschaft wie auch aufseiten der Verfahrensbegleiterinnen und -begleiter. Sie müssen sich ihrer Verantwortung bewusst sein, Partikularinteressen zurückstellen können und ihre Integrität in den Dienst der Sache stellen.

Aber auch die Jurymitglieder müssen Verfahren und Programme kritisch hinterfragen und eingreifen, wenn dies notwendig ist. Der BWA bemängelt in seinen Beurteilungen oft die Wahl des Verfahrens an sich, was darauf hindeutet, dass die Weichen schon früh in eine Richtung gestellt wurden, die der Aufgabe und den Zielen vielleicht nicht ganz gerecht wurden. Grundsätzlich bedauert wird die kleine Zahl offener Wettbewerbe, die es auch jungen Büros ermöglichen würde, Tritt zu fassen.

Dass das Regelwerk in Bewegung ist, zeigt die laufende Revision der SIA 144. Hier engagierte sich der BWA auch 2019 aktiv und bemüht sich, namentlich in der Frage der sogenannten Planerwahlverfahren eine solide Grundlage zu schaffen. Einen wesentlichen Anteil an den orangen und roten Smileys hatten nämlich Beschaffungsformen, die sich abseits der gängigen Regelwerke bewegten und zu teilweise absurden Verfahren führten.

Der BWA ist nicht per se gegen alternative Ausschreibungen, sofern sie fair, transparent und der Aufgabenstellung angemessen sind. Die Verfahren werden von uns nach einem standardisierten Raster basierend auf den auf der Webseite einsehbaren Bewertungsgrundsätzen beurteilt, unabhängig davon, nach welcher Grundlage die öffentliche Hand ausschreibt. Unsere Massstäbe der Qualitätssicherung leiten sich hierbei aus den gängigen Normen und Wegleitungen ab und widerspiegeln unseren Anspruch, das öffentliche Beschaffungswesen als aktiven Beitrag an die hohe Planungs- und Baukultur in der Schweiz zu verstehen.

Was 2018 mit der Erweiterung des BWA in der Deutschschweiz begann, wurde 2019 weiter konkretisiert und umgesetzt. Neben verschiedenen Workshops, um die einzelnen Regionen und deren Bewertungspraxis aufeinander abzustimmen, wurde auch die Homepage umgestaltet und angepasst, so dass der BWA einen einheitlichen Auftritt hat. Darunter subsumieren sich die einzelnen BWA-Verbände der verschiedenen Regionen in der Deutschschweiz, die weitgehend autonom arbeiten und sich selbständig konstituieren. Noch fehlen einzelne Kantone, mit denen der BWA aber im Gespräch ist. Die Vereine des BWA arbeiten eng mit den Partnervereinen Waadt (CCAO), Genf (OMPr) und Tessin (CAT) zusammen und tauschen sich regelmässig untereinander aus. Ebenso mit der Kommission für Wettbewerbe und Ausschreibungen 142/143 und 144 des SIA.

2020 stehen zwei Themen im Vordergrund, allen voran die Vernehmlassung der revidierten Norm SIA 144. Es ist dringend notwendig, die Verknüpfung von lösungs- und leistungsorientierter Beschaffungsform endlich in einem praktikablen und verbindlichen Regelwerk zu etablieren, um dem Wildwuchs an selber erfundenen Verfahren Einhalt zu gebieten. Ferner wird uns die Standardisierung der Bewertungspraxis innerhalb der verschiedenen BWA-Vereine wie auch die weitere Expansion in der Deutschschweiz beschäftigen. Und wir hoffen, dass 2020 endlich das Jahr der grünen Smileys wird!

Weitere Informationen zum BWA und zu Bewertungen aktueller Wettbewerbsverfahren gibts hier.

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