Ei­ne Brü­cke zwi­schen Bau­stoff, Kon­struk­ti­on und Land­schafts­ar­chi­tek­tur

Impressionen aus einem Werkvortrag von Walter Bieler.

Holzbauingenieur Walter Bieler blickt auf ein vielfältiges, über 40 Jahre umspannendes Werk zurück, das ausgehend von Baustoff und Konstruktion auch Landschaftsarchitektur und Ästhetik umfasst.

Publikationsdatum
16-03-2016
Revision
22-03-2016
Thomas Ekwall
MSc. EPFL Bau-Ing., MAS ETHZ Arch., Korrespondent TEC21

«Steine werden geschichtet, Beton wird gegossen, Stahl wird geschweisst oder geschraubt. Und Holz? …», fragt Walter Bieler das Publikum am Institut für Bauen im alpinen Raum der HTW Chur. Der Holzbau hat einen besonderen Stellenwert in seinem Werk; er machte ihn in den Siebzigerjahren sogar zu seinem Beruf, als die Schweizer Baukultur eben Stahl und Beton bevorzugte. Bei jedem neuen Bauwerk stellt sich Bieler die Frage neu und entwickelt dabei eigenständige, sorgfältig gefügte Hoch- und Brückenbauten. Seine spannenden Erkenntnisse stellte er selbst in einem Werkvortrag an der HTW Chur Anfang März vor.

Bieler, der lang als Vertreter des zeitgenössischen Holzbaus aktiv war, meint, dass dem organischen Charakter von Holz unbedingt Rechnung zu tragen ist. Seine Vorliebe für Konstruktionsholz zeigt sich insbesondere bei der Raiffeisen Arena Crap Gries in Schluein (Architekt: Jan Berni, Georg Krähenbühl), der Waldhütte in Domat/Ems (Gion A. Caminada) und der Punt Staderas bei Laax (ohne Architekt).

Gestützt auf seine Zusatzausbildung als Landschaftsarchitekt gelangen ihm geglückten Eingriffe in sensiblen Landschaften, wie etwa beim Fussgängersteg Rapperswil mit Seitenwänden aus Eichenholz (Bieler, Huber, Zindel) oder der Hängebrücke Punt Ruinaulta (ohne Architekt) aus Lärchenholz und ohne Windverbände bei Trin; letztere wurde mit einen europäischen Preis für Holzbrückenbau belohnt.

Sein Perrondach aus Brettschichtholz in Filisur wurde von der RhB zum Standard erhoben und in Bonaduz, Reichenau und Schiers weiterentwickelt. Die Neugier Bielers animierte ihn zu Experimenten mit verschiedenen Tragsystemen: standardisierte Nagelbinder bei der Laaderbrücke (ohne Architekt), geschosshohe Fachwerke bei der Olma Halle 3 (Clerici & Müller), kühne Brettschichtträger bei der Sporthalle Oberfrick (Oeschger Architekten), und Brettstapeldecken beim Gemeindehaus Nesslau (atelier-f)?

Walter Bieler betont, dass Bauten aus Holz durch Inspiration und Intuition entstehen und somit den Charakter des Holzbauers zum Vorschein bringen. Weil der Ingenieur eine gestalterische Verantwortung trägt, sind Brücken nicht nur als Struktur, sondern auch als Ergänzung zum bestehenden Raum zu verstehen. Somit dürfen durchaus Formen entstehen, die statisch nicht eindeutig einzuordnen sind: Die Form der Hauptbinder der Brücke Chly Rhy ist das Resultat unzähliger Versuche am physischen Modell. Die gewählten Träger wirken weder als Bogen noch als Sprengwerk, sondern als stimmige Ergänzung zum umgebenden Raum.

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