Zwi­schen Ober­land und Süd­see

Erneuerung Clubgebäude Golfclub Interlaken-Unterseen

Der Golfclub Interlaken-Unterseen erfindet sich räumlich neu. L2A Architekten aus Unterseen gewinnen den Wettbewerb für ein neues Clubhaus mit einer zeitlosen Interpretation vernakulärer Typologien.

Publikationsdatum
24-03-2017
Revision
24-03-2017

Seit Mitte der 1960er-Jahre wird am Ostufer des Thuner­sees Golf gespielt. Das 60 ha grosse Gelände des Golfclubs Interlaken-Unterseen GCIU liegt westlich der Stadt in einem landschaftlich überaus reizvollen Gebiet mit Seeanstoss und Blick auf die Niesenkette. Die Fläche grenzt an das Kantonale Naturschutzgebiet Weissenau, eine Landschaft von nationaler Bedeutung, und an ein Auengebiet von ebenfalls nationaler Bedeutung. Weniger attraktiv ist hingegen die Infrastruktur. Das bestehende Clubhaus von 1994, die Einstellhalle für die Golfcaddies von 1984 – liebevoll «Wägelihalle» genannt – und die Garderobe von 1976 sind architektonisch und funktional sowie bautechnisch und energetisch in die Jahre gekommen.

Nachdem die Greens und Abschlagplätze bereits zum 50-jährigen Jubiläum 2005 eine umfassende Neugestaltung durch den schottischen Golfarchitekten John Chilver-Stainer erfahren hatten, schrieb der Club im Juni 2016 einen Wettbewerb zur Erneuerung der Bauten aus. Auch als Investition in die Zukunft, denn wie viele Golfclubs hat der GCIU mit Überalterung und Mitgliederschwund zu kämpfen. Für die Neugestaltung stellte er sowohl die Instandsetzung des Bestands als auch Abriss und Ersatz zur Disposition.

Zeitlos elegant

Acht eingeladene Architekturbüros aus dem Kanton Bern setzten sich mit der Aufgabe auseinander. Das Rennen in der anonymen Konkurrenz machte schliesslich der Lokalmatador L2A, Lengacher Althaus aus Unterseen mit «Hole #19», einem Entwurf, der zumindest auf den ersten Blick an südostasiatische Langhäuser erinnert. Auf den zweiten Blick gefällt vor allem die Setzung der Volumen. Durch die parallele Reihung und den kürzeren Bau in der Mitte entsteht eine attraktive Hofsituation, die, gemeinsam mit den steilen Satteldächern und der Materialisierung in Holz mit der Bildhaftigkeit des Motivs «Haus» spielt und dabei wiederum an landwirtschaftliche Typologien erinnert – und sich so bestens ins Berner Oberland integriert. Im nördlichen Einzelbau ist die Einstellhalle untergebracht, der Doppelbau beherbergt das Restaurant, die Garderoben im kurzen Teil und die Lounge sowie das Sitzungszimmer und die Wirtewohnung im Obergeschoss. Fassade und Tragstruktur präsentieren sich als stimmige Einheit. Einziger Wermutstropfen nach Meinung der Jury: Die grosszügigen Oberlichter scheinen nicht so recht zu der sonst so geerdeten, aber dennoch eleganten Architektur zu passen.

Keine Angst vor der grossen Geste

Einen konträren, aber beeindruckenden Ansatz wählten die drittplatzierten Freiluft Architekten aus Bern mit ihrem Entwurf «Segler». Auf dem Grundriss der bestehenden L-förmigen Bodenplatte vereinen die Autoren alle Funktionen unter einem ausladenden Dach. Die abgerundeten Einbuchtungen sind den Landschaftskammern des Golfplatzes nachempfunden. Vertikale Lamellen betonen die Grossform, gleichzeitig filtern sie das Licht und ermöglichen so attraktive Aussenräume. Restaurant, Garderoben und Sitzungsraum befinden sich im südlichen Gebäudeteil. Dieser ist nur über das Restaurant erschlossen – in den Augen der Jury ebenso ein Manko wie die Anordnung einzelner Funktionen, etwa die Platzierung der Bar zwischen Küche und Restaurant, die in den einzelnen Zonen viel Bewegung verursacht. Dennoch ein in seiner Bildhaftigkeit und Detaillierung starker Entwurf, dessen aktuelle Schwächen in einer Überarbeitung wohl zu beheben gewesen wären.

Fahrplan noch unklar

Den vier rangierten Projekten gemeinsam ist ihr sensibler Umgang mit der wertvollen Landschaft sowie eine auffällige Affinität zum Holzbau. Trotz der Gemeinsamkeiten erstaunt jedoch der Facettenreichtum der Lösungen.

Wann das Projekt realisiert wird, ist noch nicht klar. Mitte März wurde das Wettbewerbsergebnis an der Mitgliederversammlung präsentiert. Das Budget wird frühestens im kommenden Jahr festgelegt und war dementsprechend auch kein Kriterium im Wettbewerb. Clubmanager Markus Steiner spricht von einem Baubeginn in vier Jahren – im besten Fall.1 Das mag erklären, warum die Jury so gros­sen Wert legte auf eine zeitlose Ästhetik des Siegerentwurfs.

Anmerkung
1 Nora Devenish, «Neues Clubhaus in Aussicht», Jungfrau Zeitung vom 28. Januar 2017.

Weitere Informationen über die Erneuerung des Clubgebäudes Golfclub Interlaken-Unterseen finden Sie unter der Rubrik Wettbewerbe.

Auszeichnungen
 

1. Rang / 1. Preis, «Hole #19»: L2A, Lengacher Althaus, Unterseen; Bischoff Landschaftsarchitektur, Baden; Pirmin Jung Ingenieure, Thun


2. Rang / 2. Preis, «Unter Seen und Bergen»: arb Architekten, Bern; Weber und Brönnimann, Bern

3. Rang / 3. Preis, «Segler»: Freiluft Architekten, Bern; Klötzli + Friedli Landschaftsarchitekten, Bern; Pirmin Jung Ingenieure, Thun

4. Rang / 4. Preis, «Treibholz»: Arge Marazzi + Paul Architekten, Gümligen, mit Rychener Zeltner Architekten, Thun; BBZ Bern, Bern; WaltGalmarini, Zürich

 

Weitere Teilnehmer
 

«Birdie»: HMS Architekten und Planer, Spiez; Maurus Schifferli Landschafts­architekt, Bern

«Sweet Spot»: Brügger Architekten, Thun; extra Landschaftsarchi­tekten, Bern

«Callawey»: Aebi & Vincent Architekten, Bern; w + s Landschafts­architekten, Solothurn

«Club Fitting»: Brönnimann Architekten, Interlaken; Suzanne Albrecht und Regina Steiner, Thun

 

Jury
 

Regina Glatz, Architektin, Bern;
Rolf Mühlethaler, Architekt, Bern;
Heinrich Sauter, Architekt, Unterseen;
Adrian Strauss, Architekt, Bern

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