Markt­vor­teile mit Ener­gie – Stra­te­gien für ins­ti­tu­tio­nelle In­ves­to­ren

Date de publication
14-06-2019

Der Gebäudepark Schweiz verbraucht aktuell etwa 100 Terawattstunden (TWh) Energie oder rund 45 % des inländischen Bedarfs. Den meisten Akteuren der Bau- und Immobilienbranche ist bekannt, wie gross seine Bedeutung für das Erreichen der nationalen Klimaziele 2050 ist.

Die Erneuerung des Bestands rückt deshalb ins Zentrum des Interesses. Das Bundesamt für Statistik (BfS) weist die jährlichen Umbauinvestitionen aus; zwischen 2007 und 2016 sind sie um 36.5 % gestiegen. In derselben Periode nahmen die jährlichen Neubauausgaben um 29.8 % zu.

Zwar ist das Neubauvolumen aktuell rund doppelt so gross wie die Investi­tionen für baubewilligungspflichtige Umbauten, aber die Marktzahlen weisen insbesondere im Segment der Mehrfamilienhäuser auf eine spürbare Umbaudynamik hin. Hier haben die jährlichen Investitionen sogar um 65.9 % zugenommen.

Immobilieneigentümer können sich mit durchdachten Sanierungskonzepten und überlegten Investitionen langfris­tige Marktvorteile sichern. Der Entscheid, ob ein Gebäude saniert oder ersetzt ­werden soll, hängt von Eigenschaften wie ­Alter, baulichem Zustand oder Nutz­barkeit ab. Daneben bestimmen Markt­angebot und Nachfrage mit, welche ­Sanierungsmassnahmen sinnvoll sind. Zudem beeinflussen Rahmenbedingungen wie Bau- und Steuer­gesetze, das ­Mietrecht oder die Denkmalpflege den Handlungsspielraum.

Für den professionellen Investor lassen sich Portfoliostrategien – mit den Optionen Verkauf, Fortführung, Sanierung, Optimierung, Umnutzung oder Ersatzneubau – definieren. Diese sind losgelöst vom Objekt auf Basis der ­Makrolage zu entwickeln. Dabei sind ­folgende Einflussfaktoren relevant:

  • Nutzermarkt: Entwicklung und Pro­gnose zu Bevölkerung und Beschäftigung, Haushaltsstruktur, Kaufkraft
  • Makrolage: Gemeindetyp, Steuer­belastung, Infrastruktur, Erreichbarkeit, Präsenz institutioneller Anleger
  • Immobilienmarkt: Neubautätigkeit, Baubewilligungen, Verdichtungs­potenzial
  • Gebäudebestand: Leerstand, Angebotsziffern, Bauperiode, Renovationen
  • Preise: Kostenniveau für Miet- und Eigentumswohnungen

Eine strukturierte Analyse auf der Portfolioebene erlaubt, die Schwerpunkt­re­gionen zu definieren und Normstrategien abzuleiten. Dies erleichtert das Mana­gement und erlaubt eine grobe Vor­selektion. Im nächsten Schritt wird die spezifische Objektstrategie entwickelt, inklusive Sanierungskonzept. Dabei sind fünf wesentliche Stellschrauben zu berücksichtigen, die den Energiebedarf massgeblich beeinflussen:

  • Wohnflächenverbrauch: Würde der aktuelle Wohnflächenverbrauch pro Person um ein Drittel reduziert, etwa von 45 m2 auf 30 m2, könnte sich der Konsum von Primärenergie um rund 15 % verringern. Die Treibhausgasemissionen nähmen um denselben Anteil ab. Für professionelle Investoren ist das lukrativ: Funktionale, durchdachte und kompakte Grundrisse ermöglichen bei gleichem Quadratmeterpreis eine niedrigeren Wohnungspreis. Die Erschwinglichkeit wird verbessert und das Leerstandsrisiko reduziert.
     
  • Typologie und Orientierung: Form, Kompaktheit und Orientierung des Baukörpers bestimmen den Wärmebedarf von Gebäuden wesentlich mit. Ohne zusätzliche Investitionen lassen sich so die Weichen in der Planung konsequent auf einen niedrigen Bedarf stellen. Ebenso sinken die Erstellungskosten bei durchdachten Grundrissen. So lassen sich Nasszellen benachbarter Wohneinheiten derart anordnen, dass sie über eine ein­zige Steigzone und gemeinsame Leitungen erschlossen werden können.
     
