«Wir wer­den den IBA-Ge­dan­ken wei­ter­tra­gen»

Die Lörracher Baubürgermeisterin Monika Neuhöfer-Avdic ist in ­mehrere IBA-Projekte involviert. Sie spricht über die grenzüberschreitende Zusammenarbeit im Zollquartier und darüber, wie sie die IBA erlebt hat.

Publikationsdatum
08-01-2020

TEC21: Im Mai 2019 hat die IBA Basel das Projekt «Am Zoll Lörrach / Riehen» als Modellprojekt ausgezeichnet. Frau Neuhöfer-Avdic, können Sie kurz zusammenfassen, was hinter diesem Projekt steckt?

Monika Neuhöfer-Avdic: Die ursprüngliche Idee dahinter war der Ausbau der S-Bahn zwischen Basel und Zell im Wiesental. Für eine Taktverdichtung benötigt die Deutsche Bahn zusätzliche zwei­glei­sige Kreuzungsbereiche und/oder weitere Haltestellen. Beides ist am Grenzübergang zwischen Riehen und Lörrach-Stetten denkbar. Neue Mobilitätsstationen sind immer auch neue städtebauliche Impulse.

TEC21: Der Projektperimeter konzentriert sich also auf den Raum um den Grenzübergang?

Monika Neuhöfer-Avdic: Nein, das wäre zu eng gedacht. Die flankie­rende Überlegung, wie man das Tram 6 über die Grenze hinwegführen könnte, hat gezeigt, dass nicht die Zollstation die neue Drehscheibe ist, sondern der Bahnhof Lörrach-Stetten. Hier treffen die S5 aus Weil am Rhein und die S6 aus dem Wiesental bzw. aus Basel mit verschiedenen Buslinien und dem Langsamverkehr zusammen.
Dementsprechend beginnt der Perimeter etwa beim Bahnhof Stetten und reicht bis zum Entwicklungsgebiet Stettenfeld in Riehen. Die Basler Strasse auf Lörracher Gemarkung schliesst nahtlos an die bereits umgebaute Lörracherstrasse auf Riehener Seite an. Wir tangieren aber auch eine wichtige Grünachse, die sich zwischen Tüllinger Berg und Maienfeld aufspannt.

TEC21: Bisher dominiert in diesem Gebiet eher die Strasse.

Monika Neuhöfer-Avdic: Der Raum ist stark von der Schneise der Basler Strasse geprägt. Sie ist für die Zollabwicklung von Lkw-Verkehr dimensioniert, der aber inzwischen über Weil am Rhein abgewickelt wird. Der Transitverkehr nutzt die Zollfreie Strasse. Für den schweizerischen Einkaufsverkehr ist der Übergang interessant, da es noch eine Verzollungsstation gibt. Doch neben «Anhalten, Abstempeln, Weiterfahren» gibt es viel Flächenpotenzial, das wir nutzen möchten.

TEC21: Wo finden Sie freie Flächen? Spaziert man durch das Quartier, durchquert man einen fertigen Raum.

Monika Neuhöfer-Avdic: Das ist richtig. Das Luftbild zeigt hier eine Stadt, durch die eine EU-Aussengrenze läuft. Diese gebaute Realität ist auch das Besondere. Im Gegensatz zum neuen Stadtteil «3Land» ist alles schon da. Aber es gibt viel Potenzial, es besser zu machen. Wir müssen entscheiden, wie wir die Flächen künftig nutzen möchten. Wir haben hier die Möglichkeit zu realisieren, was wir brauchen, nämlich Lebensraum und hier vor allem Wohnraum.

TEC21: Und ein neues Einkaufszentrum an der Grenze?

Monika Neuhöfer-Avdic: Das will die Stadt Lörrach nicht; Riehen übrigens auch nicht. Wir haben unser Zentrum in der Innenstadt und setzen unser Märkte- und Zentrumskonzept rigoros um. Einer Quartierversorgung steht aber nichts im Weg.

TEC21: Wo stehen Sie mit der Planung?

Monika Neuhöfer-Avdic: Ende Juli 2019 wurde ein Realisierungswettbewerb ausgelobt, an dem sich zwölf internationale Arbeitsgemeinschaften aus den Kompetenzen Freiraumplanung, Städtebau und Verkehrsplanung beteiligen. Die Ergebnisse werden erste Ideen zur städtebaulichen Aufwertung und Nachverdichtung entlang der Strasse zeigen.

TEC21: Was interessiert internationale Büros, in diesem verhältnismässig kleinen Gebiet aktiv zu werden?

Monika Neuhöfer-Avdic: Das wollten wir auch wissen und haben nachgefragt. Die Büros sehen hier eine Zukunftsaufgabe. Insgesamt sind in den Städten viele Flächen durch den fahrenden und vor allem den ruhenden Verkehr besetzt. Hier schlummert in jeder Stadt ein riesiges Flächenpotenzial. Es geht darum, Möglichkeiten für neue Nutzungen zu zeigen.

TEC21: Hat die Marke «IBA» die grossen Player angelockt?

Monika Neuhöfer-Avdic: Ja, das hat sicher geholfen. In Fachkreisen ist der Begriff IBA ein Zugpferd!

Die ausführliche Version dieses Artikels ist erschienen in TEC21  1–2/2020 «Basel 2020 – die andere IBA».

 

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