Bet­ten­hoch­haus für den Co­ro­na-Not­fall

Die Schweiz errichtet vorerst keine provisorischen Spitäler. Nun wird in Frauenfeld das ehemalige Bettenhochhaus zum Zentrum für Covid-19-Patienten umgenutzt.

Publikationsdatum
24-03-2020

Quer statt hoch: Seit diesem Jahr ersetzt ein lang gestreckter Behandlungs- und Pflegestationstrakt das ursprüngliche Bettenhochhaus am Spitalstandort Frauenfeld. Mitte Januar eröffnete der Kanton Thurgau den Erweiterungsbau, der über 300 Patienten Platz zur Genesung anbieten kann. Der Neubau (Architektur: Schneider & Schneider Aarau) ist ein Quader mit sechs Etagen und einer Nutzfläche von 24.000 m2; die aufgesetzte Lage und die offenen Schottenfassaden aus Aluminium und Glas springen unmittelbar ins Auge. Unmittelbar daneben steht der frühere Bettenturm, der seit 1974 über zwölf Stockwerke in die Höhe ragt und eigentlich abgebrochen werden soll. 

Das Ausräumen im Innern hat bereits begonnen; die Betonfassaden sind vom Gerüst umstellt. Doch der kantonale Krisenstab hat nun interveniert und den Rückbau des Gebäudes auf später verschoben. Angesichts der steigenden Infektionen mit dem Coronavirus wird das Bettenhochhaus temporär wieder in Betrieb genommen und soll bis zu 200 zusätzliche Betten für Corona-Patientinnen und -Patienten beherbergen. «Mit diesem Covid-19-Zentrum können wir die stationäre Gesundheitsversorgung auf ein gutes Niveau ausbauen», erklärte Jakob Stark, Thurgauer Gesundheitsdirektor, an der Medienkonferenz Angang dieser Woche. Aufgrund der aktuellen Notlage werde der Abbruch des Spitalgebäudes in Frauenfeld bis mindestens Anfang Juli verschoben. 

Gestaffeltes Einrichten

Genügend Plätze in Spitälern sicherzustellen ist ein dringendes Anliegen für den Kantonalen Führungsstab. Das leer geräumte Bettenhochhaus geriet deshalb schon früh auf die Planungsagenda. Ab 1. April stehen die ersten 100 Pflegebetten bereit; eine Woche später sollen die nächsten hundert Betten belegt werden können. Ohne Hilfe von Krisen- und Schutzorganisationen ist das aber nicht möglich: «Armee und Zivilschutz liefern die Infrastruktur und übernehmen das Einrichten der Zimmer», ergänzte Regierungsrätin Cornelia Komposch, Chefin des Kantonalen Führungsstabs Thurgau. 

Auch Betrieb und Pflege sind auf externe Unterstützung angewiesen: Die zusätzlichen Kapazitäten sollen durch Armeeangehörige und weitere Spezialisten abgedeckt werden – «momentan haben wir die Zusagen für genügend medizinisches Personal noch nicht», sagt Marc Kohler, CEO der Spital Thurgau AG. Um die Notfallversorgung im ganzen Kanton sicherzustellen, würden nicht von Covid-19 betroffene Patienten künftig an andere Standorte der Spital Thurgau AG verlegt. 

Zu erwarten ist, dass das erste temporäre Covid-19-Zentrum der Schweiz das Gesundheitssystem auf überregionaler Ebene entlasten kann. Der Thurgau selbst ist im Vergleich aller Kantone noch wenig betroffen und zählt knapp 90 bestätigte Infektionsfälle (Stand 24.3.2020). Nur Uri und Schaffhausen zählen, bezogen auf die Gesamtbevölkerung, weniger vom Virus infizierte Personen.

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