Ser­ver­far­men sind in­ef­fi­zi­en­te IT-Fa­bri­ken

Energiewende

Rechenzentren kurbeln den Energiekonsum an und besitzen ein grosses Verbesserungspotenzial für Effizienzmassnahmen. Die Bundesbehörde verneint aber den Bedarf an spezifischen Verbrauchsvorschriften.

Publikationsdatum
28-10-2015
Revision
15-11-2015

Glühbirnen gelten als Energieschleudern: Bei der Erzeugung von 5 Watt Licht verpuffen 95 Watt warme Luft. Der Benzinmotor ist zwar ein Kraftwunder, aber ebenfalls äusserst ineffizient: Nicht einmal ein Drittel der verbrannten Energie wird in Fahrleistung umgewandelt. Doch Krösus unter den modernen Maschinen mit mangelhafter Gesamtenergie­effi­zienz ist der Computerserver.

Das durchschnittliche Verhältnis zwischen konsumierter Energie und effektiver Rechnerleistung liegt laut Analysen des IT-Konzerns IBM bei 100 : 1. Trotzdem fordern die Umweltbehörden nun weder ein Verbot für Hochleistungsrechner noch strengere Effizienzvorschriften, analog den Beleuchtungskörpern. Zumindest aber hat der Bundesrat vor wenigen Wochen auf das energetische Verbesserungspotenzial bei Serverfarmen hingewiesen. Mithilfe einer technischen und planerischen Massnahmenpalette sollen die Rechenzentren in der Schweiz deutlich weniger Strom konsumieren.

Gemäss einer Effizienzstudie1 liesse sich der Verbrauch fast halbieren; der Jahreskonsum liegt bei geschätzten 1700 GWh, was knapp drei Prozent des Inlandverbrauchs sind. Von Firmen und externen Anbietern werden knapp 5000 Rechenzentren mit insgesamt über 100.000 Servern betrieben. Die 50 grössten verfügen über 200 bis 10.000 Grossrechner. 

Im Bericht «Stromverbrauch, Energieeffizienz und Fördermassnahmen im Bereich der Rechen­zentren»2 tadelt der Bundesrat die Grossanbieter ausdrücklich nicht. Denn im Gegensatz zu den vielen kleineren Serverfarmen weisen ihre Anlagen entweder einen höheren Wirkungsgrad aus, oder deren Betreiber bemühen sich in einem staatlichen Förderprogramm darum.

Der Bund will das Programm «EnergieSchweiz» daher unter IT-Verantwortlichen und Serverfirmen verstärkt bekannt machen, verspricht der Bundesrat. Zudem besteht die Absicht, die Erfahrungen aus guten Praxisbeispielen für die Entwicklung von SIA-Normen zu nutzen.

Gleichstrom ist sparsamer

Aber wie lassen sich im Betrieb von Rechenzentren Strom und Energie sparen? Die vom Bund in Auftrag gegebene Analyse bezeichnet vier aktivierbare Effizienzbereiche: die Konfiguration der IT-Gerätschaften, die Stromversorgung, den Kühlprozess der Gesamtanlage sowie die Abwärmenutzung. Beinahe ein Fünftel weniger Strom wird verbraucht, wenn die Versorgung eines Rechenzentrums über Gleichstrom erfolgt. Ein inländischer Internetprovider hat bereits eine solche Pilotanlage erstellt und durch den Verzicht auf Wechselstromumwandler die Investitionen reduziert.

Der grösste interne Stromverbraucher ist allerdings der Server selbst; seine Auslastung bestimmt jedoch den Grad der Energieeffizienz. Eine fünfprozentige Auslastung gilt in der Praxis als üblicher Wert. Für bestimmte Anwendungen reicht jedoch eine virtualisierte IT-Architektur – das führt zu besser ausgelasteten Servern und geringerem Stromverbrauch. Praxisversuche zeigten, dass die Zahl der Geräte von fast 100 Servern auf einen reduziert werden kann, was einen Stromspareffekt von rund 90 % bewirkt.

Speicher- und Backupsysteme besitzen ebenfalls hohes Effizienzpotenzial: Ein Teil der rotierenden Festplattenlaufwerke lässt sich durch schnellere SSD-Flashspeicher ersetzen, die zwar geringere Kapazitäten aufweisen, aber effizienter arbeiten. Und Back­upsysteme, die über ein Netzwerk mit der Server- und Speicherhardware verbunden sind, sind mit Magnetbändern ausgestattet be­deutend sparsamer (bis 90 %) als diskbasierte Varianten. Die serielle Schreibweise verursacht allerdings längere Zugriffs- und Wartezeiten. 

Steigender Stromkonsum durch EDV

Fast die Hälfte des Stromkonsums im Rechenzentrum beansprucht jedoch die Kühltechnik. Grund dafür ist die klassische Luftkühlung mit Ventilatoren. Bedeutend effizienter funktionieren dagegen Wasserkühlsysteme, deren sich beispielsweise die ETH oder die NASA bedienen.

Weitere Effizienzgewinne resultieren aus der Reduktion der Kühltemperatur: Neue Mikroprozessoren arbeiten bei 26 bis 28 °C optimal, obwohl das Kühlniveau in vielen Rechenzentren auf 22 °C eingestellt ist. Und wenn es gelingt, die ganzjährig anfallende Abwärme für benachbarte Wohnsiedlungen oder Häuser zu nutzen, wird die Gesamtenergieeffizienz einer Serverfarm weiter erhöht. 

Dank den vielfältigen Verbesserungsvarianten lassen sich auch bestehende Rechenzentren mit ebenso hoher Effizienz betreiben wie Neuanlagen, macht die BFE-Analyse klar. Doch wie in der gesamten Effizienzdebatte gilt auch im IT-Sektor: Die möglichen Effizienzgewinne werden sehr oft durch höhere Datenmengen und eine Zunahme der Anwendungen zunichtegemacht. Der Stromkonsum für die EDV ist in der inländischen Konsumstatistik der Bereich mit den teilweise höchsten Wachstumsraten.3

Anmerkungen

1 Studie zur Stromeffizienz bei Rechenzentren in der Schweiz, Potenzialanalyse und Massnahmenkatalog für Effizienzsteigerung IT-Hardware und Infrastruktur, BFE 2015.
2 Stromverbrauch, Energieeffizienz und Fördermassnahmen im Bereich der Rechenzentren, BR 2015, Bericht in Erfüllung des Postulates 13.3186.
3 Analyse des schweizerischen Energieverbrauchs 2000–2013 nach Verwendungszwecken, BFE 2014.

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