Die Kun­st der klei­nen Schrit­te

Wakkerpreis 2016

Die Stadt Rheinfelden AG erhält den diesjährigen Wakkerpreis. Damit würdigt der Schweizer Heimatschutz die umsichtige und langfristige Arbeit der Behörden über den Rhein hinweg. Denn auch der gleichnamigen deutschen Schwesterstadt gebührt ein Teil des Erfolgs.

 

Data di pubblicazione
21-01-2016
Revision
21-01-2016

Die Begründung zum diesjährigen Wakkerpreis erscheint nicht so spektakulär wie vor einem Jahr, als das Bergell ausgezeichnet wurde. Konnte man damals mit verklärtem Blick die Sehnsucht des Unterländers in die Landschaft mit ihren charaktervollen Vernakulärbauten projizieren, ist 2016 der Fokus wieder ungetrübt auf die Rea­lität des Mittellands gerichtet.

Es sind keine herausragenden Einzelbauten zu bestaunen, ebenso wenig ein geniales Konzept für die Rettung einer historischen Altstadt – und doch ist das Beispiel der kleinen Stadt am Rhein in vielen Belangen vorbildlich: Es ist die Kunst der vielen kleinen Schritte, die 2016 ausgezeichnet wurde. Der Schweizer Heimatschutz setzt damit die Stossrichtung fort, die er mit der Verleihung des Preises an Sitten (2013) und Aarau (2014) eingeschlagen hatte – nachdem mit Köniz (2011) und Lausanne West (2012) der Blick in die Agglomeration gegangen war.

Den Grundstein für den Preis legten die Rheinfelder vor zwölf Jahren mit einem Zonenplan, der die sonst übliche Planung über zweidimensionale Nutzungszuordnung verlässt. Anstelle der bekannten farbigen Karten wurden Entwicklungszonen mit städtebaulichen Zielen formuliert. Nach einer Dekade sind diese Ziele nun teilweise umgesetzt. Sie lassen sich in drei Kategorien einteilen, die in ihrer Summe zum Wakkerpreis geführt haben: Der Heimatschutz benennt die historische Altstadt, hochwertige Freiräume und kurze Wege als Basis für den Entscheid.

Besonders spannend scheint in diesem Zusammenhang die Umsetzung eines Wegnetzes zu sein, das den gesamten Ort durchzieht: Nach einem Initialprojekt im Westen der Stadt – die Uferstrasse wurde vom Durchgangsverkehr befreit und als Promenade ausgebaut – fügte jedes neue Bauprojekt einen Mosaikstein zum Masterplan hinzu. Die Gestaltungspläne der Entwicklungszonen definierten Städtebau, Nutzung und Vernetzung. Das Resultat ist ein feinmaschiges Wegnetz für den Fuss- und Veloverkehr, das Altstadt, Grünräume und Neubaugebiete verbindet.

Das Erfolgsrezept hinter der lebendigen Altstadt scheint jedoch eher dem Verhandlungsgeschick der Stadt als einem klugen Masterplan geschuldet zu sein. In Rheinfelden sind die Grossverteiler nicht auf der grünen Wiese angesiedelt, sondern östlich und westlich der Altstadt. Sie tragen dazu bei, dass die auf kleine Geschäfte ausgelegte Struktur nicht trotz der Detaillisten, sondern gerade dank ihnen überlebt. Im Bericht hiess es, «mit einem gesunden Mass an Überzeugungsarbeit» hätten Coop und Migros dazu gebracht werden können, im Zentrum zu verbleiben.

Vorbildlich war im Übrigen auch die Zusammenarbeit der Behörden über die Landesgrenze hinaus, die von kurzen Dienstwegen und einem gemeinsamen Busnetz bis zu grossen Projekten wie dem Wettbewerb für den neuen Rhein­steg reicht.

Der Wakkerpreis

Der Schweizer Heimatschutz (SHS) vergibt jährlich einer politischen Gemeinde den Wakkerpreis. Der Preis zeichnet Gemeinden aus, die bezüglich Ortsbild- und Siedlungsentwicklung besondere Leistungen vorweisen können. Das Preisgeld hat mit 20 000 Franken eher symbolischen Charakter, der Wert der Auszeichnung liegt in der öffentlichen Anerkennung der besonderen Leistung. 

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