Le­ben im Ho­me­of­fice

«Wohnen und Arbeiten – Hand in Hand» hiess die Fachtagung der diesjährigen Grenchner Wohntage. Doch die beiden Bereiche lassen sich nicht immer so harmonisch verbinden. Welche Lehren für den Wohnungsbau anstehen, gab viel zu diskutieren.

Publikationsdatum
13-09-2021

Das Thema der Grenchner Wohntage 2021 hätte aktueller nicht sein können: Wohnen und Arbeiten. Denn die scharfe Trennung zwischen den beiden Lebensbereichen verwischt sich zunehmend. Immer häufiger dienen Wohnungen nicht mehr nur dem Wohnen, sondern werden zusätzlich auch als Arbeitsplatz genutzt. Was bedeutet das für den Wohnungsbau? Welche neuen Anforderungen sollen künftige Wohnungen erfüllen? Oder geht es vielmehr darum, bewährte Wohnungstypologien durch zusätzliche, externe Raumangebote zu ergänzen – im gleichen Haus oder zumindest in der gleichen Siedlung?

Die Kombination von Wohnen und Arbeiten hat durch die Corona-Pandemie und den damit einhergehenden Hygienemassnahmen – bis hin zur landesweiten Homeoffice-Pflicht – einen kräftigen Schub erfahren. Dieser wirkt auch ohne Lockdown weiter: Nach der erzwungenen Erfahrung, dass Teleworking funktionieren kann, ist Homeoffice in vielen Branchen zu einer möglichen Option avanciert.

Begonnen hat dieser Trend allerdings schon vor mehreren Jahrzehnten, ausgelöst durch die Digitalisierung der Arbeitswelt, die eine Zusammenarbeit über grosse Distanzen überhaupt erst ermöglicht. Hinzu kommt aber auch ein Wandel unserer Lebensmodelle. Etwa die Emanzipation und die damit einher gehende Berufstätigkeit beider Lebenspartner: Liegen die Arbeitsplätze weit voneinander entfernt, muss einer der beiden lange Anfahrtszeiten auf sich nehmen; um diese zu vermeiden, ist Homeoffice eine willkommene Alternative. Auch die steigende Beliebtheit von Teilzeitpensen, Jobsharing und Selbstständigkeit legen solche Arbeitsmodelle nahe.

Doch die Pandemie hat den bereits existierenden Trend, auch zu Hause einer Berufstätigkeit nachzugehen, nicht nur beschleunigt; mit der Homeoffice- und Homeschooling-Pflicht hat sie sie unsere Wohnungen, unser Wohnumfeld einem Härtetest unterzogen. Wie unter dem Vergrösserungsglas wurden auf einmal Stärken und Schwächen unseres gebauten Lebensraums erkennbar: Denn nicht jeder Grundriss und nicht jedes Quartier verträgt es gleichermassen gut, wenn sich so viele Menschen dauernd darin aufhalten und so viele unterschiedliche Aktivitäten darin stattfinden sollen.

Aus diesen Erfahrungen gilt es zu lernen. Welche Grundprinzipien sind zu beachten, damit unsere Wohnungen sich für unterschiedliche Nutzungen, Lebensmodelle und Wohnformen eignen? Wie müssen sie angelegt sein, damit sie einen steten Wandel zulassen? Haben funktionalistische Wohnungen, deren Räume jeweils auf eine bestimmte Funktion hin optimiert sind, ausgedient, weil sie im Laufe der Jahre zu gebauten Hindernissen werden? Welche Prinzipien gilt es bei der Gestaltung des Wohnumfelds zu beachten?

An den Wohntagen präsentierten Fachleute aus Forschung, Planung, Politik, Verwaltung und Architektur ihre Erkenntnisse zum Thema. Die Flughöhe variierte stark: Differenzierte Analysen von Wohnungsgrundrissen waren ebenso vertreten wie Planungsvorhaben für ganze Quartiere in unterschiedlichen Städten, darunter auch Grenchen selbst, sowie engagierte Stimmen aus Politik, Verwaltung, Genossenschaften, Finanz und Wirtschaft.

Kurze Videos, in denen Kinder ihre Erfahrungen aus dem Lockdown schilderten, führten in die Themenblöcke ein und sorgten für Begeisterung. Ein vielfältiges Panorama also und eine lehrreiche Veranstaltung, die wichtige Fragen aufgeworfen und eine vielschichtige Diskussion ausgelöst hat. Wer nachlesen mag, findet Informationen, das Programm und einen Rückblick auf https://www.bwo.admin.ch/bwo/de/home/das-bwo/grenchner-wohntage.html.

 

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