Dr. Armin Ziegler erhält den Baudyn-Award 2022 für seine Verdienste um Körperschall und Erschütterungen im Bauwesen. Und bereits im vorherigen Jahr wurde der Seismic Award an die neue Schule Les Vergers in Meyrin vergeben.
In Sachen Erdbeben ist die Schweiz kein ruhiges Pflaster. Etwa drei bis vier Erdbeben werden hier pro Tag registriert. Der Grossteil ist vom Menschen nicht wahrnehmbar, was jedoch nicht bedeutet, dass grössere Ereignisse ausgeschlossen sind. Für Baudynamiker bedeutet dies, wachsam und aufmerksam zu sein, und in «ruhigen» Zeiten durch gute Planung vorzubeugen. Der alle drei Jahre vergebene Architektur- und Ingenieurpreis erdbebensicheres Bauen, der Seismic Award, zeichnet Projekte aus, die vorbildlich mit den seismischen Gefahren umgehen.
Les Vergers, Meyrin
Die 2018 fertiggestellte Schulanlage Les Vergers in Meyrin darf sich seit 2021 mit der Auszeichnung des Seismic Award schmücken. Aus neun Bewerbungen wurde das Projekt von Sylla Widmann Architects und B+S ingénieurs conseils einstimmig von der Jury ausgewählt. Zwei Schulhäuser, eine Sporthalle und ein Bau mit gemeinschaftlicher Nutzung bilden als Ensemble eine harmonische Einheit. Die symmetrischen Grundrisse des Hybridbaus aus Holz und Stahlbeton, gepaart mit stetigen Aufrissen und einer klaren Lastabtragung bieten Vorteile bei Erdbebeneinwirkungen. Die Holz-Stahlbetonverbunddecken geben ihre vertikalen Lasten auf Holzstützen ab.
Die Aussteifung der Gebäude erfolgt nicht wie üblich über innenliegende Treppenhäuser oder Wandelemente, vielmehr umgürtet eine Stahlbetonkonstruktion mit auskragenden Platten die Innenräume. Eigens entworfene Anschlüsse übertragen die horizontalen Kräfte der Holzkonstruktion auf diesen Rahmen. Die Treppen sind extern ausgebildet und stehen auf Gleitlagern, um die Konstruktion im Ereignisfall nicht zu beeinflussen. Die Konstruktion als aussteifendes Exoskelett bietet durch die auskragenden Elemente auch Vorteile hinsichtlich Beschattung, Entwässerung, Entfluchtung und Wetterschutz.
Nicht nur Erdbeben sind erschütternd
Mit Vibrationen und Erschütterungen anderer Art befasst sich Dr. Armin Ziegler seit Jahrzehnten. 30 Jahre lang, bis 2017 war er Inhaber seines Ingenieurbüros Ziegler Consultants und begutachtete und beurteilte das Schwingungsverhalten von Bauten. Im Auftrag der SBB entwickelte er die Software Vibra, die heute das Standardverfahren zur Beurteilung von Erschütterungs- und Körperschallimmissionen im Schienenverkehr darstellt. Auch an der Entwicklung von Geophonen zur Baustellenüberwachung war er massgeblich beteiligt.
Bereits im Jahr 2005 konnte Armin Ziegler zur Fernüberwachung eine erste Cloud-Lösung vorstellen. Hierzu verknüpfte er Geophone mit dem Internet. Was heute eine übliche und praktikable Lösung darstellt, war vor 17 Jahren eine Neuheit. Neben solchen Neuerungen für die Praxis, legte Armin Ziegler auch stets Wert auf die Weitergabe und Verbreitung des Wissens über Baudynamik.
So rief er 1998 das erste Symposium für Baudynamik und Erschütterungsmessungen an der Empa in Dübendorf ins Leben. Diese mittlerweile etablierte Treffen ist unter Fachleuten als «Ziegler-Symposium» bekannt. Neben dem Baudyn-Award 2022 dürfte dies eine schöne Ehrung für einen Mann sein, der dank seiner Messungen half, die Schweiz ein Stück weit ruhiger zu machen.
Baudyn Award – Innovationspreis Baudynamik
Mit dem Preis werden Persönlichkeiten ausgezeichnet, die sich durch hervorragende Leistungen und Innovationen um das Fachgebiet Baudynamik verdient gemacht haben. Entscheidend sind originelle und nachhaltige Entwicklungen in den Bereichen Wissenschaft, Technik, Recht oder Politik. Der mit 5000 Franken dotierte Preis wird von der Stiftung für Baudynamik und Erdbebeningenieurwesen 2022 zum siebten Mal vergeben.
Seismic Award – Architektur- und Ingenieurpreis
Die Stiftung baudyn vergibt alle drei Jahre den Architektur- und Ingenieurpreis erdbebensicheres Bauen für ästhetisch, funktionell und technisch mustergültig gestaltete neue, ertüchtigte und aufgestockte Gebäude.
Stiftung für Baudynamik und Erdbebeningenieurwesen
2004 gegründet, bezweckt die Stiftung die Förderung der Kompetenzen in der Praxis und von wissenschaftlichen Tätigkeiten im Gebiet der Baudynamik und des Erdbebeningenieurwesens. Dies geschieht durch Öffentlichkeitsarbeit, Unterstützung von Forschungsvorhaben, Preisverleihungen (Baudyn Award alle zwei Jahre und «Architektur- und Ingenieurpreis erdbebensicheres Bauen» alle drei Jahre), aber auch durch Vergaben von Stipendien an jüngere Ingenieurinnen und Ingenieure. Mit entsprechender Vorbildung und Erfahrung können sie sich nach einigen Jahren Praxis an einer ausländischen Universität weiterbilden.
Weitere Informationen und Preisträger auf www.baudyn.ch
