Pol­ce­ve­ra-Via­dukt Ge­nua

Editorial

Publikationsdatum
22-02-2019
Revision
22-02-2019

Der Rückbau hat begonnen. Seit dem 8. Februar 2019 wird das Polcevera-­Viadukt in Genua abgetragen. Das einst stolze, 1102.45 m lange Spannbetonbauwerk von Riccardo Morandi wird durch eine neue stählerne Brücke ersetzt, die auf einen Entwurf von Renzo Piano zurückgeht. Bereits in zwölf Monaten soll die neue Verbindung stehen, was durchaus Bewunderung, ein Lächeln oder aber Kopfschütteln auslösen kann. Die italienische Politik hat es offenbar eilig mit dem Wiederaufbau. Im Vorfeld des Abbruchs wurde ein Gesetz zur Überwindung der negativen ­Folgen des Brückeneinsturzes verabschiedet. So konnte die Auftragsvergabe ohne das übliche Ausschreibungsverfahren stattfinden. EU-Recht, quo vadis?
Verstummt sind Stimmen, die vor der Tragödie Warnungen in den Wind schlugen und einen ­möglichen Einsturz als «favoletta», als Märchen hinstellten wie noch 2013 Beppe Grillo, der ­Begründer des «Movimento 5 Stelle». Dafür war die Schuldige schnell gefunden: Noch vor der Untersuchung der Schadensursache wurde der Betreiberin, den «Au­tostrade per l’Italia», die ­Verantwortung zugewiesen. Von fehlenden Kon­trollen sprach man weniger. Und während der Bericht zum Beweissicherungsverfahren, der mithilfe der Empa angefertigt wurde, noch geheim ist, zitieren italienische Zeitungen bereits daraus. Es hat den Anschein, dass die Wirren des Einsturzes noch nachhallen. Der von der italienischen Regierung verhängte Ausnahmezustand für Genua dauert jedenfalls noch bis in den Sommer.
 

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