Mehr als ein Inventar
Schweizer Architektur Jahrbuch 2025/26
Die zweite Ausgabe des Schweizer Architektur Jahrbuchs ist da. Die Publikation zeigt ein einzigartiges Panorama exzellenter Schweizer Architektur.
Das ansprechende Buchdesign macht das SAY 2025/26 zum inhaltsstarken Blickfänger und zeigt, wie das Genre Jahrbuch im Zeitalter digitaler, interaktiver Archive attraktiv bleiben kann. Der Almanach versteht sich als «Inventar helvetischer Architekturproduktion» und dokumentiert eine Auswahl an Bauprojekten von 2022 bis Ende 2024. Aus 158 von Architekturfachleuten eingereichten Nominierungen wählte die Fachjury die 30 besten Bauten aus.
Vielfalt über die Architektur hinaus
Die Bandbreite ist gross: Bürohaus Fabrik Habegger, Thun BE; Schulanlage Guggach, Zürich; Auberge Grand Hotel du Cervin, Saint-Luc VS; Hinterrheinsteg Nuign, Bonaduz GR; Wohnkomplex Felix Platter Spital, Basel und das Theater St. Gallen, um nur einige der besten nominierten Bauten zu nennen.
Eine Durchsicht der zweiten SAY-Ausgabe zeigt, dass die Bezeichnung «Inventar» tiefgestapelt ist. Denn die Konzeption der 2023 lancierten Buchreihe beweist, dass die viersprachige Publikation weit mehr darstellt, und Bauaufgaben sowie Tendenzen tiefer auf den Grund geht als ein Inventar dies leisten kann. Farblich unterlegte Essays zu den SAY-Themenfeldern Verdichten, Freiräume, Allianzen schmieden, Weiterbauen und Fügen verbinden das umfangreiche Bildmaterial baulicher Praxis mit Textbeiträgen zu den Projekten.
Neu in das Jahrbuch aufgenommen wurde die Kategorie «Mehr als Architektur». In ihr sind Beiträge enthalten, die über das Gebaute hinausweisen, wie zum Beispiel die Initiative «Mein Baum Dein Baum» in Basel und der eindrucksvolle Bauatlas historischer Häuser.
Stadt und Land
Ein gutes Drittel der 30 Finalisten sind Neubauten und Umbauten, die in Zürich, Basel, Lausanne, Genf und im Umland entstanden. Grossstädte sind Schwungräder von Architektur und baulichen Innovationen. Doch auch Bauten aus ländlichen Regionen kommen im Jahrbuch nicht zu kurz, etwa die die vorbildlich kreative Umnutzung der Scheune der Ferme Protégée in Cottens FR.
Allianzen und Gemeinsinn
Mittig im Buch platziert ist das Kapitel «Allianzen schmieden». Der Titel verweist auf die sozialen Freiräume der Zivilgesellschaft und darauf, wie diese als Gemeinschaft Lebensräume qualitativ verbessern kann.
Die Fachjury wählte unterschiedlichste Beispiele für das Engagement von Genossenschaften und Stiftungen aus. Der Bogen spannt sich von der wieder begehbaren Burg Neu-Aspermont bis zur sanierten Wohnsiedlung Cité Carl-Vogt in Genf aus den 1960er-Jahren. In die Endauswahl schafften es der Genossenschaftsbau Lyse-Lotte in Basel und das Werk- und Wohnhaus Werk 11 in Biel BE.
SAY-Ausstellung im S AM
Nicht in den Rang der besten 30 gelangte manch anderes beachtenswertes Bauprojekt der 158 Nominierungen, die im Schlussteil des Jahrbuchs dokumentiert werden, wie auch auf den Schautafeln der SAY-Ausstellung im Schweizerischen Architekturmuseum S AM in Basel.
Fraglos hatte die Fachjury die Qual der Wahl. Sie habe sich die Entscheidung nicht leicht gemacht, betont Andreas Ruby, S AM-Leiter und SAY-Juror. Vor diesem Hintergrund regt die den Jahrbuch-Launch begleitende Ausstellung dazu an, den Auswahlprozess nachzuerleben. Die Ausstellung zeigt die für die Fachjury auf Stuhlreihen gestellten Schautafeln der nominierten Bauwerke. Besuchende erhalten Stimmzettel mit der Frage: «Welche zehn Projekte hätten Sie ausgewählt?»
Ob das Publikum d’accord geht mit der Selektion der Fachjury, wird sich nach dem Ende der SAY-Wanderausstellung zeigen. Falls nicht, dürfte das Jahrbuch 2025/26 nicht nur als Impulsgeber für qualitätsvolle Schweizer Baukultur dienen, sondern auch eine Diskussion über die Kluft zwischen den Präferenzen von Experten und Öffentlichkeit anstossen.
Begleitende Ausstellung zur SAY-Lancierung, S AM Basel bis 9. November 2025
S AM Schweizerisches Architekturmuseum (Andreas Ruby), werk, bauen + wohnen (Roland Züger), SAS Stiftung Architektur Schweiz (Hg.): SAY 2025/26. Schweizer Architektur Jahrbuch 2025/26. Park Books, Zürich 2025. 280 Seiten, 301 farbige und 206 s/w Abb., 32 cm x 22 cm, ISBN 978-3-03860-456-3, Fr. 49.–
Bücher bestellen unter order [at] staempfli.com (order[at]staempfli[dot]com). Für Porto und Verpackung werden Fr. 9.60 in Rechnung gestellt.