Mai­son du Peu­ple in Cli­chy: neue Run­de

Das Maison du Peuple (1935–1939) von Eugène Beaudouin, Marcel Lods, Vladimir Bodiansky und Jean Prouvé ist eine soziale Errungenschaft und ein architektonisch-ingenieurtechnisches Meisterwerk. Doch seit Längerem versucht die Gemeinde Clichy-la-Garenne, den als Baudenkmal eingetragenen, aber ungeliebten Bau loszuwerden. Nun soll darin eine Schokoladenmanufaktur einziehen.

Data di pubblicazione
03-05-2022

Einst diente das bauliche Meisterwerk allen Schichten der Bevölkerung als Markthalle, Treffpunkt, Sozialzentrum, Theater- und Kinosaal. Seit 2005 stand er bis auf die Markthalle leer, die Nutzung war ungewiss. Ein Projekt des französischrn Architekten Rudy Ricciotti für die Groupe Duval sah ein nahezu 100 Meter hohes Hochhaus mit einem Luxushotel als Überbau über dem Baudenkmal vor, ein Vorschlag, der von der Denkmalpflege erstaunlicherweise gutgeheissen wurde. In TEC21 15/2019 wurde über das Projekt berichtet und kritisch dazu Stellung genommen.

Die Aufmerksamkeit der internationalen Fachpresse, eine Nachbarschaftsinitiative und Proteste von docomomo, dem internationalem Komitee für die Erforschung und Erhaltung moderner Architektur, hatten offenbar zumindest teilweise Wirkung: Kulturminister Franck Riester legte im vergangenen Jahr sein Veto gegen das Projekt ein. Im «Plan local d’urbanisme» (PLU) ist die verquere Möglichkeit, ein Hochhaus über dem Baudenkmal zu errichten, allerdings immer noch enthalten.

Eine Wiederbelebung des Maison du Peuple im Sinn einer erneuten Einrichtung für die gesamte Bevölkerung kam für die Gemeinde offenbar nicht infrage. Sie verkaufte das Gebäude im Januar 2022 an den Unternehmer und Sternekoch Alain Ducasse und die Société financière Apsys. Sie planen, darin die Büros für den Hauptsitz der Groupe Alain Ducasse und die Fabrikationsanlagen für deren firmeneigene Schokoladen, Glacen und Biscuits einzurichten. Öffentlich zugänglich werden lediglich das Nobelrestaurant sowie ein Verkaufs- und Ausstellungslokal mit Café sein, der Rest des Gebäudes wird geschlossen. Das beauftragte Architekturbüro Alain-Charles Perrot & Florent Richard hat eine breite Erfahrung in der Restaurierung von Baudenkmälern des 20. Jahrhunderts. Es versichert, dass alle Elemente, auch die Dachkonstruktion, die geöffnet werden kann, sorgfältig restauriert und keine irreversiblen Eingriffe getätigt werden sollen.

Sofern die originalen Materialien und Konstruktionen beibehalten werden, sind dies für die materielle Erhaltung des Gebäudes gute Nachrichten. Und dennoch: Der Geist des Maison du Peuple, seine inhaltlichen Anliegen werden durch die Privatisierung und das Abschliessen sehr weiter Bereiche zerstört. Die Zugänglichkeit des Gebäudes für die breite Bevölkerung wird preisgegeben, seine Funktion als Katalysator der Gemeinschaftsbildung aufgegeben. Es wird der Öffentlichkeit entzogen, und damit verliert seine Architektur, die auf einen sozialen Zweck zugeschnitten war, ihren Sinn.

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