Schä­tze im In­nern

Denkmalpflegepreis des Kantons Bern

Der Andenkenladen «Chalet Diana» in Interlaken und der Gasthof «Kreuz» in Herzogenbuchsee haben den diesjährigen Denkmalpflegepreis des Kantons Bern erhalten. Gewürdigt wurden damit zwei Denkmäler, die dank gleichbleibender Nutzung auch heutigen Anforderungen gerecht werden.

Data di pubblicazione
27-09-2018
Revision
27-09-2018

Erst griechischer Tempel mit Alphornbläser auf dem Dach, später Holzchalet aus dem Katalog: Die Architektur des Andenkenladens «Diana» am Interlakener Höheweg bewegte sich schon immer unaufgeregt zwischen den Kulturen. 1837 als «Au Temple de Minerve» gegründet, blickt das damals auf Horn- und Holzschnitzereien spezialisierte Ladengeschäft auf eine über 180-jährige Geschichte zurück. Der Kanton Bern würdigte die aktuelle Restauration mit seinem diesjährigen Denkmalpflegepreis.

Doch zurück ins 19. Jahrhundert: Nach 26 Jahren als Tempel stand 1863 ein Umbau an. Inzwischen hatte der Unternehmer Fritz Seiler vor Ort die «Parquetterie und Chaletfabrik Interlaken» gegründet, die die später als Chalet-Stil bekannte Holzarchitektur via Weltausstellungen und Musterkataloge ­bekannt machten und als Vor­fabrikation in die ganze Welt exportierten. Der später zum «Chalet Diana» umbenannte ehemalige Ladentempel wurde zu einem der ­Musterhäuser der Firma, Preis ca. 25 000 Franken.

1873 hob man das Dach an und fügte ein Wohngeschoss ein, 1901 folgten diverse Erweiterungen. Die originale hölzerne Inneneinrichtung blieb glücklicherweise weitgehend erhalten. Ein Besitzerwechsel löste die aktuellen Restaurierungsarbeiten aus. Dabei lag der Fokus der Planer von Holzkreation Schmid aus Grindelwald vor allem auf Erhalt und Wiederherstellung der historischen Inneneinrichtung. Zudem musste der Laden energetisch ertüchtigt werden – bisher hatte man den Mangel an Komfort durch eingeschränkte Öffnungszeiten im Winter ausgeglichen.

Um die Innenausstattung zu erhalten, setzten die Planer in diesem Fall auf eine 16 cm starke Aussendämmung – untypisch für ein Baudenkmal. Bei den Schaufenstern entschied man sich für einen Kompromiss und tauschte die bisherige Einfachverglasung gegen eine Zweifach-Isolierverglasung aus, die besser mit den filigranen Fensterprofilen harmoniert. Die variantenreiche Farbigkeit der einzelnen Bauteile beruht auf Befunden der Originalanstriche, sowohl innen als auch an der Fassade. Neu in den 170 m2 gros­sen Ladenraum eingebaut wurde ein rund 15 m2 grosses Büro. Als neu­trale graue Box mit ausreichend Abstand zur Decke beeinträchtigt es den Raumeindruck so wenig wie möglich – hier galt Denkmal vor Arbeitsbedingungen. Das neue Büro ersetzt in kleinerer Form einen Lager­raum aus den 1970er-Jahren an gleicher Stelle, der allerdings deutlich weniger Rücksicht auf die Innenarchitektur genommen hatte.

Der Umbau des «Chalet ­Diana» stärkt einen architektonischen Bot­schafter, wie ihn sich an diesem touristischen Hotspot kein Verantwortlicher besser wünschen könnte: Corporate Architecture avant la lettre, mit Augenmass ins Heute transportiert.

Ein Gasthof für alle

Der Gasthof «Kreuz» in Herzogenbuchsee teilte das Schicksal vieler Landgasthöfe – traditionsreiche Geschichte, ab Mitte des 20. Jahrhunderts mehrere Pächterwechsel, 2010 Leerstand, dann die Weiterführung des Restaurantbetriebs bis 2013. Beim «Kreuz» gab es eine glückliche, aber hart erkämpfte Wende. Die Bevölkerung wehrte sich gegen die Schliessung. Die daraufhin gegründete IG Kreuz stellte 2013 an der Gemeindeversammlung den Rückweisungsantrag für das ungenügende Konzept der Gemeinde, was mit grossem Mehr angenommen wurde.

