Weiss in weiss

Projektwettbewerb Schweizerische Botschaft in Singapur

Die Schweizerische Botschaft in Singapur soll nach 35 Jahren saniert und erweitert werden. Berrel Berrel Kräutler färben den Bestand ganz in Weiss um und ergänzen ihn mit einem markanten Vordach.

Publikationsdatum
27-06-2019

Der Insel- und Stadtstaat Singapur kennt kaum Jahreszeiten. Das tropische Klima zeichnet sich durch eine hohe Luftfeuchtigkeit mit Temperaturen zwischen 20 und 30 Grad aus. Etwa 10 km vom Central Business District entfernt befindet sich die Schweizerische Botschaft in einer grünen Oase mit üppiger Vegetation. Sie liegt in einem grosszügigen Golfareal und grenzt an einen Wald. Die Botschaft, 1984 errichtet und seither nicht wesentlich erneuert, soll nun umfassend saniert und erweitert werden. Gemäss der Ausschreibung soll die Botschaft «das Image der Schweiz überzeugend repräsentieren und nach ihrer Sanierung und Erweiterung ein weltoffenes, neutrales, modernes und zurückhaltendes Erscheinungsbild erhalten».

Neben der eigentlichen Botschaft und dem Verteidigungsattaché sind auch der Swiss Business Hub und Schweiz Tourismus unter demselben Dach untergebracht. Die Zahl der Arbeitsplätze soll von ursprünglich 10 auf künftig 30 erhöht werden und die Raumaufteilung für effiziente und flexible Arbeitsabläufe optimiert werden. Die Zone für konsularische Dienstleistungen soll vom Bereich mit Publikumsverkehr klar abgegrenzt und die Sicherheit erhöht werden. Zudem ist die Haustechnik gesamthaft zu erneuern. Um Lösungsansätze für ­diese Bauaufgabe zu erhalten, hat das Bundesamt für Bauten und Logistik (BBL) einen einstufigen Projektwettbewerb für Architekten im offenen Verfahren ausgeschrieben. Insgesamt gingen 54 Beiträge ein.

Leichtfüssig, effizient und präzise

Die Jury empfiehlt den Beitrag «Flamingo» von Berrel Berrel Kräutler einstimmig zur Weiterbearbeitung. Das Projekt basiert auf einer fundierten Analyse der vorhandenen Bausubstanz. Die Architekten beschreiben das Gebäude als «Bun­galow, dessen Architektursprache perfekt auf das Klima und auf die kulissenartige Parklandschaft der spezifischen Parzelle abgestimmt ist». Gleichzeitig kritisieren sie den ausgesparten Eingangsbereich, der die Integrität des quadratischen Pavillons verletze. Auf dieser Grundlage entwickeln sie ein ebenso kohärentes wie überzeugendes Konzept. Das bestehende Gebäude wird zu einem Quadrat vervollständigt und mit einem kräftigen Vordach gegen Süden erweitert. Das Dach steht auf einer einzigen Wandscheibe, worauf auch der Projektname «Flamingo» anspielt. Gegen die Strasse entsteht ein grosszügiger, gedeckter Eingangsbereich für die neuen Zugänge mit getrennter Besucher- und Personalführung. Hinter der konstruktiven Scheibe des Dachs, zum Garten ausgerichtet, ist ein neues Sitzungszimmer vorgesehen, das gut an das Gebäude angebunden ist.

Der Entwurf besticht durch ein kompaktes Gebäudevolumen mit optimalen betrieblichen Abläufen und übersichtlicher Raumdisposi­tion. Die eingeschossige Anordnung aller wichtigen Räume erleichtert den Austausch unter den Mitarbeitenden. Die Räume sind mit grün eingefärbten Glasschiebewänden flexibel unterteilbar. Die Jury war sichtlich beeindruckt von der «Leichtfüssigkeit, Effizienz und ­Präzision» im unprätentiösen Umgang mit dem Bestand. Einzig die Schmutz­empfindlichkeit der ganz in Weiss gehaltenen Fassade konnte hinsichtlich der ausserordentlichen Beanspruchung durch das tropische Klima nicht ganz überzeugen.

