Licht und Farbe

Villa Bonaria, Olten

RBA Architekten renovierten in Olten eine stattliche Industriellenvilla aus den 1920er-Jahren und konzentrierten sich dabei auf Interventionen im Innern. Aussen ist von diesen Eingriffen wenig zu sehen. So gelang es ihnen, den Bau in die Gegenwart zu überführen und dabei seine ausdrucksvolle Gestalt zu erhalten.

Date de publication
14-09-2017
Revision
14-09-2017

Das Schöngrundquartier in Olten ist geprägt durch bürgerliche Villen aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts. Die erhöhte Lage am Waldrand mit Sicht auf die Stadt ist reizvoll, was offensichtlich auch Industrielle in den wirtschaftlich blühenden 1920er-Jahren so sahen. Einzelne der schönen Zeitzeugen in der Gegend fielen Investorenprojekten zum Opfer und mussten gesichtslosen Neubauten weichen. Dass es auch anders geht und wie man mit respektvoller Aufmerksamkeit zur vorgefundenen Bausubstanz ein altes Haus zu neuem Leben erwecken kann, zeigt der Umbau der Villa Bonaria durch RBA Architekten aus Olten. Das Gebäude ist zwar inventarisiert, gehört aber nicht zu den geschützten Bauten. Gleichwohl arbeiteten die Architekten behutsam mit dem Bestand. «Da die Villa bereits mehrfach renoviert worden war, ging es uns primär um ein Zurückbauen», erklärt der verantwortliche Projektleiter Florian Rickenbacher.

Von aussen hat sich seit der Fertigstellung des Hauses im Jahr 1924 nicht viel verändert. Für die energetische Ertüchtigung analysierten die Architekten zusammen mit einem Bauphysiker den Istzustand und erstellten ein Konzept. Aufgrund der guten Bauqualität konnten sie auf eine zusätzliche Dämmung der Fassade verzichten. Es wurden lediglich Risse behoben und die Oberflächen frisch verputzt. Das Dach musste allerdings komplett neu aufgebaut und nach den heutigen energetischen Anforderungen saniert werden. Ausserdem wurden sämtliche Fenster im Haus ausgetauscht, die Kellerdecke saniert und mit einer Dämmung versehen.

Erweiterter Lebensraum

Wichtig war der Bauherrschaft, einer Familie, die schon seit Längerem im Haus wohnte, ein neuer Zugang zum Garten, der mit dem alten Baumbestand ausgesprochen attraktiv ist. Die Benutzung des Aussenraums scheint vor hundert Jahren nicht von Bedeutung gewesen zu sein, denn es gab bisher keine direkte Verbindung von Haus und Garten. Ursprünglich diente er eher repräsentativen Zwecken und der ungetrübten Aussicht in die Weite. Eine an der Südwestfassade zugefügte Aussentreppe stellt nun den direkten Anschluss vom Esszimmer in den Garten her und integriert ihn so in den Lebensraum der Bewohner.

Die Architekten setzten die Treppe bewusst von der Architektursprache des Altbaus ab. Das schwarze Metall ist geradlinig und fein geformt. So ordnet sich die Treppe optisch dem Erscheinungsbild der Villa unter. An alte Zeiten erinnert hingegen eine an der ­Fassade verbliebene Platte mit dem eingemeisselten Bundesbrief, was den Schluss nahelegt, dass die ersten Bewohner dieses Hauses überzeugte Eidgenossen waren. Heute mag man über den patriotischen Inhalt schmunzeln, baugeschichtlich gesehen sind solche ­Relikte durchaus interessant.

Dialog zwischen Alt und Neu

Das genaue Studium der alten Pläne war den Architekten insofern wichtig, als das Haus bereits verschiedentlich Renovationen unterzogen worden war. So ist es beispielsweise bis heute unklar, ob es früher im gedeckten Vorbau zwei Hauseingänge gegeben hat. Vor dem Umbau durch RBA Architekten war das Haus nämlich  in zwei Wohnparteien getrennt. Der Windfang war damals ein halböffentlicher Raum, den beide Parteien gemeinsam nutzten. Eine wichtige Aufgabe des Umbaus war es, diese Zweiteilung aufzuheben und den Raumfluss wiederherzustellen. Das Treppenhaus ist gemessen an der Grösse des Hauses relativ schmal. Deswegen entschieden sich die Architekten dafür, den Raum im Eingangsbereich aufzubrechen und so ein grosszügiges Entree im Erdgeschoss zu schaffen. Die Bodenschwellen wurden belassen, um den Eingriff sichtbar zu machen. Das geöffnete Entree führt weiter in die Küche. In den anschliessenden Räumen befinden sich ein grosszügiger Doppelsalon sowie ein Kinder- und ein Gästezimmer, Gäste-WC und Dusche.

