Den Fis­chen den Weg wei­sen

Im Wasserbau werden häufig physikalische Modelle eingesetzt, weil sie ­relevante Prozesse realitätsnah abbilden. Ein aktuelles Beispiel ist eine Versuchsanlage an der ETH Zürich, in der erforscht wird, wie sich flussabwärts schwimmende Fische an den Turbinen vorbeileiten lassen.

Date de publication
02-04-2014
Revision
18-10-2015

Für wandernde Fische sind Flusskraftwerke ohne spezielle Einrichtungen ein kaum überwindbares und mitunter auch gefährliches Hindernis. Während es für den Fischaufstieg mit Fischtreppen praxistaugliche Lösungen gibt, fehlen sie für einen gefahrlosen Abstieg weitgehend. Fische lassen sich flussabwärts mit der Hauptströmung treiben – und geraten deshalb oft in die Turbinen. Ein interdisziplinäres Wissenschaftlerteam von der Versuchsanstalt für Wasserbau (VAW) an der ETH Zürich und vom Wasserforschungsinstitut Eawag erforscht daher zurzeit im Auftrag des Verbands Aare-Rheinwerke, wie sich die Fische in einen gefahrlosen Bypass lotsen lassen. Mit Hilfe eines 2m breiten und 30m langen Modells wird untersucht, wie ein Leitrechen mit Stäben auszubilden ist, damit die erzeugte turbulente Strömung für die Fische wie eine Barriere wirkt. Das Modell ist so konzipiert, dass Versuche mit lebenden Fischen durchgeführt werden können – bisher mit Äschen, Barben und dem Schneider. Die ersten Ergebnisse zum Verhalten der Barben und Schneider sind vielversprechend. Bei den Äschen klappte der Versuch weniger gut. Sie gingen weder in den Bypass noch durch den Leitrechen, sondern schwammen den Versuchskanal wieder hoch – und blieben dort.

Barrierewirkung kontra Energieverlust

Den Versuchen mit Fischen gingen Untersuchungen ohne Fische an zwei Vorgängermodellen voraus: An einem Modell im Massstab 1:2 untersuchte Carl Robert Kriewitz von der VAW die Wirkung unterschiedlicher Leitrechen auf die Strömungsverhältnisse und den Energieverlust bei der Stromproduktion. Ein zweites Modell im Massstab 1:35 bildete ein ganzes Flusskraftwerk nach. An ihm untersuchte Kriewitz den Hochwasser-Fall, das Schwemmholzverhalten sowie die Anströmung im Bereich des Kraftwerkseinlaufs. 

In der wasserbaulichen Forschung würden physikalische Modelle vor allem eingesetzt, um Strömungen mit mehreren Phasen zu untersuchen, sagt Robert Boes, der Direktor der VAW. Also beispielsweise das Zusammenspiel von Wasser und Sedimenten, von Wasser und Schwemmholz oder auch von Wasser und Luft. Laut Boes kommen physikalische Modelle vor allem bei Fragestellungen an Wasserkraftanlagen und Talsperren, beim Hochwasserschutz und bei Schwemmholzrückhalteeinrichtungen sowie bei der Gewässerrenaturierung (z. B. Flussaufweitungen) zum Einsatz. Falls die Modelle genügend gross seien und die wesentlichen physikalischen Prozesse ähnlich wie unter realen Verhältnissen abgebildet würden, liessen sich die Haupteffekte in der Regel gut reproduzieren, sagt Boes. Die erforderliche Modellgrösse bestimme massgeblich die Kosten, weshalb längere Flussabschnitte heutzutage nicht mehr mit physikalischen Modellen simuliert würden. Hierfür kämen überwiegend Computersimulationen zum Einsatz. 

Die Ergebnisse von Modellen lassen sich unter anderem an Prototypen überprüfen. Bei den Leiteinrichtungen für den Fischabstieg wird eine Testanlage an einem Flusskraftwerk unabdingbar sein. Nur so wird sich verifizieren lassen, ob sich die Fische in der Natur wirklich auch so verhalten wie im Modell.

Videos zum Fischmodell: Fische wollen wandern

Magazine

Sur ce sujet