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Bei der Arealentwicklung setzt man möglichst auf autonome Energiesysteme. Bei der Mobilität erhalten dagegen kooperative Ansätze den Vorzug, wie die Weidmatt in Liestal zeigt.
In der Agglomeration Basel ist der Wandel von der Industrie- zur Dienstleistungsgesellschaft im vollen Gang. Neuestes Beispiel: Eine ehemalige Sprengstoff- und Kunststofffabrik, die genau auf der Grenze zwischen Liestal und Lausen liegt, wird zu einem mehrteiligen Wohnquartier umgebaut. Sechs lange Wohnhäuser, alle in gediegene Holzfassaden mit grosszügigen Balkonen eingekleidet, sind fertiggestellt und fast alle 120 Mietwohnungen bezogen.
Obwohl sich das Weidmatt-Areal in Sichtweite zu einer Autobahn befindet, scheint die Materialwahl passend. Die erste Etappe des Neubauquartiers steht am Abhang eines bewaldeten Hügelrückens und wird durch den ebenso begrünten Flusslauf der Ergolz vor der lärmigen Verkehrsachse abgeschirmt. Zwischen den beiden vier- bis sechsstöckigen Baureihen liegt ein verkehrsfreier Innenhof mit Platz zum Spielen und für nachbarschaftliche Begegnungen.
Obwohl der neue Wohnstandort nur eine halbe Autostunde ausserhalb der Stadt Basel liegt, wähnt man sich schon in der Peripherie. Der Arealentwickler reagiert darauf mit einem durchdachten und umweltfreundlichen Mobilitätskonzept. Zum einen wird die Anbindung an das öffentliche Nahverkehrsnetz verbessert, mithilfe von neuen Bushaltestellen in unmittelbarer Umgebung des Areals. Zum anderen werden Mobilitätsdienstleistungen vor Ort eingerichtet, die als umweltfreundliche Ersatz- und Alternativangebote für den Individualverkehr zu betrachten sind.
Unter anderem wird ein vielfältiges Sharing-Modell praktiziert: So steht ein Elektrofahrzeug zum Mieten nach Bedarf bereit; und diejenigen Weidmatt-Bewohnerinnen und -Bewohner, die ihr eigenes Auto auch anderen überlassen wollen, erhalten dafür einen kostenlosen Parkplatz. 5 % der Stammparkplätze sind zudem mit einer Elektroladestation ausgerüstet. Ausserdem gibt es Elektro- und Cargo-Bikes zum Ausleihen.
Auch die Energieversorgung besteht aus einem Mix aus Eigenproduktion und Beteiligung an einem übergeordneten Netz. Letzteres baut der regionale Energieversorger aktuell zu einem Grosswärmeverbund aus; als Energieträger wird Biomasse eingesetzt. Vor Ort wird zudem die Sonne genutzt: Auf drei Hausdächern sind Photovoltaikanlagen installiert. Sie decken rund 70 % des eigenen Stromverbrauchs; Batterien optimieren die Eigenverbrauchsquote.
Die Wohnhäuser erfüllen den Qualitätsstandard Minergie-Eco, wozu der Baustoff Holz wesentlich beiträgt. Besonders ist auch die Tragstruktur der länglichen Bauten, die ein Konstrukt aus Massivholzstützen, Holz-Beton-Verbunddecken und Treppenhäusern aus Sichtbeton sind.
Weidmatt-Areal, Liestal/Lausen BL
Eigentümerschaft: Vaudoise Versicherungen, Retraites Populaires, Caisse de pensions de l’Etat de Vaud und Caisse intercommunale de pensions
Immobilienentwicklung: Losinger Marazzi, Basel
Architektur: Diener & Diener Architekten, Basel
Tragwerksplanung: WMM Ingenieure, Münchenstein BL
Holzbau: Makiol + Wiederkehr, Beinwil AG
Gesamtkosten: 56.7 Mio CHF
Planungszeit: 2017–2019
Bauzeit: 2018–2020
Mit Unterstützung von energieschweiz und Wüest Partner sind bei espazium – Der Verlag für Baukultur folgende Sonderhefte erschienen:
Nr. 1/2018 «Immobilien und Energie: Strategien im Gebäudebestand – Kompass für institutionelle Investoren»
Nr. 2/2019 «Immobilien und Energie: Strategien der Vernetzung»
Nr. 3/2020 «Immobilien und Energie: Strategien der Transformation»
Nr. 4/2021 «Immobilien und Energie: Mit Elektromobilität auf gemeinsamen Pfaden»
Die Artikel sind im E-Dossier «Immobilien und Energie» abrufbar.