Ein Fonds für alles

Die Vorlage FABI will einen einzigen, neuen und unbefristeten Bahninfrastrukturfonds (BIF) schaffen. Er verspricht mehr Transparenz und Planungssicherheit für die Finanzierung. Die Ausgaben für die ­Infrastruktur stehen nicht mehr im Wettbewerb mit anderen Ausgaben.

Date de publication
29-01-2014
Revision
13-10-2015

Zur Botschaft FABI gehört neben dem Ausbauteil STEP auch ein neuer Fonds, der sogenannte Bahninfrastrukturfonds (BIF). Bisher nutzte der Bund verschiedene Kanäle, um die Bahninfrastruktur zu finanzieren. Nun sollen sie zusammengefasst und durch zusätzliche Beiträge ergänzt werden. Vorgesehen ist, über den neuen Bahninfrastrukturfonds BIF den Betrieb, den Erhalt und die Erweiterung der bestehenden Schienennetze der SBB und der Privatbahnen abzudecken.

Ein vom Parlament beschlossener erster Ausbauschritt (STEP 25) sieht bis 2025 Ausbauinvestitionen in Höhe von 6.4 Mrd. Franken vor. Die Bundesratsvorlage beinhaltete ursprünglich Ausbauten für «nur» 3.5 Mrd. Franken, aber das Parlament hat die Summe beinahe verdoppelt, um zusätzliche Projekte zu finanzieren.

Ein Grund mag auch gewesen sein, die Vorlage in der Volksabstimmung mehrheitsfähig zu machen. Das Parlament legt zusammen mit dem jährlichen Voranschlag mit einfachem Bundesbeschluss fest, welche Mittel für die verschiedenen Projekte eingesetzt werden sollen. Dazu genehmigt sie für jedes Projekt einen Voranschlagskredit. Das Parlament muss ebenfalls die Rechnung des Fonds genehmigen; sie wird durch die Eidgenössische Finanzkontrolle revidiert.

Um die Kosten besser im Griff zu haben, werden für alle Projekte, die in Betrieb genommen werden, die Folgekosten in der Fondssimulation hinterlegt. Bei BIF handelt es sich um einen in der Verfassung verankerten, unbefristeten Bahninfrastrukturfonds. Er soll den befristeten Fonds für die Eisenbahngrossprojekte (FinöV-Fonds) ablösen. Dieser beruht auf Artikel 196 Ziffer 3 der Bundesverfassung.

Der BIF-Vorgänger FinöV

Die vier Eisenbahngrossprojekte NEAT, Bahn 2000, HGV-Anschlüsse und Lärmsanierung werden durch Entnahmen aus dem FinöV-Fonds finanziert. In einer Volksabstimmung vom 29. November 1998 wurde er angenommen. Ursprünglich war er auf 30.5 Mrd. Franken limitiert. Der FinöV-Fonds setzt sich zusammen aus Bundesmitteln, Mehrwertsteuer, Leistungsabhängiger Schwerverkehrsabgabe (LSVA) und Mineralölsteuer. Bis heute ist er europaweit einzigartig. 

Dass die Mittel aus der Mineralölsteuer einfliessen, basiert auf der NEAT-Vereinbarung. Das heisst, sobald die NEAT gebaut ist und die Schulden des Fonds zurückbezahlt sind, wird aus der Mineralölsteuer kein Geld mehr in den Fonds fliessen. Dies wird auch im neuen BIF so gehalten: Die Verwendung der Mineralölsteuer ist befristet, bis die Rückzahlung der NEAT-Gelder abgeschlossen ist – voraussichtlich 2030. 

Geld für den Unterhalt war im FinöV-Fonds nicht enthalten. Die Unterhaltsarbeiten wurden aus der laufenden Rechnung beglichen, z. B. über Leistungsvereinbarungen zwischen Bund und SBB oder die jährlichen Finanzierungsvereinbarungen zwischen Bund, Kantonen und Privatbahnen. Das soll sich ändern und diese rund 2 Mrd. Franken direkt aus dem Bundeshaushalt in den neuen Fonds fliessen. 