Elegant und grosszügig

Der mit dem zweiten Preis ausgezeichnete Beitrag «Pavillon Blanc» von Bernath + Widmer stockt das bestehende, eingeschossige Gebäude um eine Etage auf. Damit können die öffentlich zugänglichen Räume im Erdgeschoss von den Bereichen mit Sicherheitsanforderungen klar getrennt werden. Die Anordnung der einzelnen Nutzungen ist zweckmässig. Die Aufstockung als leichte Holzkonstruktion ist naheliegend und basiert auf dem bestehenden Raster aus Betonstützen. Leider sollen die Fassaden zum Innenhof mit Glasbausteinen ausgefacht werden, was die Verbindung von Innen und Aussen kappt, sodass der Innenhof visuell und räumlich nicht Teil des Innenraums ist. Zudem weist das Projekt die höchsten Baukosten aller prämierten Beiträge auf und konnte deshalb trotz einleuchtender Strategie nicht restlos überzeugen.

Repräsentativ

Mit dem Entwurf «l’ombrière» ergänzen Rahbaran Hürzeler Architekten das bestehende Gebäude mit einem grosszügigen Vordach. Darunter sind alle öffentlich zugäng­lichen Räume und der Eingangs­bereich vereint. Die Erweiterung übernimmt die Stützenstruktur des Bestands und ist in der Tiefe gestaffelt, sodass die verschiedenen Zugänge entflochten sind. Der Grundriss ist betrieblich funktional und flexibel in der Raumaufteilung. Die filigrane Konstruktion und die Materialisierung des Vordachs mit Polycarbonatplatten können hingegen wegen der klimatischen Bedingungen in Singapur nicht überzeugen. Für die repräsentative Architektur und die hohe Funktionalität erhielt dieser Beitrag den dritten Preis.

Smart und ausdrucksstark

Die Gewinner Berrel Berrel Kräutler haben aus einer sorgfältigen Analyse die richtigen Schlüsse gezogen. Sie reparieren die Schwachstelle des Eingangsbereichs und erweitern den Bestand ganz unverkrampft. Wie für einen Bungalow typisch, bleibt der Pavillon eingeschossig und empfängt die Gäste mit einer breiten Veranda gegen Süden. Das weit ausladende Stahlvordach spendet Schatten und öffnet sich mit einer einladenden Geste zum Hauptzugang. Zusammen mit einem kompakten Volumen und guten betrieblichen Abläufen ergibt sich ein austariertes Projekt: nicht zu knapp und nicht zu üppig.

Weitere Pläne und Bilder finden Sie in der Rubrik Wettbewerbe.

 

Auszeichnungen

1. Rang / 1. Preis: «Flamingo», Berrel Berrel Kräutler, Zürich
2. Rang / 2. Preis: «Pavillon Blanc», Bernath + Widmer Architekten, Zürich
3. Rang / 3. Preis: «l’ombrière», Rahbaran Hürzeler Architekten, Basel
4. Rang / 4. Preis: «Conopeum», Aerne Architect & Associates, Phnom Penh
5. Rang / 5. Preis: «Pays Imaginaire», Jonas Epper Architects, Paris

FachJury

Hanspeter Winkler, Architekt, BBL Leiter PM, Bern (Vorsitz); Simon Hartmann, Architekt, Basel; Mia Hägg, Architektin, Locarno; Jodok Brunner, Architekt, BBL Leiter PMAL, Bern (Ersatz); Milica Topalovic, Architektin, Zürich (Ersatz)

SachJury

Jacques Pitteloud, Direktor EDA-DR; Cristina Martino, BBL IM PPE; Marianne Jenni, Chefin Immobilien EDA (Ersatz)

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