Von der Idee zur Er­fah­rung

Licht als Forschungsraum

Um die Theorie mit der Praxis zu verbinden, testen die Studenten der Hochschule Luzern – Technik & Architektur, wie sich verschiedene Faktoren auf Tages- und Kunstlicht auswirken.

Publikationsdatum
14-01-2016
Revision
16-02-2016

Architektur, Oberflächen und Technik sind wichtige Einflussfaktoren bei der Lichtgestaltung in Innenräumen. Um Forschung, Entwicklung und Praxis stärker mit der Lehre zu verbinden und um die Kollabora­tion der Fachgebiete Innenarchitektur, Gebäudetechnik, Elek­trotechnik und Architektur zu stärken, hat die Hochschule Luzern – Technik & Architektur die Themenplattform Licht@hslu entwickelt. Die Beteiligten widmen sich dem Thema «Wirkung, Energie und Funktion von Licht».

In drei unterschiedlichen Räumen wird die Schnittstelle zwischen Theorie und Praxis erlebbar gemacht. Neben dem «FarbLichtRaum» und dem «Lichtmesscontainer» als Tageslichtlabor bieten die Räumlichkeiten «Erleben von Raum & Komfort» Prototyp 1 und Prototyp 2 einen weiteren Baustein zur Erforschung der Wechselwirkung von Licht und Innenarchitektur.

Für Björn Schrader, Dozent und Leiter der ­Themenplattform Licht@hslu, ist es wichtig, dass den Studierenden eine entsprechende Infrastruktur angebo­ten wird, um eigene Erfahrungen zu machen, praxisori­entiert zu lernen oder unterschiedliche Raumstimmungen pro­dukt­­übergreifend zu inszenieren.

«Kennwerte werden grundsätzlich gelehrt und vermittelt. Die Lichtausbildung ist jedoch immer stärker von Technik und Normen geprägt. Es geht darum, das theoretische Wissen mit der persönlichen Wahrnehmung zu verbinden. Was bedeutet überhaupt eine Beleuchtungsstärke von 10 Lux, und was ist Blendung? Viele Parameter, die die Lichtqualität ausmachen, sind zu abstrakt und müssen von den Studierenden erst selbst erfahren werden.» Die Sensibilisierung für das facettenreiche Thema Licht fängt so schon in der Ausbildung an.

FarbLichtRaum

Die erste Entwicklung war der «FarbLichtRaum». Hier können Studierende bei unterschiedlichen Farbtem­peraturen Farben mischen und testen. So lassen sich Farb- und Oberflächenwirkung auf die Lichtverhältnisse des Orts abstimmen, wo sie später ein­gesetzt werden. Solche Versuchsreihen führen den Studierenden die Wirkungen des Lichts auf Farbton, Sättigung, Helligkeit und Struktur einer Oberfläche vor Augen.

Lichtmesscontainer

Im Gespräch mit den Maschinentechnikern auf dem Campus entstand die Idee, einen drehbaren Container für Tageslichtuntersuchungen zu entwickeln. Die um 360° drehbare Unterkonstruktion des Lichtmesscon­tainers ermöglicht eine flexible Ausrichtung auf den Sonnenstand. Den Ausbau plante ein Innenarchitekturstudent – auch hier stand die Praxiserfahrung im Vordergrund. Für die Realisierung mussten Entscheidungen getroffen, Kosten ermittelt und Detaillösungen ausgearbeitet werden. Beim Innenausbau und der Materialwahl stand die flexible Nutzung im Vordergrund.

Im Lichtmesscontainer wird seit Herbst 2013 Tageslicht untersucht. Beispielsweise wurden dort Lichtmessungen für das Projekt S.A.D.L.E.S.S. (System Analyse for DayLight, Energy and Shading Systems) durchgeführt, das vom Bundesamt für Energie (BFE) und vom Amt für Hochbauten der Stadt Zürich gefördert wurde.

Dieses Projekt beschäftigte sich mit einer Betrachtung von Beschattungssystemen mit dem Fokus auf Tageslicht. Die Ergebnisse werden für die Optimierung der SIA-Norm 380/4 Elektrische Energie im Hochbau / Beleuchtung verwendet. Für die Studierenden bedeutet es auch ein Sammeln von Erfahrungswerten: Wie ist der Ausblick bei unterschiedlichen Sonnenschutzsystemen? Wie ist die Raumwirkung bei diffusem Stoff oder bei einem Sichtschutz mit Muster?

Erleben von Raum & Komfort

Am 18. Februar 2016 werden zwei Räume zum «Erleben von Raum & Komfort» an der Hochschule Luzern er­öffnet. Die zwei Prototypen sind auf Basis der bereits ­gemachten Erfahrungen und des Inputs der beteiligten Fachdisziplinen entstanden und bilden die neue Infrastruktur für Licht, Akustik, Raumgefühl und ­Automation. 

