Bü­ros zum Spie­len

Umbau von Büros zu Kindertagesstätte, Zürich Oerlikon

Eine Kindertagesstätte in Zürich Nord musste umziehen und war auf Standortsuche. Die zunächst wenig naheliegende Lösung für ein neues Domizil fand sich in einem benachbarten Büroturm. Hobiger Feichtner Architekten transformierten die nüchternen Räumlichkeiten in einen kindgerechten Ort – mit knappem Budget und noch weniger Zeit. Vom Ergebnis profitiert sowohl die Kita als auch der Vermieter.

Publikationsdatum
26-08-2025
Tina Cieslik
Head of Multimedia | espazium digital lab; Korrespondentin Architektur/Innenarchitektur TEC21

Die Anzahl der Umbauten in der Schweiz hat in den letzten Jahren zugenommen. Angefeuert von Debatten um Nachhaltigkeit, Leerstand bei den Büroflächen und akuter Wohnungsnot in den Ballungszentren transformierte man auch schon das ein oder andere Bürogebäude zu Wohnungen. 

Doch die Kita Sternenstaub in Oerlikon ist selbst unter diesen Einzelfällen ein Exot. Nicht nur waren Budget sowie Bau- und Planungszeit knapp bemessen – die Kita zog auch an einen ungewöhnlichen Ort: den Messeturm Oerlikon, ein 22-stöckiges, repräsentatives Bürohochhaus, das seit seiner Fertigstellung im Sommer 2024 leer steht.

Heimatlos in Zürich Nord

Wie kam es zu dieser ungewöhnlichen Wahl? Die inhaberinnengeführte Kita Sternstaub residierte seit ihrer Gründung 2013 an der Thurgauerstrasse in Zürich Oerlikon. Der Bau soll in den kommenden Jahren einem Ersatzneubau mit Wohnungen weichen. Zwar hätte der Betrieb nach dem Neubau dort weitergeführt werden können, da aber während der Bauzeit ohnehin eine Ausweichmöglichkeit gefunden werden musste, beschloss die Betreiberin, Celina Ranzi, direkt einen neuen Standort ins Auge zu fassen.

Nach langer, schwieriger Suche – Kitas sind bei den meisten Eigentümerinnen offenbar keine Wunschmieter – wurde das Team auf den benachbarten Messeturm Oerlikon aufmerksam. Dessen Besitzer konzipierte ihn als Teil des Areals «Wolkenwerk». Dieses besteht aus drei Wohnbauten und eben jenem Messeturm mit Büros sowie Flächen für Gewerbe und öffentliche Nutzungen im Erdgeschoss. Während die Wohnbauten alle vermietet sind, steht der Turm ein Jahr nach seiner Fertigstellung noch immer leer – fast. 

Zuflucht im Wolkenwerk

Der Eigentümer unterstützte die Idee der Kitabetreiberin. Nach der Besichtigung der zur Verfügung stehenden Flächen stand für sie fest, mit der Kita in den Messeturm zu ziehen. Allerdings nicht, wie zu erwarten wäre, in das Erdgeschoss, sondern in das 2. Obergeschoss – dies aufgrund der räumlichen Disposition und Überlegung zum Tageslicht, das in der dicht bebauten Umgebung nicht allzu üppig bis in den Sockel scheint. Mit Planung und Realisierung des Umbaus betreute Celina Ranzi das Zürcher Büro Hobiger Feichtner Architekten. 

Der Auftrag war sportlich: Die Auftragsvergabe war für August 2024, der Einzug für Dezember 2024 geplant. Es galt, 680 m2 Bürofläche in eine anregende Umgebung für fünf Kitagruppen mit gesamthaft rund 70 Kindern zwischen drei Monaten und sieben Jahren sowie 20 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu transformieren. 

Durchblick schafft Sicherheit

Die neue Kita befindet sich im 2. Obergeschoss, liegt also inmitten der zukünftigen Büroflächen. Neben dem Wunsch, in der repräsentativen bis sachlichen Büroumgebung eine kinderfreundliche Atmosphäre zu schaffen, standen vor allem die Anpassung des Raumprogramms und der Brandschutz im Zentrum der Arbeiten. 

