Kraft­werk aus Da­ten

Bauingenieur Martin Valier und Architekt Christian Penzel planen derzeit den Neubau des Wasserkraftwerks Hagneck am Bielersee. Im Wettbewerb konnten sie sich gegen sieben andere Teams durchsetzen. Valier und Penzel sagen, die Arbeit mit Building Information Modeling habe ihnen und ihrer Zusammenarbeit einen entscheidenden Vorteil verschafft.

Publikationsdatum
31-10-2013
Revision
30-10-2015

Die Rahmenbedingungen waren präzise, die Gestaltungsfreiheit musste aus der Aufgabe erarbeitet werden: Jahrelange Variantenstudien und Planungen hatten dazu geführt, dass den Teilnehmern im Wettbewerb für das neue Wasserkraftwerk Hagneck nicht viel Spielraum blieb. Wie die technischen Anforderungen eines solch komplexen Bauwerks auch gestalterisch anspruchsvoll realisieren? Um die beste Lösung auszuloten, musste die Zusammenarbeit zwischen Bauingenieuren, Architekten und Gesamtplaner noch enger verlaufen als in Arbeitsgemeinschaften üblich. Für Martin Valier und Christian Penzel bot sich dafür Building Information Modeling an, dessen Vorteile, aber auch dessen Fallstricke sie bereits bei der Arbeit am Tramdepot Bern kennengelernt hatten. 

Ihr Projekt «Tiefgang», das die Jury einstimmig zur Weiterbearbeitung empfahl, gliedert die Anlage in Maschinenraum, Pfeiler und Wehröffnungen. Der Entwurf überzeugte mit seiner Massstäblichkeit sowie der Einheit von Funktion und Form. Zudem macht ein Spazierweg über die Wehrbrücke den Zweckbau aus verschiedenen Blickwinkeln erlebbar. Er befindet sich auf einem höheren Niveau als die Fahrbahn; dadurch wirkt das Kraftwerk in seiner Form differenzierter und passt sich besser in die Landschaft ein.  

Von 2-D nach 3-D – und zurück

Penzel und Valier entschieden sich für das Modell des «little bim»: Der Ingenieur erhielt ein 3-D-Modell von den Architekten und arbeitete die Bewehrung direkt in dieses ein; da man die gleiche Software benutzt, entstanden keinerlei Import-/Exportverluste. So konnten gestalterische Lösungen direkt auf technische Anforderungen reagieren und vice versa – und Entscheidungen wurden frühzeitig aufeinander abgestimmt. Während des Wettbewerbs konnte der Entwurf mehr Bearbeitungsschlaufen durchlaufen, als es ohne BIM möglich gewesen wäre. Allerdings wurden noch keine Zusatzinformationen zu den Baumaterialien hinterlegt, da die Bauherrschaft diese Leistung nicht nachfragte.

Ein weiteres Plus lag in der starken Ausrichtung auf die Vorfabrikation: Viele Unternehmer erhielten die Daten im 3-D-Format und konnten sie so direkt nachbearbeiten und an ihre Fertigungsabteilung weitergeben oder gemeinsam mit den Architekten im 3-D-Modell optimieren. Mittlerweile nutzen Penzel Valier die 3-D-Daten auch intern zur physischen Entwurfskontrolle: Ein 3-D-Drucker übersetzt diverse Varianten in detaillierte Arbeitsmodelle, an denen sich die Planung überprüfen lässt. 

Dennoch birgt die Planung mit BIM einige Herausforderungen, zu deren Bewältigung Vorbilder fehlen. So erhielten die Architekten von einigen Fachplanern zu detaillierte 3-D-Modelle. In der Kommunikation mit anderen Fachplanern kam wiederum die Software an ihre Grenzen – der Datenaustausch funktionierte nicht optimal, und die Architekten mussten neue Planungsinformationen von Hand ins 3-D-Modell einfügen. 

Das Potenzial der dreidimensionalen Planung beim Kraftwerk Hagneck ist auf der folgenden Doppelseite schematisch dargestellt: Die Planer übergeben ihre koordinierten Daten den Architekten im 3-D-Format .icf; sie werden geprüft und in der Folge ins digitale 3-D-Modell übernommen. Bei Bedarf kann man die Pläne mit wenig Aufwand als 2-D extrahieren.

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