Das neue Ar­gu­men­ta­rium für Or­ga­ni­sa­tion­smo­del­le nach SIA

Die Wahl der richtigen Organisationsform hat einen zentralen Einfluss auf den Projekterfolg. Sie wirkt sich auch auf Wahrnehmung und Selbstverständnis der Planenden und auf die gebaute Umwelt aus. Der SIA-Fachrat Vergabewesen hat sich in seinem ersten Argumentarium damit beschäftigt.

Data di pubblicazione
17-12-2020
Laurindo Lietha
BSc FHO Civil Engineering/Bauökonom DAS, Fachspezialist Ordnungen/Beschaffung SIA

Gemäss den Organisationsformen nach SIA sind Planende partnerschaftlich und treuhänderisch mit der Bauherrschaft verbunden. Denn ein ­Projekt wächst und gedeiht mit dem Mitein­ander, dem Austausch und der gemeinsamen, situativen Lösungsfindung für das vorteil­hafteste Resultat. Andere immer stärker aufkommende Modelle mit Gesamtleistern sind hingegen auf einem Interessengegensatz aufgebaut: Einsparungen zulasten der Qualität eines Bauwerks erhöhen ihren Profit. Der Einzel- oder Generalplaner hingegen hat kein Interesse daran, die Qualität zu drücken. Von Kostenoptimierungen ­profitieren so die Bauherrschaft und das Projekt.

Planende sind der Allgemeinheit verpflichtet

Zudem sind Planende in Gesamtleistermodellen nur noch Dienstleis­tende und Sub-Beauftragte eines Unternehmens. Sie können ihre ­Verantwortung der Bauherrschaft gegenüber nur noch bedingt wahr­nehmen. Gleiches gilt für die Verpflichtung der Umwelt gegenüber, die aus einem gesunden Berufsstolz erwächst. In der Vision des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins (SIA), dem rund 16 000 Planende verschiedener Disziplinen angehören, ist dieser Grundsatz, der in der über 180-jährigen Entwicklung des SIA gewachsen ist, festgehalten: «Unser Ziel ist ein zukunftsfähiger und nachhaltig gestalteter Lebensraum von hoher Qualität. Darauf richten wir alle unsere Anstrengungen aus.»

Wenn billig teuer wird

Der englische Sozialphilosoph John Ruskin schrieb bereits im 19. Jahrhundert: «There is hardly anything in the world that someone cannot make a little worse and sell a little cheaper.» – Es gibt kaum etwas auf der Welt, das nicht irgendjemand ein wenig schlechter machen und ein wenig billiger verkaufen könnte.  Diese Weisheit hat bis heute Bestand.

Mit der Revision des Bundesgesetzes über das öffentliche Beschaffungswesen (BöB), das am 1. Januar 2021 in Kraft tritt, hat der Gesetzgeber dem «Billig-Paradigma» einen Riegel vorgeschoben. Er hat, wie John Ruskin damals fortfuhr, erkannt: «Es ist unklug, zu viel zu bezahlen, aber es ist schlimmer, zu wenig zu bezahlen. Wenn man zu viel bezahlt, verliert man ein wenig Geld – das ist alles. Wenn man zu wenig bezahlt, verliert man manchmal alles, weil der gekaufte Gegenstand nicht in der Lage war, das zu tun, wozu er gekauft wurde.» Geiz ist also nicht mehr geil. Eine Auftraggeberin, die nur auf den Preis setzt, wird nicht einmal dieses Ziel erreichen.

Der Zeitgeist verlangt nach Qualität und Nachhaltigkeit

Die Gesellschaft will, was allgemein unter Baukultur verstanden wird und der Gesetzgeber als zeitgemässe Zuschlagskriterien definiert: Qualität, Nachhaltigkeit, Ästhetik und Innovation. Die Organisationsformen nach SIA verfolgen, wie das gesamte SIA-Ordnungswerk, das den ganzen Beschaffungsprozess im Lebenszyklus einer Baute reguliert, exakt diese Ziele.

Das Argumentarium bezieht sich
auf die in der Norm SIA 112 «Modell Bauplanung» (Ausgabe 2014) ab­gebildeten Organisationsmodelle und findet sich auf www.sia.ch/argumentarium zum Download. Im Rahmen der laufenden Revision der Ordnungen für Leistungen und Honorare (LHO) wird eine vertiefte Untersuchung weiterer heute zur Anwendung kommender Organisationsmodelle durchgeführt. Das Argumentarium wird bei Vorliegen der Resul­tate erweitert.

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