Die Architektinnen entschieden sich, die grosse Tiefe der Räume als Qualität zu betrachten und zur Zonierung der Funktionen zu nutzen: Ein grosszügiger Empfangsraum dient als Verteiler in einen neu geschaffenen Korridor, von dem aus man in die fünf Gruppenräume gelangt, die der Südfassade entlang angeordnet sind. Der Korridor erlaubt es auch, die für Büros vorgesehenen Fluchtwege von maximal 35 m auf die für Kitas zugelassenen 20 m zu verkürzen.

Jedem Gruppenraum ist eine Ruhezone zugeschaltet, die mit einer raumhohen Schiebetür geschlossen werden kann. Dank der Raumtiefe und der dadurch geringeren Helligkeit kann der kleinere Raum gut zum Schlafen genutzt werden. Grosszügige runde Verglasungen auf Kinderhöhe erlauben Sichtkontakt zwischen den beiden Bereichen.

Das spielerische Element des Durchschauens findet sich an verschiedenen Orten, etwa in der Küche oder auch in den beiden Sanitärräumen für die Kinder, sodass diese dem Küchenteam beim Kochen zuschauen oder beim Zähneputzen Blickkontakt halten können. Diese Offenheit hilft Gross und Klein bei der Orientierung und verleiht der Nutzung eine zusätzliche Dimension.

Wohldosierte Farbgebung 

Ein weiteres starkes Gestaltungselement ist die Farbgebung in pastelligen Rosé-, Grün- und Blautönen. Sie kontrastiert bewusst den nüchternen Innenausbau des Messeturms, ist aber auch dem knappen Budget und dem engen Zeitrahmen geschuldet – Farbe ist hier das dankbarste Gestaltungsmittel. Auch die bestehende Struktur aus Betonstützen blieb erhalten und wurde in das Raumprogramm integriert.

Die Leitungen an der Decke sind sichtbar belassen, die Decke aber ist gespritzt. So profitieren die Nutzerinnen zum einen von der Raumhöhe, zum anderen rücken die farbigen Türen, Garderoben und Wände sowie der Boden ins Zentrum. Letzterer – ein vergleichsweise günstiger und robuster Linoleumbelag – ist in einem ungewöhnlichen Streifenmuster verlegt. Grosse Punkte im Entrée und im Bereich vor der Küche und den Sanitärräumen markieren die «inneren Plätze» im Grundriss. 

Erstaunliche Karriere

Noch sind die Kinder die alleinigen Mieter im Turm, doch Veränderungen bahnen sich an: Ein Lebensmittelhändler hat Interesse an den Flächen im Erdgeschoss und auch einige der oberen Etagen sind inzwischen reserviert, wie aus der Website des Wolkenwerks hervorgeht. Und wie reagieren Eltern, Kinder und das Kita-Team auf die unkonventionelle Umgebung? 

Ausschliesslich positiv, wie Celina Ranzi verrät: «Die Kinder und die Mitarbeiterinnen fühlen sich wohl. Eltern, die eine Anmeldung in Erwägung ziehen, sind jeweils positiv überrascht über die schönen grosszügigen Räume.» 

Hübscher Dreh der Geschichte: Der an anderen Orten eher ungeliebte Mieter Kita ist nun das Aushängeschild des Turms – auf dessen Website ist die Kita nun als Standortvorteil aufgeführt.

 

Kita Sternenstaub, Messeturm Oerlikon

 

Bauherrschaft
Kita Sternenstaub, Zürich

 

Architektur 
Hobiger Feichtner Architekten, Zürich

 

Baumanagement
Bauseits Partner, Zürich

 

HLKSE-Planung 
3-Plan, Winterthur

 

Brandschutz
Basler Hofmann, Zürich

 

Planung/Ausführung
08/2024–12/2024

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