Bau­ver­fah­ren für vor­ge­spann­te Stahl­pil­ze

Durchstanzen im Bestand 2/2

Zur Verstärkung bestehender Flachdecken hinsichtlich Durchstanzen können Stahlpilze am Stützenkopf nachträglich eingesetzt werden. Ein Anbieter solcher Lösungen beschreibt, wie diese vorgespannt werden sollen, um die Wirksamkeit der Massnahme sicherzustellen.

Publikationsdatum
28-04-2016
Revision
28-04-2016

Die Anforderungen an bestehende Gebäude ändern sich im Verlauf ihrer Lebensdauer durch Umnutzungen oder Ein­griffe in die Tragstruktur. Infolge erhöhter Nutz- und Auflasten oder durch Stützen ersetzter Wände müssen bestehende Decken oft verstärkt werden. Bei Flachdecken sind Verstärkungen typischerweise im Stützenbereich anzuordnen, da dort in der Regel lokales sprödes Durchstanzversagen das massgebende Bemessungskriterium wird.

Die ­Forderung nach einem verbesserten Tragverhalten resultiert zudem aus den teilweise strengeren Bestimmungen heutiger Tragwerksnor­men wie der Betonnorm SIA 262 : 2013 oder des fib Model Code 2010. Eine mögliche Massnahme zur nachträglichen Verstärkung der bestehenden Decke im Bereich des Stützenkopfs stellt der extern angeordnete Stahlpilz mit Vorspannung dar. Dieser kann auf drei Arten eingebaut werden: 

Bei der ersten Variante wird die Decke provisorisch gespriesst, der Stützenkopf abgetrennt und durch einen Stahlpilz ersetzt.

Alternativ wird die Decke provisorisch gespriesst, die ganze Stütze entfernt und durch eine Stahl-Beton-Verbundstütze mit integriertem Stahlpilz ersetzt. Diese Option wird bei zusätzlichen Unzulänglichkeiten der bestehenden Stütze verfolgt. Bewehrungskorrosion im Bereich des Stützenfusses oder geringe Bewehrungsüberdeckung senkt die Dauerhaftigkeit, während die Abplatzungsgefahr des Betons die Brandsicherheit der Stütze unter ein akzeptables Niveau senkt. Dann wird es nötig, die Stütze zu ersetzen.

In Variante 3 kann die Stütze bestehen bleiben, und der Stahlpilz wird um diese herum gebaut, abgestützt und vorgespannt. Damit entfällt die provisorische Spriessung der Decke. 

Stahlpilzvorspannung

Eine Vorspannung des Stahlpilzes gegen die Decke wird empfohlen, um die Verstärkung mit Sicherheit zu aktivieren (vgl. «Modellbildung des Rotationsverhaltens bestehender Flachdecken»). Drei Ausführungen stehen zur Auswahl. 

Die Vorspannung erfolgt mittels einer verlorenen Presse. Die Verformung und damit die Kraftschlüssigkeit des Pilzes mit der ­Deckenunterseite wird durch gezielte und kontrollierte Fütterung auf der Pilzoberseite sichergestellt ­(Abb. oben).

Alternativ wird der Stahlpilz entlang des Randträgers mithilfe von vorspannbaren Schrauben mit der ­Deckenunterseite verspannt. Unebenheiten können somit ausgeglichen werden, und eine nachträgliche Anpassung der Vorspannung ist jederzeit möglich.

In seltenen Fällen wird die Verbundstütze am Stützenfuss mithilfe eines temporären Presskragens vorgespannt und unterfüttert, oder sie wird am Stützenfuss mit einer verlorenen Presse vorgespannt.

Biegebewehrung und Brandschutz

Die Überprüfungspraxis zeigt, dass die Biegebewehrung im Stützenbereich häufig zu kurz verankert oder zu kurz gestossen ist. Dieser Nachteil kann sich – abhängig vom Verstärkungskonzept – verschärfen, wenn die gestützte Fläche noch weiter ins Feld verschoben wird oder der Momentenverlauf ungünstig beeinflusst wird. Deshalb wird die Biegebewehrung der Platte allenfalls nachträglich ergänzt.1

Der Brandschutz eines Stahlpilzes wird durch eine Einhausung aus Gipsplatten, aufschäumende Brandschutzanstriche oder Spritzputz sichergestellt. Wichtig bei der thermischen Isolierung ist die Verhinderung von Nebenwegen, durch die die Wärme zu tragenden und allenfalls temperaturempfindlichen Bauteilen gelangt. Unabhängig von der Vorspannvariante garantiert eine einfach zu kontrollierende Vorspannung  oder der Verzicht auf Verklebungen oder Vermörtelungen eine dauerhafte Vorspannung ohne Spannkraftverlust.

Anmerkung

1 A. Kenel, T. Keller, Externer Stahlpilz zur ­nachträglichen Erhöhung des Durchstanz­widerstandes von bestehenden Flachdecken, ­Gutachten, 20 S., 2013.

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