Die Architekten wollten beim Umbau die ­Qualität der vorgefundenen, alten Bausubstanz unterstreichen. Die Spuren des Originals sollten nicht ­verwischt werden, vielmehr ging es um eine Auf­frischung des Bestands und das Zufügen in einer ­eindeutig gegenwärtigen Architektursprache von ebenbürtiger Qualität. Alt und Neu sollten auf eine selbstverständliche Art koexistieren können. Dabei wandten die Architekten auch räumliche Tricks an wie etwa im Flur, wo sie eine Hohlkehle zwischen Wand und Decke anbrachten. In historischen Bauten ist diese ­Übergangsform zwischen Wand und Decke häufig anzutreffen, vor allem in barocken Gebäuden. Licht und Schatten gehen fliessend ineinander über, sodass die Räume höher erscheinen. Auch die Öffnungen für die eingebauten Lichter an der Decke stülpen sich gerundet zur Lichtquelle. Beide Eingriffe verweisen subtil auf die frühere Stuckatur, die in Häusern dieser Zeit häufig anzutreffen ist.

Mit der Auflösung der beiden Wohnparteien ergab sich auch im Obergeschoss die Möglichkeit einer Öffnung des Treppenhauses. Hier wurde eine frühere Küche halb aufgebrochen, sie dient nun als zur Treppe und zum Flur offener Bereich. Dieser Raum hat einen direkten Zugang zur hinteren Terrasse, die über dem Erker des Erdgeschosses liegt. Durch die neuen Blick­achsen und das Öffnen zur vertikalen Erschliessung wandert das Tageslicht von allen Seiten durch das Haus. Die gewonnene Grosszügigkeit entspricht den heutigen Bedürfnissen nach einem Lebensraum, in dem einzelnen ­Räumen keine eindeutigen Nutzungen zugeordnet sind.

Farbige Zeichen der Erneuerung

Abgesehen von Wohnzimmer und Flur heben sich alle Räume durch farbige Wände vom Bestand ab. Bei den kleinen Bädern dominieren starke Farbtöne wie Dunkelrot oder Waldgrün, die der Schlafzimmer sind dezenter gehalten. Farbe bildet auch im Treppenhaus ein wichtiges Gestaltungselement: Das textile Band auf halber Höhe wurde belassen, die Tapeten entfernt. Ein heller, pudriger Ton verleiht dem Treppenhaus eine freundliche Ausstrahlung. Und auch im neu gestalteten, offenen Entree im Obergeschoss wurde die Rückwand des Raums mit einem dunkelblauen Farbton hervorgehoben. Im Zusammenspiel mit den aufgebrochenen Wänden im Eingangsbereich enstehen so deutliche Spuren der Sanierung. Im Kontrast zu diesen Spuren stehen die zwei hölzernen «Raucherstübli», auf die man in beiden Wohngeschossen stösst. Sie wurden im Originalzustand belassen. Hier überdauert der solide helvetische Geist die Zeit, während der Rest des Hauses luftig und frisch wirkt. Das Dachgeschoss schliesslich, in dem sich früher die «chambres de bonne» befanden, renovierten RBA Architekten mit minimalem Aufwand.  Hier oben könnte später durchaus weiter gebaut werden, auch der darüber liegende Estrich birgt Potenzial.

Dass Wände sich wandeln, weiterwachsen und neue Phasen der Bewohner miterleben, ist das Besondere an alten Häusern. Mit einer Mischung aus Respekt, Offenheit und Erfindungsgeist, die es für eine solche Bauaufgabe braucht, ist Florian Rickenbacher der Villa Bonaria begegnet und hat auf diese Weise ein charaktervolles Wohnhaus geschaffen, das weiterhin noch genügend Möglichkeiten für zukünftige Veränderungen bietet.

Am Bau Beteiligte
 

Bauherrschaft
privat


Architektur
RBA Architekten GmbH


Bauleitung
Studio BoA, Zürich


Tragkonstruktion
Frey & Gnehm Ingenieure, Olten


Bauphysik
IBE Institut Bau + Energie, Olten


HLS-Planung
Lemp Haustechnik, Morgenthal


Elektroplanung
Käser, Olten


Landschaftsgestaltung
Lehnert, Aarau


Dachfenster
VELUX Schweiz AG


Fenster
Huber Fenster AG


Waschtische
Agape


Armaturen
Dornbracht Schweiz AG


Wandfarbe
Farrow & Ball, Wimborne Minster (GB)


Parkett
Wey Parkett, Wolhusen


Heizkörper
Bremo, Münchwilen


Bodenheizung
Uponor, Pfungen


Plattenboden
Via Platten, Bacharach (D)

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