Ein Tä­ti­g­kei­tsfeld for­miert sich

Urban Forestry

Eine Tagung im Zentrum Paul Klee beleuchtete verschiedene Facetten der Bewirtschaftung urbaner Wälder und Gehölze. In der Schweiz ist das Potenzial längst nicht ausgeschöpft.

Data di pubblicazione
27-11-2015
Revision
30-11-2015

Bäume und Sträucher erfüllen im urbanen Raum vielfältige Funktionen. Mit Gehölzen bewachsene Flächen – Strassenbäume, Gärten, Pärke, Stadtwälder – durchdringen Siedlungen in unterschiedlichster Weise. Für die Bewirtschaftung und Pflege dieser Flächen wird als Oberbegriff zunehmend «Urban Forestry» verwendet. Dieser ist umfassend zu verstehen, eine wörtliche Übersetzung ins Deutsche greift zu kurz – und ein eigener deutscher Begriff hat sich bisher noch nicht etabliert.

Inspirierender Rahmen

Im Rahmen der Fortbildung Wald und Landschaft (Fowala), deren Trägerschaft aus dem SIA-Fachverein Wald, dem Schweizerischen Forstverein und der Associazione degli ingegneri forestali ticinesi besteht, fand in den letzten drei Jahren eine Veranstaltungsreihe zum Thema Urban Forestry statt. Den Abschluss des Zyklus bildete eine Tagung Ende Oktober im Zentrum Paul Klee (ZPK) in Bern. Die aktuelle Ausstellung «About Trees» im ZPK bot dafür einen inspirierenden Rahmen.

Die 35 Künstlerinnen und Künstler, deren Werke dort derzeit zu sehen sind, haben einen anderen Zugang zu Bäumen und Wald als die Praktiker, die sich um die Grünflächen kümmern. Bisweilen irritieren und provozieren die ausgestellten Werke. Doch gerade das Aufeinanderprallen solch unterschiedlicher Sphären ermöglicht neue Sichtweisen und Einsichten. So lockt laut Peter Fischer, dem Direktor des ZPK, die Ausstellung auch ein eher kunstfernes Publikum ins Museum. Die vielfältigen Beziehungen des Menschen zum Baum sind lebensnah und faszinieren. 

Urs Mühlethaler, bis vor Kurzem Dozent und Leiter der Fachgruppe Wald & Gesellschaft an der Hochschule für Agrar-, Forst- und Lebensmittelwissenschaften in Zollikofen, präsentierte einen Überblick über Urban Forestry in Europa. 2014 initiierte er mit dem ArboCityNet ein Netzwerk für Fachleute, die sich mit Urban Forestry in der Schweiz beschäftigen.

In seinen Ausführungen ging Mühlethaler auch auf die an den Fowala-Tagungen behandelten Themen ein: Sicherheit von Einzelbäumen, Rechtsfragen und Haftpflicht, kulturelle Werte und historische Anlagen. Die Kurzreferate am Nachmittag boten Einblicke in einige aktuelle Forschungsprojekte an Schweizer Hochschulen.

Den Wald inszenieren?

Die Workshops und Diskussionen zeigten deutlich, dass bei Urban Forestry verschiedene Disziplinen und Sichtweisen aufeinanderprallen. Die Förster haben primär die beiden Aspekte Nutzung und Schutz des Walds im Auge. Sie sind sich der Erholungsfunktion zwar bewusst, stehen aber einer Inszenierung und einer aktiven Gestaltung im Wald sowie dem Schaffen von neuen Erlebnismöglichkeiten skeptisch gegenüber. Genau dies möchten Grünraumgestalter und Landschaftsarchitekten vermehrt tun. Für sie ist das Potenzial mit Wegen und ein paar Sitzbänken längst nicht ausgeschöpft. 

Ein möglicher Ansatzpunkt wäre unter anderem, sich an frühere Zeiten zu erinnern und dort anzuknüpfen. Noch vor hundert Jahren waren Waldpärke und Promenaden im Wald verbreitet. Viele Teilnehmer der Abschlusstagung besuchten 2014 den Waldpark Wengistein bei Solothurn. In unmittelbarer Nähe der bekannten Verenaschlucht und denkmalgeschützten Einsiedelei entstand dieser Park 1813. Er wurde im Sinn eines englischen Landschaftsgartens gestaltet und anschliessend viele Jahrzehnte gepflegt.

Ab 1960 verwilderte der Park und geriet in Vergessenheit. Seit einigen Jahren unternimmt die Bürgergemeinde der Stadt Solothurn als Eigentümerin Anstrengungen, den Waldpark zu neuem Leben zu erwecken. Und es funktioniert. Ein Besuch an einem schönen Herbstsonntag zeigt, dass dieser rege aufgesucht und von der Bevölkerung neu entdeckt wird.

Das Thema Urban Forestry ist lanciert. Es stellen sich verschiedenste Fragen und Herausforderungen. Einige davon sind altbekannt. Andere wiederum ergeben sich aus neuen gesellschaftlichen Bedürfnissen sowie einer verstärkten Zusammenarbeit unterschiedlicher Disziplinen.

Weitere Informationen über das Netzwerk finden Sie unter www.arbocitynet.net.

Die Ausstellung «About Trees» im Zentrum Paul Klee ist noch bis 24.1.2016 zu sehen: www.zpk.org.

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