  • Gebäudehülle und Tragkonstruktion: Die energetische Erneuerung von Fas­sa­­den und der Ersatz alter Fenster ver­rin­gern den Wärmeverlust einer Gebäude­hülle. Relativ geringe Eingriffe wie zum Beispiel das Dämmen der Decken im Keller und des Dachbodens können ebenfalls grosse Effekte auf den Energiekonsum und zudem Kosteneinsparungen und Komfort­stei­ge­rungen bewirken. Wenig Energie im Betrieb zu verbrauchen ist ein Ziel. Genauso wichtig ist die Reduktion der grauen Energie, die unter anderem durch die Materialisierung und die Bauweise der Tragkonstruktion beeinflusst wird. Holzbauten stehen für wenig graue Energie, daher ist diese Bauweise für eine Nachhaltigkeitsbewertung von Vorteil, etwa für den SIA-Effizienzpfad Energie oder die Gebäudelabel Minergie Eco und SNBS respektive für das Zertifikat «2000-Watt-Areal».
     
  • Haustechnik: Die Erneuerung der Haustechnik ermöglicht den vermehrten Einsatz von erneuerbarer Energie, was die CO2-Emissionen reduziert. Die Gebäudetechnik effizient zu betreiben und intelligent zu steuern kann den Energieverbrauch zusätzlich deutlich senken. Heute verfügbare technische Möglichkeiten erlauben den Bau von Null- respektive Plusenergiehäusern. Die Wahl des Energieträgers hängt zunehmend vom Gebäudestandort ab, sofern der Anschluss an einen Netzverbund oder die Nutzung von Abwärme lokal möglich ist. Ebenso sind Energie­zonen zu beachten, die für Immobilien mit minimaler Nutzungsquote für erneuerbare Energie reserviert sind. Die Entwicklung und die Organisation einer eigenständigen Energieversorgung auf Areal- und Quartierebene eröffnen neue Geschäftsmodelle. Professionelle Eigentümer können damit ihre Immobilien­risiken minimieren; die Abhängigkeit von schwankenden Preisen für externe Energieträger nimmt ab.
     
  • Zahlungsbereitschaft und Nebenkosten: Wüest Partner hat 2010 und 2017 jeweils eine Studie zur Zahlungsbereitschaft für Minergie-Objekte publiziert. Für Mietwohnungen etwa gilt: Der 2017 ermittelte Zuschlag von 0,9 % liegt deutlich unter dem 2010er-Wert von 6,5 %. Die Prämie hat sich allerdings auch bei Einfamilien­häusern stark reduziert, von 4,9 % auf 2.6 %. Zum Stockwerkeigentum konnte die erste Studie keine statistisch signifikanten Zuschläge nachweisen.

Werden Anlageobjekte energetisch saniert, bietet sich ein zusätzliches Ertragspotenzial an. Wesentlich dafür sind die Differenz zwischen Brutto- und Nettomiete und die reduzierten Nebenkosten. Dazu ein Beispiel: Für ein 1970 erbautes und nun saniertes Mehrfamilienhaus mit 22 Wohnungen können die Nebenkosten für Heizung und Warmwasser um rund 70 Franken pro Wohnung und Monat reduziert werden. Dies entspricht einem jährlichen Total von 18 000 Franken re­spektive rund 3 % des Jahresmietertrags.

Viele Vorgaben des Gebäudestandards Minergie haben sich mittlerweile im ­Gebäudepark etabliert. Deshalb hat die zusätzliche Zahlungsbereitschaft für das Label inzwischen abgenommen. Gleichzeitig steigt der Druck auf nicht nach­haltige Gebäude, diese zu sanieren. Sonst droht eine eingeschränkte Handelbarkeit der Immobilie. Oft ist das Marktumfeld von einem massiven Anlagedruck und stagnierender Nutzernachfrage geprägt. Institutionelle Anleger können sich einen Vorteil verschaffen, wenn sie sich gezielt mit energierelevanten Themen auseinandersetzen.

Der Artikel ist erschienen im Sonderheft «Immobilien und Energie II». Weitere Beiträge in unserem digitalen Dossier.

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