Zu­ga­be ge­fäl­lig!

Während der Zürcher Musentempel am See renoviert wird, konzertiert das Tonhalle-Orchester in einem Provisorium im Maag-Areal. Diese vorübergehende Spielstätte von Spillmann Echsle ­Architekten kündet von mutiger Voraussicht und einem Gespür für das ­Angemessene und Machbare. Keine Frage: Als Interimslösung ist der Saal zu schade.

Data di pubblicazione
05-05-2019

Wie ein überdimensioniertes sperrhölzernes Flugobjekt aus der Pionierzeit liegt der Konzertsaal in der Fabrik­halle. Entlang der Innenfassade der Maag-Halle mit ihren feinen Industriefenstern kann der Besucher fast ganz um den Saal herumspazieren. Die leicht wirkenden Wand­elemente aus Holz sind an Stahlstützen eingespannt, die in den rohen Betonboden gerammt sind.

Dieser erste Eindruck mag auch mit der Ausgangslage der Spielstätte als Provisorium und Teil einer Umnutzung zusammenhängen. Temporäre Bauten sind aufgrund ihrer beschränkten Lebensdauer und der meist knappen Finanzen baulich nach dem Prinzip «so viel wie nötig und so wenig wie möglich» konzipiert.

Wird dabei ein Altbau umgenutzt, lassen sich zugleich Geld und Material sparen. Umso überraschender, wenn sich ein solcher Bau – wie im Fall des temporären Ton­halle­saals – im Lauf seines Gebrauchs als dauerhafter, zweckmässiger, stabiler und vielleicht sogar schöner erweist als erwartet.

Auf dem Maag-Areal hat die Strategie der Umnutzung im Kontext seiner industriellen Nutzung seit 1907 Tradition: Nach dem Konkurs der Autofabrik Safir im Jahr 1913 übernahm Max Maag die Räumlichkeiten an der Zürcher Hardstrasse und begann hier Zahnräder und später Pumpen herzustellen. Die bis ins Jahr 2002 in Zürich produzierten, hochpräzisen Maschinenteile fanden weltweit Absatz.

In der Folgezeit wurde das ehemals kleine Fabrikareal immer wieder erweitert und umgebaut. Max Maag, der 1935 aus der Firma austrat und sich als Orgelbauer selbstständig machte, hätte es wahrscheinlich gefreut, aber kaum erstaunt, wenn er von dieser weiteren Umnutzung und Funktionsänderung der Fabrik zum Konzerthaus erfahren hätte.

Veränderungen mit Wirkung

Doch die Vorgeschichte, wie es zu dem neuen Saal kam, ist alles andere als gradlinig. In den Jahren 2001 bis 2003 wurde die ehemalige fünfschiffige Industriehalle in ein Musicaltheater und eine zweischiffige Event­halle umgenutzt. Aufgrund der umliegenden neuen Wohnbauten ertüchtigten Spillmann Echsle Architekten im Auftrag der Grundeigentümerin im Jahr 2015 die Gebäudehülle der Maag-Halle lärmtechnisch. Gleichzeitig wurden energetische Auflagen erfüllt und für den Gesamtkomplex eine Lüftungsanlage eingebaut.

Obschon die Renovation der Tonhalle am See feststand, gab es erst vage Andeutungen, dass das Orchester im Maag-Areal eine Interimsspielstätte finden könnte. Die Abstimmung über den Baukredit und die Entschuldung der Tonhalle-Gesellschaft lag noch in weiter Ferne. Klar war allerdings: Sollte das Tonhalle-Orchester als Ensemble weiterbestehen, konnte es nicht während des Umbaus jahrelang pausieren.

Trotz der unklaren Situation machten Spillmann Echsle Architekten für die Tonhalle-Gesellschaft eine Machbarkeitsstudie in der sich bereits im Umbau befindenden ehemaligen Eventhalle und bestätigten, dass er Platz für 1200 Zuschauer bot. Allerdings war die Raumhöhe für eine gute Akustik zu niedrig. Um das Volumen zu vergrössern, hoben sie darum das Dach um einen Meter an.

Ausserdem entfernten sie eine Stützenreihe in der Mitte der Halle und unterteilten aus akustischen Gründen die zur Nachbarhalle durchlaufenden Dachträger. Zwischen die zukünftigen Räumlichkeiten der Ton­halle und jene der Maag Music & Arts mit dem Musicaltheater schalteten sie schliesslich eine zusätzliche Brandschutzwand. Zusammen mit der alten Hallentrennwand spart diese nun auch eine Zone als zusätzlichen akustischen Schallpuffer aus. All das geschah innerhalb von knapp drei Monaten.

Erst Mitte 2016, nach der Annahme des Kredits durch das Zürcher Stimmvolk an der Urne, war sicher, dass das Orchester für drei Jahre im Maag-Areal unterkommen würde. Im Januar 2017 begannen die Architekten mit dem Einbau des Holzsaals und dem Innenausbau der alten Halle sowie der Nebenräume darum herum. Sechs Monate später fanden die ersten Probekonzerte statt...

Die ausführliche Version dieses Artikels finden Sie in TEC21 18/2019 «Holzbühnen auf Zeit».

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