Le­bens­adern über den Glei­sen

Editorial TEC21  29/2021

Publikationsdatum
23-09-2021

Am Schluss wirkt es oft, als wären die Brücken schon immer da gewesen: Die durch sie eröffneten Wege fügen sich unmerklich in den persönlichen inneren Stadtplan der Passantinnen und Anwohner ein und sortieren die Umgebung neu. Zusätzliche Verbindungen können ganze Quartiere stadträumlich aufwerten oder durch ihre Ausformung sogar selbst einen Ort bilden, wie es die High Line in New York und die Lille Langebro in Kopenhagen vormachen.

Die Verankerung als solche im urbanen Gefüge beginnt bereits während der Bauzeit, in deren Verlauf – wie in unseren Beispielen vor den Bahnhöfen von Renens und Zürich – kolossale Maschinen beängstigend grosse Stahlteile zwischen Häusern, Zügen und Stromleitungen hindurchjonglieren. Diese spektakulären Ingenieurleistungen gehen häufig bei Nacht vor sich und ziehen regelmässig ein grosses Publikum an. Die Realisierung einer Brücke birgt in logistischer und technischer Hinsicht oftmals ein Bündel von Herausforderungen – umso schöner, wenn der Baukörper diese nicht nur in einer schlüssigen Gestalt aufnimmt, sondern auch ein Angebot für weitere räumliche Aneignungen beinhaltet.

Der Negrellisteg über dem Gleisen am Bahnhof Zürich ist ein bestechender Bau – aber kann der Fussgängerweg die Erwartung an die Verbindung erfüllen oder gar übertreffen? Und ist der Pont Bleu in der Lage, den Umstieg der Nutzenden auf den Langsamverkehr zu fördern und damit das Miteinander von Fussgängern und Autofahrenden rund um den Bahnhof Renens zu verbessern? Das bleibt zu beobachten.

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