Neue Geldquellen

Zu Bundesmitteln, Mehrwertsteuer, LSVA und der befristeten Mineralölsteuer kommen Beiträge von allen, die von der verbesserten Infrastruktur profitieren. Für Diskussion sorgen vor allem zwei Punkte: der Maximalfahrkostenabzug und die temporäre Erhöhung der Mehrwertsteuer. Mit der Begrenzung des Pendlerabzugs für alle (Autofahrer, aber zum Beispiel auch 1. Klasse-GA-Besitzer) bei den Steuern auf 3000 Franken soll der Schiene mehr Geld zur Verfügung stehen.

Dieses Geld – geschätzt werden 200 Mio. Franken – fliesst über die Bundesmittel indirekt in den Fonds. Man kann darüber streiten, ob das eine Benachteiligung der Autofahrer bedeutet. Nach Aussagen von Verkehrsministerin Doris Leuthard bei einer Pressekonferenz am 2. Dezember 2013 können damit rund 20% der Steuerpflichtigen nicht mehr die gleich hohen Abzüge bei der direkten Bundessteuer geltend machen wie heute. Stark betroffen wären vor allem Langstreckenpendler, die mit dem Auto reisen, und Besserverdiener. 

FABI-Gegner führen an, dass Menschen in abgelegenen Orten oft auf ein Auto angewiesen seien, um zur Arbeit zu gelangen. Für die Landregionen sei die Beschränkung des Pendlerabzugs fragwürdig. Studien des Bundesamtes für Statistik zeigen jedoch, dass in ländlichen Regionen oft kürzere Arbeitswege Realität sind als etwa im von Autobahnen gut erschlossenen Mittelland.

Zusätzliches Geld soll auch durch ein Mehrwertsteuer-Promille eingenommen werden. Dieses ist eines von vier Mehrwertsteuer-Promille, das heute befristet zur Sanierung der Invalidenversicherung verwendet wird. Vorgesehen ist diese Massnahme bis 2030. Die Idee dahinter: die Schulden des Fonds zurückzahlen und gleichzeitig bauen zu können. 

Vor- und Nachteile des Infrastrukturfonds

Kern von BIF ist es, einen Finanzierungsfonds mit eigenem Finanzierungskreislauf zu schaffen. Vorteile solcher Fondslösungen sind mehr Transparenz und Planungssicherheit für die Verkehrsfinanzierung; ausserdem werden Ausbau und Unterhalt aus dem gleichen Topf finanziert und lassen sich somit besser gegeneinander abwägen. Konkret herrscht gar eine Mittelkonkurrenz: Wird mehr Geld für den Unterhalt und Betrieb benötigt, steht weniger für den Ausbau zur Verfügung.

Der Nachteil spezieller Fonds, die aus dem regulären Haushalt ausgegliedert werden, ist, dass die Ausgaben für die Infrastruktur nicht mehr im Wettbewerb mit anderen Ausgabenposten stehen. Bei beschränkten Einnahmen ist die Liquidität im Fonds für die Realisierung der verschiedenen Eisenbahngrossprojekte eingeschränkt. Dies macht aus dem Blickwinkel der Finanzierung eine Staffelung der Projekte notwendig.

Und hier liegt letztlich auch der Konflikt zwischen verkehrspolitischen Anliegen und finanzpolitischer Realität. Investitionen liessen sich in die Bahninfrastruktur nicht ausschliesslich unter betriebswirtschaftlichen Gesichtspunkten verstehen, sagt Athos Nicollerat, Ökonom und Politologe. Der Fondsmanager beim Bundesamt für Verkehr führt weiter aus, dass die Bahn zentral für das öffentliche, soziale und wirtschaftliche Leben sei. Wie viel Geld dafür zur Verfügung gestellt würde, sei eine gesellschaftliche, eine politische Entscheidung. 

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