In der Nähe des grössten Hörsaals des Departements Technik & Architektur befinden sich zwei nebeneinanderliegende, identische und zur Südseite ausgerichtete Räume mit Abmessungen von je 4.1 × 6.5 m (27 m2). Sie dienen als Demonstrations- und Besprechungsraum. Die durch eine Trennwand teilbaren Räume können mit einer Metalldecke, die aus einer Stahlrahmenkonstruktion mit Perforierung besteht, in der Raumhöhe von 1.90 m bis 3.60 m variiert werden.

Untersuchungen zur Umgebung und Atmosphäre werden mit einem «Evidence-based»-Ansatz durchgeführt und ermöglichen, dass Entscheide aufgrund der besten vorhandenen wissenschaftlichen Information gefällt werden. Damit lassen sich in diesen zwei Räumen feinste Unterschiede z. B. von Beleuchtungsstärke oder Schattenwurf vergleichen und erkennen. Über Tablets können die Studierenden die Raumautomation bedienen und Parameter wie Licht­szenen, Raumtemperatur, Verdunklung etc. steuern.

Die Deckenelemente sind durch eine vom Bühnenbauer geplante versteckte Seilkonstruktion in der Höhe verstellbar. In einem der Räume ist die Decke dreigeteilt und somit auch eine Staffelung der Höhe möglich. Durch eine 3-Phasen-Stromschiene (230 V + DALI) zwischen den Deckenplatten und die magnetische Oberfläche der abgehängten Decke können unterschiedliche Leuchtensysteme sehr einfach und überall montiert werden. Zudem sind in der Decke weitere Steckdosen und ein Wieland-Stecksystem installiert, die direkt mit der Gebäudeautomation angesteuert werden können. 

Für die Klimaerfahrung sorgt eine regulierbare Heiz- und Kühldecke. Dazu sind auf der Oberseite der Deckenplatten Kupferrohrmäander aufgelegt, durch die geheiztes oder gekühltes Wasser fliessen kann. Diese sind an den Heiz- und Kühlwasserkreis des Hausnetzes angeschlossen.

Wie es sich anfühlt, darunter zu sitzen, können die Studierenden selbst während einer Vorlesung erfahren. «Diese Art der thermischen Aktivierung von Deckenflächen ist seit langem Standard, z. B. in Büroräumen (Kühldecken, Kühlsegel o. Ä.). Hervorzu­heben ist hier, dass während des Kühl- oder Heizbetriebs die Nähe der Decke zum Nutzer verändert werden kann. Dadurch ändert sich der Wärmestrahlungsaustausch zwischen dem Menschen und speziell dem Kopf und der Decke. Dieser Effekt gilt als sehr einflussreich bei der Empfindung des Raumklimas und kann hier unmittelbar raumweise verglichen werden.» So Prof. Dr. Rüdiger Külpmann, hauptamtlicher Dozent für Gebäudetechnik. 

Akustisch wirksame Stoffe unterteilen den Raum und überraschen mit ihrer Optik: Ein leichter weisser Stoff verfügt über die annähernd ­gleichen akustischen Eigenschaften wie ein schwerer schwarzer. Die Elektrotechniker haben ein Kamerasystem entwickelt, mit dem die Räume grob auflösend aufgezeichnet werden.

Das Nutzerverhalten kann durch eine eigens entwickelte Sensorik erfasst werden. «Im Endausbau ist auch die Verteilung der im Raum befindlichen Personen und der Nutzeraktivität analysierbar. Aus den Daten lassen sich Aussagen zu Raumbedarf, Raumnutzung und Zusammenarbeit ableiten», sagt Björn Schrader. Ein Zeichen dafür, dass sich die Themenplattform Licht@hslu ständig ­weiterentwickelt.

Am Bau Beteiligte


Bauherrschaft
Hochschule Luzern Technik & Architektur

 

Projektteam
Silas Gerber, Anina Livia Bigler, Filomena Carboni

 

Dozenten
Peter Parrag, Andreas Odermatt, Rüdiger Külpmann, Ronny Portmann, Björn Schrader

 

Gebäudeautomation
Siemens Schweiz, Steinhausen

 

Licht
Erco Lighting, Zürich; Trilux, Spreitenbach; Ribag, Safenwil

 

Heiz-Kühl-Decke
Barcol-Air, Schwerzenbach

 

Vorhänge und Akustik
Création Baumann, Langenthal

 

Möblierung
Bigla, Biglen

Magazine

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