Das ebnete 2014 den Weg für das Betreiberteam rund um die Equipe des örtlichen Kulturlokals «Altes Schlachthaus». Es präsentierte 2015 ein neues Betriebskonzept; die Finanzierung via Instandsetzungskredit und der Verkauf durch die Gemeinde gingen 2015 glatt über die Bühne. Dieses aussergewöhnliche Engagement würdigte die Berner Denkmalpflege dieses Jahr mit ihrem Spezialpreis. Seit Oktober 2017 ist der 1787 erstellte stattliche Bau im Herzen von Herzogenbuchsee nach einem Jahr Umbau durch das Team von baustil.ch wieder lebendiger Treffpunkt im Dorf.

Und wie: Im Erdgeschoss befindet sich die klassische Gaststube, der Keller beherbergt Bar, Lounge und ein Kulturlokal, ein Saal im ausgebauten Dachgeschoss kann für Anlässe gemietet werden. Das «Kreuz» empfängt auch wieder Übernachtungsgäste. Zwölf Gästezimmer liegen im ersten und zweiten Obergeschoss, darunter auch zwei rollstuhlgängige. Neben dem Gasthofgebäude wurde auch der 1914 hinzugefügte Anbau auf der Ostseite umgebaut: Hier sind nun mit der Musikschule, einem Kindergarten und der Mütter- und Väterberatung für das Dorfleben wichtige Angebote untergebracht.

Beim Umbau stützten sich die Planer auf die Befunde der Bauuntersuchung, die der Substanz einen guten Zustand attestiert hatte. Das Motto lautete: «Modernisierung innerhalb des historischen Bestands und Weiternutzung von gut erhaltener Bausub­stanz.» Das ist gelungen.

Alltag und Besonderheiten
Der jährlich verliehene Denkmalpflegepreis des Kantons Bern würdigt Bauherrschaften, die ein Baudenkmal mit Alltagsnutzung in Zusammenarbeit mit der Fachstelle restaurieren und weiterentwickeln. Das können auch auf den ersten Blick unspektakuläre Objekte sein, die aber die Identität der Städte nicht weniger prägen als repräsentative Gebäude. Im Vordergrund steht dabei die Wert­erhaltung, nicht die Wertvermehrung. Der Spezialpreis zeichnet die Restaurierung eines ausser­ge­wöhn­lichen Baudenkmals mit aufwendigen Massnahmen, bemerkenswerte Einzellösungen oder das he­rausragende Engagement ­einer Bauherrschaft aus. (pd)

Am Umbau Beteiligte
 

Andenkenladen «Chalet Diana», Interlaken
 

Bauherrschaft
Wyss Souvenirs, Daniel & Conny Wyss
 

Planung, Bauleitung und Holzarbeiten
Holzkreation Schmid, Grindelwald
 

Bauberatung Denkmalpflege
Renate Haueter, Denkmalpflege des Kantons Bern
 

Farbuntersuchung
Roger Tinguely, Steffisburg
 

Malerarbeiten
Dällenbach & Co., Interlaken
 

Holzboden
Kolb Wohnideen, Unterseen/Interlaken
 

Elektrische Installationen
Schild Elektro, Brienz

 

Gasthof Kreuz, Herzogenbuchsee
 

Bauherrschaft
Projektteam Kreuz/Kreuz Herzogenbuchsee Holding
 

Architektur und Bauführung
baustil.ch, Seeberg
 

Bauberatung Denkmalpflege
Dominique Plüss, Denkmalpflege des Kantons Bern
 

Montagebau Holz
Schärli Holzbau, Wangenried
 

Baudokumentation und Steinhauerarbeiten
Nussli Restauratoren, Bern
 

Verputz- und Malerarbeiten
BSH Bau, Wiler bei Utzenstorf
 

Malerarbeiten
Fischer, Thörigen BE; Malerei Wagner, Wangen an der Aare
 

Bodenbeläge
Marti Inneneinrichtungen, Oberönz BE (Linoleum) Steffen Raumkonzepte, Herzogenbuchsee (Parkett)

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