Kreis­lauf­wirt­schaft am Bau

Abfall ist das, was niemand braucht. Bis vor wenigen Jahren wurde er bei fast jeder Produktion als unvermeidbares Übel angesehen. Demgegenüber bleibt in der Natur alles im Fluss, nach dem Prinzip Cradle to Cradle ist der Prozess-Output des einen ­Vorgangs der Input des nächsten.

Publikationsdatum
05-06-2021

Genauso müssen wir den Produkten, die aus unseren Wirtschaftssektoren hervorgehen, regenerative, belastbare Systeme zugrunde legen, die biologische und technische Kreisläufe verbinden. Der zukünftige, verglichen mit heute reduzierte Abfall wird also zur Ressource – wobei seine Materialeigenschaften und die gespeicherte graue Energie weitergenutzt werden.

Die Verlängerung der Lebensdauer von Materialien und Bauteilen trägt so dazu bei, dass weniger Primärressourcen verbraucht werden. Darüber hinaus muss das Motto «denke global, handle lokal» in einer konsequent umgesetzten Kreislaufwirtschaft soziale und kulturelle Zusammenhänge miteinbeziehen, um gleichzeitig einen regional basierten Mehrwert zu erzeugen.

Um ein komplexes Nachhaltigkeitsproblem zu lösen, ist es naheliegend, die Welt aus einer integrativen, den gesamten Lebensraum umfassenden Perspektive zu betrachten – denn alles ist miteinander verbunden. Damit zirkuläre Wirtschaft ihre volle Wirkung entfaltet, muss sie also auf der ökologischen, ökonomischen und sozialen Basis unserer Gesellschaft sämtliche Sek­toren wie Verkehr, Textil, Landwirtschaft, Bauen und Dienstleistungen verbinden. Beim Bauen ist Kreislaufwirtschaft in der Schweiz, in Europa und weltweit ein Thema, das Bauindustrie, Planer und Planerinnen, Bauherrschaften, Konsumenten, Politik und Behörden beschäftigt.

Die Sonderpublikation «Zirkuläre Architektur», entstanden im Auftrag des Bundesamts für Umwelt, soll einen Eindruck davon geben, wie umfassend das Thema ist. Unter den publizierten Architekturbeispielen gibt es Umbauten – wegen des Erhalts der grauen Energie sind sie oft die nachhaltigste Lösung –, aber auch Neubauten, die zeigen, wie kreislauffähige Architektur der Zukunft aussehen kann. Sie alle geben einen Einblick, wie unterschiedlich die Ergebnisse sind und wie viel kreativer Spielraum beim Entwurf besteht.

Die Prinzipien und Umsetzungen schliessen einander keinesfalls aus, sondern ergänzen sich. Selbstverständlich spielen auch die Menschen und neue Arbeits- und Produktionsmodelle eine besondere Rolle, denn sie müssen Teil einer umfassenden Lösung werden, soll sich die Schere zwischen Arm und Reich nicht noch weiter öffnen.

Neben den Architekturbeispielen zeigen zwei Interviews mit Forschenden auf, dass zur zirkulären Wirtschaft noch zahlreiche Erkenntnisse zu generieren sind. Das beinhaltet auch die über den Bau hinausgehenden planerischen, systemischen und digitalen Zusammenhänge – gerade Letztere bieten eine Möglichkeit, über Datenbanken Abfall zur Ressource zu machen und ihm einen Wert zuzuordnen. Die Beiträge vermitteln beispielhaft einen «Stand der Dinge» – und eine Idee, wohin der Weg in Zukunft führt.

Der Übergang von einer linearen in eine zirkuläre Wirtschaft gelingt nur, wenn die Grundlagen unserer Gesellschaft zu neuen, auf Veränderungen flexibel anpassbaren und resilienten Systemen verknüpft werden und wir alle unser Konsumverhalten verändern – eine gesellschaftliche und individuelle, komplexe und spannende Herausforderung, bei der dem Bauen eine Hauptrolle zukommt.

Entstanden im Auftrag des Bundesamts für Umwelt sind bei espazium – Der Verlag für Baukultur folgende Sonderhefte zur Kreislaufwirtschaft erschienen:

 

Nr. 1/2021: «Zirkuläre Architektur: Bauten, Konzepte und Zukunftsstrategien»


Die Artikel dieser Ausgabe und weitere Beiträge zum Thema finden Sie in unserem digitalen Dossier «Kreislaufwirtschaft».

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