Ein Fa­mi­lien­haus fürs ganze Le­ben

In Basel entstand ein Haus, das sich mühelos in die Häuserreihe einfügt und dennoch wandelbar bleibt. Das Architekturbüro Alma Maki zeigt, dass die Wohnform Einfamilienhaus auch im Neubau zukunftsfähig gedacht werden kann.

Date de publication
05-06-2025

An einer beschaulichen Nebenstrasse am Rande des Basler «Gundeli» reihen sich kleinere und grössere Einfamilienhäuser aneinander. Von Weitem betrachtet fällt hier nichts aus dem Rahmen: grüne Vorgärten, Briefkästen, verputzte Fassaden mit gros­sen Fenstern, ein Satteldach neben dem anderen. 

Erst bei näherem Hinschauen wird klar, dass sich ein Neubau unter die alten Häuser mischt: Das Haus des Architekturbüros Alma Maki ist in der Formgebung zwar der Umgebung angepasst, in der Materialwahl mit Holzfassade, Aluminiumfenstern und Solardach aber eindeutig einer zeitgenössischen Architektur zugehörig.

Haus anstelle von Garagenbox

Auf der Parzelle des Hauses standen ursprünglich zwei Einzelgaragen, die zusammen mit grosszügigem Grün zu einem älteren Haus gehörten, das im Garten schräg gegenüber steht. Die dortige Erbengemeinschaft entschloss sich, zwei Parzellen abzutrennen und zu verkaufen. Mit der Zone 2a und der Vorgabe eines Satteldachs durch Dienstbarkeit lag der Verkauf an Familien nahe. 

So steht nun anstelle der Garagen ein neues Einfamilienhaus, wie auch im Garten gegenüber. An der Strasse kennt man sich, die Kinder holen sich zum Spielen oder für den Schulweg ab, man nimmt zusammen einen Apéro und organisiert Strassenfeste. Einfamilienhausidylle wie im Bilderbuch.

Ein Haus für die Zukunft

Für Meik Rehrmann und Friederike Kluge vom Architekturbüro Alma Maki begann die Arbeit an dem Haus zunächst mit vielen Fragen. Wie sieht ein zukunfts­fähiges Einfamilienhaus aus? Ist es überhaupt sinnvoll, Einfamilienhäuser neu zu bauen? Weshalb wird hier nicht aufgezont? Welche Materialien soll man verwenden, welcher Flächenverbrauch ist angemessen und wie bleibt das Haus flexibel in der Nutzung? 

Friederike Kluge erklärt: «Die Anpassbarkeit an veränderte Bedürfnisse und Konstellationen ist zentral, denn die Nutzflächeneffizienz ist einer der entscheidenden Faktoren für die Nachhaltigkeit.» Kluge ist neben ihrer Tätigkeit als Architektin Professorin an der FHNW sowie Gründungsmitglied des Vereins Countdown 2030, der sich für zukunftsfähiges Bauen engagiert (vgl. «Die Hindernisse sind in den Köpfen»).

37 m² pro Person

Alma Maki konzipierten das Haus so, dass es auf Veränderungen reagieren kann. Denn die Lebensphase Familie umfasst – auf den Lebenszyklus eines Gebäudes betrachtet – nur eine vergleichsweise kurze Zeit von etwa 20 Jahren.

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Potenzial im Einfamilienhaus und das Interview mit Prof. Friederike Kluge: «Die Hindernisse sind in den Köpfen».

Die Bauherrschaft ist eine Familie mit drei Kindern. Es war von Anfang an klar, dass sie in der aktuellen Lebensphase vergleichsweise viel Wohnraum brauchen wird. Mit 37 m² pro Person liegt dieser nun leicht über den angestrebten 35 m² des Architekturbüros, aber immer noch deutlich unter dem Schweizer Durchschnitt von 46.5 m² pro Person. 

Eine zentral angelegte, geschlossene Wendeltreppe prägt das Raumgefüge, die Räume ordnen sich darum herum an. Über diese Wendeltreppe wird im Falle einer Anpassung zum Zweifamilienhaus das Erdgeschoss von den oberen zwei Geschossen abgetrennt. 

Übergrosses Erdgeschoss

Im Erdgeschoss befinden sich neben dem Eingang mit Garderobe und Toilette, Küche sowie Ess- und Wohnbereich auch ein Schlaf- und ein Badezimmer. So ist sichergestellt, dass das Erdgeschoss dereinst hindernisfrei als unabhängige Wohneinheit funktionieren kann.

Mehr zum Thema in TEC21 11/2025 «Zukunft Einfamilienhaus»

Dieses um ein Schlafzimmer erweiterte Raumprogramm des Erdgeschosses in der Kubatur der üblicherweise geltenden Abstandsregelungen unterzubringen, war eine planerische Herausforderung. Mit einem Kniff gelang es dennoch: Das Erdgeschoss wurde verbreitert und ragt seitlich bis zum Nachbargrundstück hervor, denn wenn auf Fenster verzichtet wird, darf bis zu 3 m hoch an die Parzellengrenze heran gebaut werden. Ein kleiner Lichthof bringt Sonne, Luft und Durchlässigkeit in den geschlossen gefassten hinteren Bereich des Erdgeschosses. 

Schlafzimmer oder Küche?

