Fach­ta­gung für Un­ter­ta­ge­bau

Swiss Tunnel Congress 2014

Die Arbeit geht den Akteuren im Untertagebau in den nächsten Jahren nicht aus. Nach dem Ja zur FABI-Vorlage¹ trifft dies besonders auf den Planungs- und Projektierungssektor zu – dies eine Erkenntnis nach dem Swiss Tunnel Congress (STC) am 12. Juni 2014 in Luzern.

Publikationsdatum
16-06-2014
Revision
01-09-2015

«Bestehende Tunnels zu erhalten und zu sanieren ist eine wichtige Aufgabe», betonte Markus Geyer, Mitglied der Geschäftsleitung SBB Infrastruktur, in seinem Eröffnungsreferat. Von den 296 Tunnels im SBB-Netz beispielsweise wurden 189 bereits im 19. Jahrhundert gebaut. Was es heisst, einen über 100-jährigen Bahntunnel, der zudem Bestandteil der NEAT-Lötschbergachse ist, instand zu setzen, zeigte der Vortrag zum rund 20km langen Simplontunnel zwischen Brig (CH) und Iselle (I) (ein Beitrag dazu ist geplant in TEC21 36/2014). Rund 200 Mio. Fr. sind notwendig, um die Anlagen an die geltenden technischen und sicherheitsmässigen Anforderungen anzupassen – unter Aufrechterhaltung des Zugbetriebs.

Hingegen entschied man sich beim Doppelspurausbau der Bahnlinie Rosshäusern–Mauss (Linie Bern–Neuenburg), den aus der Gründerzeit stammenden Rosshäuserntunnel durch einen doppelspurigen, 2080m langen Tunnel zu ersetzen, der den heutigen Anforderungen entspricht. Ein Problem sind die spontanen und nicht vorhersehbaren Nieder- und Nachbrüche. Seit Januar 2014 wird zum Schutz der Arbeiter mit Rohrschirm im Sprengvortrieb gearbeitet. 

Der zweite Punkt, der dazu führt, dass mehr Tunnels gebraucht werden, sei der Trend zu tieferen Neigungswinkeln und grösseren Radien in Kombination mit der Topografie der Schweiz und deren dichten Bebauung, sagte Geyer weiter. Die Herausforderungen im urbanen Gebiet sind unabhängig vom Verkehrsträger. Ein Referat zum doppelspurigen Galgenbucktunnel zwischen Neuhausen am Rheinfall und Schaffhausen zeigte das. Erschwert werden die Arbeiten zudem durch eine geringe Überlagerung auf der gesamten Länge von 1138m des Strassentunnels und durch die heterogenen, karstanfälligen geologischen Verhältnisse. 

Die geologischen Verhältnisse erforderten beim 2400m langen Tunnel San Fedele (inkl. Sicherheitsstollen) verschiedene Bauverfahren: Beispielsweise wurde in den Lockergesteinsstrecken (90m im Süden und 50m im Norden) das Tunnelprofil in Kalotte und Strosse unterteilt. Der Vortrieb erfolgte mit einem Tunnelbagger in Etappen von 10m unter dem Schutz eines 15m langen Rohrschirms. Pilot- und Sicherheitsstollen wurden mit einer offenen Hartgesteins-Tunnelbohrmaschine (Durchmesser: 4m, Länge: 230m) ausgebrochen. Die Ausweitung des Pilotstollens erfolgte im Sprengvortrieb. Der Tunnel ist Teil der Umfahrung Roveredo auf der A13 Bellinzona–Chur, die Ende 2016 eröffnet werden soll. 

Der Hang, den der Tunnel Riedberg (A9) unterfährt, bewegte sich in den letzten 60 Jahren im Mittel rund 1 cm/Jahr talwärts. Das ergaben Untersuchungen, nachdem die Vortriebsarbeiten für die beiden 500m langen Röhren des Strassentunnels nach rund einem Jahr im Juli 2005 eingestellt wurden – es traten unerwartete Deformationen auf. In der Folge wurde das Überwachungssystem ausgebaut, und seit 2012 werden konstruktive Massnahmen umgesetzt. Dazu gehören Versteifungskörper in den Portalbereichen, die duktile Ausbildung des Innenrings und 35cm Reserve für allfällige Korrekturen der Linienführung im Normalprofil. Die Vortriebsarbeiten sollen nun erneut ausgeschrieben und baldmöglichst wieder ausgenommen werden. 

Inhaltiches Spektrum des STC erweitert

Ursprünglich war der Hintergrund des STC, die Leistungen der NEAT im In- und Ausland bekannt zu machen. Die Arbeiten sind an allen Basistunnels bereits weit fortgeschritten. So kam es, dass es dieses Jahr erstmals lediglich einen Vortrag im Zusammenhang mit den Alpentransversalen gab. Darin erläuterte der Referent, welche wichtigen Aufgaben die zwei vertikalen, 800m tiefen Logistikschächte in Sedrun während der gesamten Bauzeit hatten. Sämtliches Material musste über die beiden Schächte an- und abtransportiert werden. Zudem war die Schachtförderanlage Transportmittel für die Mineure. Zwei gleichwertig ausgerüstete Schächte zu erstellen erwies sich als guter Entscheid, da terminliche und logistische Schwierigkeiten aufgefangen werden konnten.   

Den Streifzug durch die Schweiz und damit den Vormittag vervollständigte ein Vortrag zu Planung und Ausbruch der Grosskavernen des neuen Pumpspeicherkraftwerks Nant de Drance. Am Nachmittag blickten acht weitere Referenten über die Landesgrenze und sprachen über interessante und herausfordernde Projekte weltweit – mit und ohne Schweizer Beteiligung -, darunter auch der Istanbul Strait Tunnel. Die Zeit zwischen den Vorträgen wurde von rund 700 Teilnehmenden zum Gedankenaustausch und zum Networking rege genutzt. 

Beim Kolloquium am Vortag ging es um Brustanker als wirksames Sicherungsmittel im Tunnelbau, die aber auch zeit- und kostenintensiv sind. Ein Berechnungsmodell für die Dimensionierung, Ausführungen zur Materialtechnologie und Fallbeispiele standen auf dem Programm. Damit trug dieses Angebot sicher dazu bei, dass auch wieder viele junge Gesichter auf dem Familientreffen der Untertagebauer zu sehen waren. 

Anmerkung

  1. vgl. zu FABI TEC21 5-6/2014

Tagungsband
Fachgruppe für Untertagebau (FGU). Swiss Tunnel Congress, Fachtagung für Untertagebau, Band 13. 2014. ISBN 978-3-033-04530-9.
Weitere Infos: www.swisstunnel.ch

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