En­er­gie­stra­te­gie 2050 – Schlüs­sel­bran­che Bau?

Swissbau 2014

Ein Kurzfilm zu Beginn leitete das Thema ein: Der Gebäudepark ist verantwortlich für 50% des Schweizer Energieverbrauchs. Um diesen zu senken, werden pro Jahr 1.5 Mio. Bauten energetisch instandgesetzt. Was nach viel klingt, ist nur ein Tropfen auf den heissen Stein: Die Anzahl macht 1% des Bestands aus. Wie man die Menge erhöhen könnte, sollte Thema der Swissbau Focus Arena am 23.1.2014 sein.

Publikationsdatum
23-01-2014
Revision
01-09-2015

Zu Beginn erteilte Moderator Reto Brennwald dem Aargauer SVP-Nationalrat Hansjörg Knecht das Wort. Mit seinem Votum «Das Gebäudeprogramm ist ein Paradebeispiel für ein Umverteilungsprogramm» legte er von Anfang an Stil und Richtung der Diskussion fest. Gemeinsam mit Swissbau-Focus-Arena-Habitué Ansgar Gmür, Direktor des Hauseigentümerverband HEV Schweiz, prangerte Knecht die Energiestrategie als solche sowie deren Teiprojekte wie das Gebäudeprogramm als zu bürokratisch an, gleichzeitig kritisierten sie die zeitliche Ausrichtung auf 2050 als zu langfristig.

Den anderen Teilnehmern blieb die Möglichkeit, Fakten zu entgegnen. So wies Barbara Jegger-Enzer, Direktorin der Bau-, Verkehrs- und Energiedirektion des Kantons Bern, darauf hin, dass die 24 Mio. Franken, die Bund und Kanton Bern zu gleichen Teilen für Förderungsprogramme zur Verfügung stellen, insgesamt rund 100 Mio. Franken Umsatz generiert hätten. Zumindest in Bern laufe die energetische Sanierung bestehender Gebäude so gut, dass die Baubranche gut, fast zu gut ausgelastet sei.

Marianne Zünd, Mitglied der Geschäftsleitung im Bundesamt für Energie BFE, wies darauf hin, dass vor allem private Eigentümer zwar durchaus bereit seien, Sanierungen durchzuführen. Dies geschehe aber oft in kleineren, einfach zu finanzierenden Etappen. Eine Gesamtbetrachtung eines Gebäudes sei aber langfristig oft sinnvoller. Hier setze das Gebäudeförderprogramm an: Die gesamthaft zur Verfügung stehenden 500 Mio. Franken sollen es den Eigentümern ermöglichen, das Gebäude als Gesamtsystem renovieren zu können.

Ein Problem dabei sei allerdings die Aus- und Weiterbildung der Fachkräfte, vor allem der Handwerker – dass hier mehr investiert werden soll, darin waren sich alle Diskussionsteilnehmer einig. Rahel Gessler, Leiterin der Abteilung Energie und Nachhaltigkeit der Stadt Zürich, stellte in diesem Zusammenhang das Projekt Energie-Coaching vor, bei der sich Eigentümer, aber auch Planer von Fachpersonen beraten lassen können. Idealerweise tragen die beteiligten Architekten das neu erlernte Wissen in die Büros und weiter zu anderen Projekten.

Gessler bodigte auch das von Hansjörg Knecht und Ansgar Gmür hartnäckig vorgebrachte Votum, Sanierungen wären zu teuer und würden aus Kostengründen vermieden. Mit Hinweis auf eine Studie der Stadt Zürich erklärten sie, dass die Kosten für die Werterhaltung 18% betragen, während für eine Sanierung mit nur 3% Mehrkosten gerechnet werden muss – kurz: langfristig zahlt sich eine energetische Sanierung immer aus.

Bevormundung oder Verantwortung 

In welchen Zeiträumen gedacht, geplant und Visionen entwickelt werden, stellte sich letztendlich als der entscheidende Unterscheid zwischen den beiden Lagern der Diskussionsrunde heraus. Gemäss den Befürwortern der Energiestrategie gewährt der gewählte grosszügige Zeithorizont Planungssicherheit, erlaubt die Gesamtbetrachtung und bietet die Möglichkeit, neue Technologien einzubauen und aus Fehlern zu lernen. Die Gegner interpretieren die Langfristigkeit als Bevormundung der nächsten Generationen.

Dieser Grundkonflikt konnte in der emotional geführten Debatte nicht gelöst werden, das eigentliche Thema – die Rolle der Baubranche bei der Energiewende – verdrängte er in den Hintergrund.

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