Das erste Obergeschoss ist das Reich der Kinder und umfasst drei Schlafzimmer und ein Badezimmer mit Badewanne. Strassenseitig sind Badezimmer und Schlafzimmer überhoch, die Räume gehen direkt in die Dachschräge über. In der Wand zwischen Zimmer und Badezimmer sind bereits alle Leitungen und Vorrichtungen für den Einbau einer Küche vorbereitet, sodass dieses Schlafzimmer im Falle einer Hausunterteilung ohne viel Aufwand zu einer Küche mit Essbereich umgebaut werden könnte. 

Von hier aus, dem heutigen Schlafzimmer der ältesten Tochter, erreicht man über eine Leiter einen offenen Zusatzraum im Dachgeschoss, ein kleines Refugium, in dem heute Bücher, Spiele und ein Kindersofa zum Verweilen einladen. Im zweiten Obergeschoss sind unter dem Satteldach Spielbereich, Fernseher, Schlafsofa und Büro eingerichtet. 

Holz und Aluminium an Fassade

Ein überschaubares Repertoire an Materialien und Farben prägt den ganzen Bau. Die mattgraue Fichten-­Tannen-Schalung an der Fassade des Holzelementbaus wird durch das reflektierende Silbergrau des Aluminiums ergänzt, mit dem die Holzfenster verkleidet sind. Eingangsbereich und Haustüre sind mit den gleichen aneinandergereihten Aluminium-Fensterelementen verkleidet.

Holz und roher Putz im Innern

Auch die Oberflächen im Hausinnern sind stimmig kombiniert: Zurückhaltende Farben und möglichst unverarbeitete Materialien und Oberflächen ziehen sich durch das ganze Haus. Roh verputzte Wände treffen auf helles Holz an den Decken und Fenstern, graue Einbauschränke und Regale gleichen sich den Wänden an, im Erdgeschoss und ersten Obergeschoss dominiert ein gegossener Boden in Grau, während im Dachgeschoss Tannenholz Böden, Treppenabschluss, Regale, Fenster und die im Sattelgiebel zulaufenden Decken prägt. 

Erdwärme und PV

Geheizt wird über eine Erdwärmepumpe, die den grossen Vorteil mit sich bringt, dass im Sommer auch gekühlt werden kann. Das Dach ist flächendeckend aus Solarpanels gestaltet, die sich im Gegensatz zu den aufgesetzten Paneelen umliegender Dächer unauffällig einfügen. Der Eigenverbrauch liegt nur bei etwa einem Drittel; dieses Satteldach könnte also gut noch die zwei Häuser nebenan mitversorgen. 

Holzhaus über Betonkeller

Aus ökologischer Sicht ist das grosse Untergeschoss ein Wermutstropfen: «Ein Holzbau auf Betonkeller – leider», sagt Rehrmann, denn das Architekturbüro hätte gerne auf einen herkömmlichen Betonkeller verzichtet. Es existierten andere Ideen, die aber nicht im Rahmen der Gesetzgebung realisierbar waren, und ein gänzlicher Verzicht kam für die Bauherrschaft nicht infrage. Vielleicht gilt für Einfamilienhäuser umso mehr, dass Bauherrschaften solche Entscheide selten aus der Perspektive der Nachhaltigkeit treffen. Diese Familie jedenfalls ist noch immer sehr froh um den Stauraum, die Haustechnik und die Waschküche im Keller, in der manchmal auch eine Kinderdisco veranstaltet wird.

Umnutzbarkeit bietet Perspektiven

Ob sich die heutige Eigentümerschaft zukünftig tatsächlich eine Umnutzung in ein Zweifamilienhaus vorstellen kann, bleibt derzeit noch offen. Vielleicht will ja später mal eines der Kinder mit Familie oben einziehen oder man lebt für eine Zeit als Alters-WG mit Bekannten zusammen. Dass sie aber einen Teil ihres Hauses irgendwann an unbekannte Personen vermietet und gemeinsam mit diesen dort wohnt, scheint für sie derzeit unvorstellbar. Das jüngste Kind ist gerade erst eingeschult, man steht noch mitten in der Lebensphase Familienzeit. 

Die Vorteile einer voll funktionsfähigen, hindernisfreien Wohneinheit und einem Schlafzimmer im EG hingegen geniesst die Familie schon heute. Es gibt ihr Sicherheit fürs Alter, aber auch ganz kurzfristig, falls sich ein Kind mal das Bein bricht, beispielsweise. Die Eltern schätzen es jedenfalls zu wissen, dass die Option einer Veränderung ohne grosse Hürden möglich ist. Denn wer weiss schon, was die Zukunft bringen wird.

Wohnhaus, Basel

 

Bauherrschaft
Privat
 

Fertigstellung
2023
 

Architektur
Alma Maki Architektur, Basel; 
Projektleitung: Lukas Jahn
 

Tragkonstruktion
Eitel & Partner, Basel
 

Baumeister und Holzbau
Jean Cron, Basel 
 

HLKS-Planung
s3, Zürich; Danzeisen Söhne, Basel
 

Bauphysik
Bakus, Basel
 

Elektroplanung
Quartierelektriker, Basel
 

Fenster 
Erne, Laufenburg
 

Spenglerarbeiten
Danzeisen Söhne, Basel
 

Gipserarbeiten
Gebrüder Oser, Nenzlingen
 

Unterlagsböden
Mohler-Nager, Pratteln
 

Photovoltaikanlage 
GGS, Gelterkinden
 

Schreinerarbeiten
Atelier 111, Basel; Alma Maki, Basel
 

Sonnenschutz
Kästli & Co., Belp

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