Gäste statt Ge­treide

Editorial TEC21  30/2020

Date de publication
01-10-2020

Silos haben nicht unbedingt den Ruf, ästhetisch, vielseitig nutzbar oder gar komfortabel zu sein. Normalerweise als reine Zweckbauten in die Landschaft gesetzt, verkehrsmässig sehr gut erschlossen, daher meist in lauter Umgebung: Man schmeckt schon fast den Staub und die Abgase, die um ein solches Gebäude wabern, wenn man nur daran denkt. Und im Sprachgebrauch wird das Wort Silo gar abwertend benutzt: Wer lebt schon gern in einem Wohnsilo?

So stehen alte, ehemals genutzte Silogebäude oft noch als Ruinen in der Gegend, Relikte aus früheren Zeiten, die sich durch massive Bauweise oder eventuell vorhandene Gifte vor ihrem kostenintensiven Abbruch drücken.

Dass es auch anders geht, sieht man in Basel. Im neuen Quartier Erlenmatt Ost, das auf ehemaligem Bahngelände entsteht, wurde ein Silogebäude zu neuem Leben erweckt. Die Planenden bewahrten einen Grossteil der über einhundertjährigen Bausubstanz, indem sie sich clevere Lösungen für die Nutzung der massiven Bauteile einfallen liessen, auch bereits vorhandene Schäden in Kauf nahmen und diese einfach zeitlich ausbremsten. So entstand ein Hostel mit Gastronomiebetrieb, Ateliers und Seminarräumen – das ziemlich genaue Gegenteil eines Wohnsilos und auch eines Schüttsilos. Letzteres wird nämlich von oben befüllt und unten entleert. Und das ist bei den Gästen des Silos Erlenmatt nicht der Fall: Sie dürfen schon von unten, vom Erdgeschoss her, ihre Zimmer beziehen.

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