Raum braucht Bo­den braucht Raum

Suisse Floor – Schweizerische Fachmesse für Bodenkompetenz

Zum vierten Mal war die Suisse Floor in Luzern Ende März Treffpunkt der Boden- und auch der Baubranche. An einem Symposium für Architektur, Innenarchitektur und PIanung sprachen Fachleute über die vielseitigen Anforderungen, die an Böden gestellt wird.

Publikationsdatum
03-04-2017
Revision
03-04-2017

Bauweise, Details und Lebenszyklen sind elementar, um Böden erfolgreich zu planen, umzusetzen und langfristig zu nutzen. Forschung und Entwicklung sind die Basis für eine erfolgreiche Rolle des Bodens im System «Gebäude» und für seine nachhaltige Nutzung. Am Symposium kamen planerische, gestalterische, technische und auch psychologische Aspekte zur Sprache. Die Referierenden stammten grossteils aus der Hochschule Luzern und waren Mitglieder der VSI Vereinigung Schweizer Innenarchitekten/Architektinnen, die heuer ihr 75-Jahr-Jubiläum feiert.

Bodeneigenschaften prägen Architektur

«Ohne Boden kein Raum» war das Symposium betitelt. Jan Eckert, Leiter des Studiengangs Master of Arts in Design an der Hochschule Luzern, führte eindrücklich vor Augen, wie sehr wir im Alltag vom sinnlichen und polyvalenten Bauteil Boden beeinflusst sind. Weich, hart, kühl, warm, rutschig oder sicher – Böden lösen Gefühle aus, prägen über Optik und Gebrauchseigenschaften sowohl Aussen- wie Innenräume.

Mit einem Plädoyer für eine «bodenständige Architektur» wartete Peter Schwehr auf. Der Leiter des Kompetenzzentrums Typologie & Planung in Architektur an der Hochschule Luzern warf Fragen auf, inwieweit Böden und ihre Funktion vermehrt in die Haustechniksysteme einzubeziehen sind und ob es künftig möglich sein werde, dass sich Böden je nach momentaner Nutzung (Arbeit, Sport, Freizeit) im Raum verändern lassen.

In eine ähnliche Richtung zielten die Aussagen von José Moro, Leiter des Instituts für Entwerfen und Konstruieren an der Universität Stuttgart. Er skizzierte die Anforderungen an Böden bezüglich Nachhaltigkeit und die daraus folgenden ökologischen, ökonomischen und sozialen Aspekte. So etwa sind Widersprüche z. B. bei den Ansprüchen aus der Raumakustik versus Hygiene festzustellen. Ähnliches gilt für die Aspekte Schallschutz und Wärmespeicherung oder auch beim Wunsch nach Flexibilität bei der Raumnutzung mit beispielsweise modularen Wandsystemen.

Farbe und Material

Böden als Fundament einer ganzheitlichen Raumästhetik waren das Thema von Sonja Kretz, Künstlerin und Farbgestalterin aus Aarau. Sie demonstrierte an Beispielen, wie sich Form und Farbe gegenseitig beeinflussen und wie sehr die Böden Räume prägen können. Die oft in neutralen und hellen Farben gehaltenen Decken und Wände von Räumen reflektieren die Oberflächen von Bodenbelägen, diese haben so einen bestimmenden Einfluss auf die Raumatmosphäre. Dabei wird unter Farbigkeit ausdrücklich nicht «bunt» verstanden, sondern eher zurückhaltende Farben, die die Raumwirkung unterstützen und nicht stören.

Claudia Boehm von ArchStudio Architekten Zürich zeigte, welche Fallen und auch Freuden beim Einbringen neuer Bodenbeläge in bestehende Räume zu erwarten sind. Neue, veränderte Bodenbeläge prägen Räume jeder Art tiefgreifend und fordern oft auch eine Neuausrichtung bei der Möblierung.

Architektur mit doppeltem Boden

Bodenkanäle sind in flexibel nutzbaren Räumen für Arbeit, Unterricht oder Grossraumbüros alltäglich und bewährt. Elektroingenieur Stefan Kälin, Vizepräsident der Baugenossenschaft Zurlinden (Zürich) erläuterte, was solche technische Systeme beim Aufbau von Böden in Bezug auf den Wohnungsbau bedeuten. Diese Baugenossenschaft orientiert sich seit längerer Zeit an den Zielen der 2000-Watt-Gesellschaft und am SIA-Effizienzpfad Energie (Merkblatt 2040) und arbeitet mit den zeitgemässen Systemen des Holzbaus.

Dabei haben sich Bodenkanäle als Verteilsystem für Energie und Medien bewährt. Reinhold Papst, Schreiner und Geschäftsinhaber der Firma «freetime küchen und apparate» in Dietikon zeigte detailliert, inwiefern Bodenkanäle im Rahmen von mehrgeschossigen Wohnbauten als technische Systeme vorteilhaft sind. Von Steigzonen her gespiesen, verhelfen solche Bodenkanäle zu einer verbesserten flexiblen Nutzung der Räume und vor allem auch zu vereinfachten Installationsarbeiten.

Die Überlegungen von C. Lars Schuchert, Architekt und Dozent an der Hochschule Luzern, zu den Ansprüchen aus offener Architektur zielten auf die zunehmend gefragte Flexibilität der Bauten («Flexible Flooring»). Die Entwicklung sucht nach Strategien und Produkten für den Einsatz hochwertiger Systemböden im Wohnungs- und Hybridbau. Gezielt wird dabei auf Veränderungen und Anpassungen aus sich wandelnden Nutzungen, die im Lauf der Zeit und auch durch Massnahmen zur Werterhaltung und Unterhalt von Gebäuden entstehen. Flexible Bauteile zeitigen dabei deutliche Vorteile im Vergleich zu konventionellen Bauweisen.

Wandlungsfähige Gebäude für die Zukunft

Das Symposium führte über Themen der Gestaltung und Technik von Böden hinaus zu Fragen nach Veränderungen und wechselnden Bedingungen, denen Bauten im Verlauf des Gebrauchs unterliegen und denen sie sich als anpassungsfähig erweisen sollten. Dazu wurde aus dem Editorial von Paul Knüsel und Viola John in TEC21 Nr. 43/2016 zitiert («Gemeinsame Wege – getrennte Systeme»), nämlich: «Die Systemtrennung ist ein technisches, konstruktives und entwerferisches Konzept für flexible und wandlungsfähige Gebäude. Heute nachhaltig gebaute Gebäude werden kommende Generationen daran erkennen, dass sie sie liebend gern weiternutzen wollen.»

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